Post aus Japan: Softbank baut einen Internetriesen

Nippon hat Angst, in der global vernetzten Welt den Anschluss an amerikanische und chinesische Konzerne zu verlieren. Die Fusion von zwei erfolgreichen heimischen Konzernen zeigt, dass es auch anders geht.

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Schnelles Internet

(Bild: dpa, Patrick Pleul)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Kölling
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Eine graue Eminenz der japanischen Finanzdiplomatie schaut mit starrem Blick aus einem Tokioter Fenster. "Ich befürchte, dass Japan an Innovationskraft verliert und im globalen Wettbewerb an Boden verliert", seufzt er. Eine globale Größe der Technik- und Finanzwelt formuliert es drastischer. "Japan war einst der technologische Führer, aber ist bei Künstlicher Intelligenz zum Entwicklungsland geworden", klagte im Juli Masayoshi Son, der Gründer des global größten Technikinvestors Softbank. Japan müsse aufwachen. Doch ausgerechnet Softbank tritt nun den Beweis an, dass Japan vielleicht doch eine Chance hat.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Anfang der Woche kündigte die Softbank-Tochter Z Holdings an, mit Japans größter Chat-App Line zu fusionieren. "Wir wollen von Japan und Asien aus die Welt anführen", sagte Kentaro Kawabe, der Chef der Z Holdings, am Montag, nachdem er mit dem Line-Chef eine Absichtserklärung unterzeichnet hatte. Gemeinsam wollen sie eine globale Macht in der Entwicklung Künstlicher Intelligenz werden, sprich die amerikanischen und chinesischen Megaplattformen wie Alphabet oder Baidu angreifen.

Der Plan ist sicherlich sehr ambitioniert für ein Unternehmen, dessen kombinierter Gewinn mit 1,3 Milliarden Dollar neben dem von globalen Größen wie Google verblasst. Aber immerhin können die Partner auf starke Hilfe zählen. Die Z Holdings ist mit Yahoo Japan! Japans größtes Internetportal und hat 67 Millionen Nutzer. Darüber hinaus gehört sie zu Softbanks gleichnamigen japanischem Mobilnetzbetreiber, der inzwischen selbst zu einem Motor in der Entwicklung Künstlicher Intelligenz und neuer Dienste wird.

Und als ob das noch nicht reiche, kann sich das Unternehmen auch in Softbanks globalen Schwarm an Hightechstartups nach Ideen und Partnern umschauen. Sons 100 Milliarden Dollar schwerer "Softbank Vision Fund" hat inzwischen drei Viertel seines Kapitals in über 80 Megastartups wie den Mitfahrdienst Uber investiert.

Line wiederum ist eine Tochtergesellschaft des führenden koreanischen Internetportals Naver. Allein in Japan kommt die Chat-App auf über 80 Millionen Abonnenten. Darüber hinaus baut sie ein mobiles Zahlungsimperium auf und ist in asiatischen Märkten wie Taiwan, Thailand und Indonesien führend. Das Duo will nun diese Brückenköpfe nutzen, um zuerst in Asien und dann weltweit anzugreifen.

Ob das letztlich reichen wird, um gegen die Riesen aus den Wirtschaftssupermächten USA und China zu bestehen, ist eine andere Frage. Im neuen Zeitalter gilt bisher die schiere Datenmenge für das Maschinen lernen als wichtigster Königsmacher. Und da sind Anbieter aus Mittelmächten wie Japan und Deutschland immer im Nachteil. Aber Japan hat vielleicht eine bessere Chance als Deutschland, in der globalen Spitze mit Google und Co. zu konkurrieren.

Erstens ist Japans Bevölkerung um rund 50 Prozent größer als die Deutschlands. Zweitens hat Japan es bisher in jeder digitalen Gründungswelle geschafft, Unternehmen mit globaler Reichweite zu gebären. Softbank ist ein Kind der 1980er Jahre. Die Online-Mall Rakuten, der Trikotsponsor des FC Barcelona, entspringt dem Dot-com-Boom der 1990er Jahre. Seit der Jahrtausendwende sind zudem eine Reihe von Online-Gaming-Riesen wie Gree oder DeNA entstanden, die teilweise größere Ambitionen hegen.

DeNA entwickelt beispielsweise Roboterautos mit dem Autobauer Nissan, um in das globale Geschäft mit Mobilitätsdiensten einzusteigen. Und diesem Jahrzehnt ist beispielsweise die Flohmarkt-App Mercari entsprungen, die sich nun in Märkten wie den USA festbeißen will. Außerdem gibt es eine Reihe von Börsen für digitale Kryptowährungen.

Selbst bei Künstlicher Intelligenz ist die Lage nicht ganz und gar hoffnungslos. Mit Preferred Networks hat Japan ein interessantes Unternehmen im Rennen. Es ist global nur noch nicht so stark aufgefallen, da es sich zuerst in den Dienst seiner Investoren gestellt hat.

Mit Japans größtem Industrieroboterhersteller Fanuc hat das junge Unternehmen smarte Roboter für vernetzte Fabriken entwickelt. Auch Algorithmen für die Krebserkennung hat das Unternehmen schon entwickelt. Und mit dem Autobauer Toyota werkeln die Softwareingenieure an autonomen Autos und einem Roboterbutler. Mit dem will Preferred Networks dann gerne den Alltag revolutionieren.

Allein für sich genommen ist jede dieser Firmen zu klein, um im nächsten Schritt der technologischen Entwicklung von lokalen zu globalen Größen zu werden. Aber Softbank wendet nun mit der Fusion ein altes Mittel der japanischen Industriepolitik an, aus mittelgroßen heimischen Playern ein Unternehmen mit globalem Kampfgewicht zu schaffen. Japans Stahlindustrie und auch die Großbanken wurde immer weiter konsolidiert und spielen daher noch heute in der Weltspitze mit. Vielleicht kann Softbank dieses Kunststück nun auch in der Digitalwirtschaft wiederholen.

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