Netzpolitik: Wie die FDP wieder mitmischen will

Mario Brandenburg ist in der liberalen Bundestagsfraktion der Mann fürs Digitale. Der Pfälzer war einmal Entwickler und Lösungsarchitekt.

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Netzpolitik: Wie die FDP wieder mitmischen will

(Bild: Pressefoto Mario Brandenburg)

Lesezeit: 13 Min.
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Technology Review: Herr Brandenburg, die FDP ist im Internet durchaus erfolgreich – zumindest, was die Abrufzahlen und Fans der Social-Media-Profile des Parteivorsitzenden Christian Lindner anbetrifft. Allerdings fragen sich viele Bürger, für welche Netzpolitik Ihre Partei eigentlich steht.

Brandenburg: Während Netzpolitik für manch andere Partei scheinbar vor allem Instrumente zur Überwachung der Bürgerinnen und Bürger schaffen soll, muss sie für uns zuerst den Menschen nutzen. Einen hohen Stellenwert haben dabei der Schutz der Daten und die Kontrolle über die eigenen Daten. Wir wollen sicherstellen, dass jeder das Internet nutzen kann, um sich das Leben zu erleichtern oder ein Unternehmen aufzubauen – egal ob in der Großstadt oder auf dem Land.

Darum wollen wir ein Netz ohne künstliche Staatsgrenzen, aber mit klaren Grenzen für staatliche Zugriffsrechte und ausgewogenen Regeln für datenbasierte Geschäftsmodelle und die Plattform-Ökonomie. Dafür betrachten wir die Netzpolitik ganzheitlich, das heißt auch Infrastrukturpolitik gehört dazu, die Beschleunigung des Breitbandausbaus aber auch der flächendeckenden 5G-Infrastruktur.

Die FDP steht in einer langen Tradition von Grundrechtsliberalen, die sich neben dem wirtschaftsliberalen Flügel immer einmal wieder zu zeigen scheinen – von Gerhart Baum über Burkhard Hirsch bis hin zu Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Warum gibt sich ihre Partei nicht offensiver beim Grundrechteschutz im Netz, der in letzter Zeit wieder von allen Seiten bedroht wird?

Das tun wir. Gerade weil SPD und CDU in der Tradition ihrer Innenminister a.D. Schäuble und Schily die Grundrechte im Netz immer wieder bedrohen, sind wir Freien Demokraten weiterhin an allen Fronten aktiv! Als vor der Weihnachtspause eine Verpflichtung zur Herausgabe von Passwörtern diskutiert wurde, haben wir die Regierungsfraktionen in einer von uns initiierten Aktuellen Stunde und die Innen- und Justizminister in Ausschüssen im Deutsche Bundestag ins Verhör genommen.

Wir stellen uns vehement gegen die immer wieder aufkommende Forderung nach Hintertüren in Software, die dann auch Kriminellen offenstehen oder dem Wunsch nach Hackbacks – mit in der Folge nicht absehbaren Kollateralschäden – als Mittel der Cyberabwehr. Und vergessen wir nicht, dass aktuell auch noch unsere Klage gegen den "Staatstrojaner" beim Bundesverfassungsgericht liegt!

Nach dem äußert umstrittenen NetzDG will die Bundesregierung im Kampf gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Internet nun noch extremer vorgehen und die Gesetze so verschärfen, dass Online-Dienste und selbst simple Foren Passwörter herausgeben müssen. Welche Gefahren sehen Sie hier?

Die Forderung zur Passwortherausgabe ist für uns absolut unsinnig. Anbieter von Online-Services sind zur verschlüsselten Speicherung verpflichtet und das ist auch gut so. Wenn die GroKo diese Verpflichtung aushebeln will, schaffen sie einen riesigen Honigtopf für Kriminelle und gibt dem Staat die Möglichkeit, sehr tief in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger einzudringen. Das ist nicht nur mit uns nicht zu machen, sondern trifft auf unseren entschiedenen Widerstand, notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht! Ganz in der Tradition der von Ihnen angesprochenen Grundrechtsliberalen.

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Auch das NetzDG schafft keinen vernünftigen Ausgleich zwischen dem effektiven Schutz vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen und dem Schutz der Meinungsfreiheit. Nach unserem Vorschlag bleibt das Gewaltmonopol auch im Netz in staatlicher Hand. Weder können wir private Akteure zur Kontrolle und Durchsetzung ermächtigen, noch wollen wir sie verpflichten. Recht durchzusetzen und die Rechte der Menschen zu schützen ist schließlich die Kernaufgabe des Staates. Gleichzeitig brauchen Unternehmen einen klaren Rechtsrahmen und die Bürgerinnen und Bürger Instrumente, um gegen Beleidigungen und Bedrohungen vorgehen zu können. Dafür wollen wir Schwerpunktstaatsanwaltschaften einrichten und den rechtlichen Rahmen für elektronische Strafanträge und -anzeigen schaffen.

Unser Gegenentwurf sieht außerdem wirksame Quick-Freeze-Mechanismen und unkomplizierte Put-Back-Verfahren für zu Unrecht gelöschte Meinungsäußerungen vor. So schaffen wir anders als das NetzDG einen Ausgleich zwischen dem Schutz der Meinungsfreiheit auf der einen und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte auf der anderen Seite.