Feuer auf der ISS

Die Internationale Raumstation bekommt eine Reihe von neuen Experimenten geliefert. Unter anderem soll damit untersucht werden, wie sich Brände im All – und möglicherweise auch auf der Erde – begrenzen lassen.

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Feuer auf der ISS

(Bild: NASA)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Neel V. Patel

Mit Feuer zu spielen, ist meist keine gute Idee – und das gilt erst recht, wenn man sich in einem Raumschiff 400 Kilometer über der Erde befindet. Trotzdem werden Astronauten an Bord der International Space Station in den kommenden Wochen den Auftrag bekommen, in einem Miniatur-Windkanal ein Feuer zu entzünden. Damit soll untersucht werden, wie sich die Flammen unter Mikrogravität verhalten und verbreiten.

Auf der Erde trägt die Schwerkraft dazu bei, dass ein Brand Futter bekommt. Sie drückt kalte, dichte Luft nach unten, wodurch ein Konvektionsprozess entsteht, der aufsteigenden Flammen neuen Sauerstoff zuführt. Ohne Schwerkraft aber lässt sich Feuer wesentlich schlechter kalkulieren. Wenn es jemals einen echten Brand in der ISS oder einem anderen Raumschiff geben sollte, sollte vorher verstanden sein, wie er sich in einem begrenzten, unter Druck stehenden Raum ausbreitet.

Die ISS-Astronauten werden nicht die ersten sein, die ein Raumschiff absichtlich ein Feuer entzünden. Schon 2008 schickte die NASA das Experiment Combustion Integrated Rack zur ISS, um mit kleinen Bränden zu experimentieren. Von 2016 bis 2017 gab es außerdem die SAFFIRE-Testreihe, bei der dreimal unbemannte Cygnus-Raumschiffe angezündet wurden, nachdem die ihre Versorgungsmissionen zur ISS beendet hatten – sie wären später ohnehin in der Erdatmosphäre verglüht. Bei diesen Experimenten zeigte sich, dass es unter Mikrogravität stetige Flammen geben kann, die sich allgemein langsamer ausbreiten als auf der Erde. Viele Materialien wie zum Beispiel Silizium ließen sich in der Mikrogravität nicht entflammen, nicht einmal in einer sauerstoffreichen Umgebung.

In dem neuen Experiment aber, genannt Confined Combustion, wird das Feuer innerhalb der ISS entzündet. Zuvor hatte die Nasa einen kleinen Windkanal zu der Station geliefert, mit dem untersucht werden sollte, wie sich mögliche Flammen in der Mikrogravität ersticken lassen. Jetzt kommen einige Modifikationen hinzu, die dafür erforderlich sind.

Bei dem Experiment wird ein Brennstoff entzündet, der sich in dem Gerät befindet; Trennwände teilen es in Kammern auf. Über sechs Monate werden die Astronauten darin Feuer machen, wobei mit unterschiedlichen Trenner-Konfigurationen die Richtung und die Strömungsgeschwindigkeit des Feuers manipuliert wird. Das Ziel dabei ist, genauer zu erfahren, wie sich ein Feuer in einer Umgebung verbreitet und was passiert, wenn es auf Hindernisse stößt.

„Die Astronauten freuen sich oft sehr auf solche Tests“, sagt Paul V. Ferkul von der Universities Space Research Association, der das Projekt begleitet. Viele andere Experimente auf der ISS würden keine sofortigen Ergebnisse bringen, erklärt er. Es seit „irgendwie faszinierend, zu sehen, wie diese Sachen ohne jede Schwerkraft brennen.“ Von dem Experiment erhoffen sich Forscher auch Erkenntnisse darüber, wie sich Gebäude auf der Erde so konstruieren und auslegen lassen, dass sie die Verbreitung von Bränden hemmen.

Confined Combustion wird nur eines von mehreren großen Experimenten sein, die vom Dienstleister SpaceX zur ISS gebracht werden. Auch einige Nagetiere fliegen für 30 Tage ins All, wo sie einen Wirkstoff erhalten sollen, der die Funktion von Myostatin blockiert (ein Protein, das Muskelwachstum fördert). Dies soll Informationen darüber liefern, ob sich möglicherweise die Knochen- und Muskel-Schwächung verhindern lässt, die Astronauten auf Raum-Missionen sonst erleben. Einige der Mäuse – von den Forscher Mighty Mice genannt, sind sogar genetisch so verändert, dass sie Myostatin direkt blocken.

Einen weiteren Test steuert der Bierproduzent Anheuser Busch bei: Er will untersuchen lassen, wie sich unter Mikrogravität Gerste anbauen lässt. Mexiko wiederum schickt einen von Studenten gebauten Würfel-Satelliten zur ISS, der für Kommunikationstests ausgesetzt wird. Vom Jet Propulsion Laboratory kommt zudem das Cold Atom Laboratory, in dem eine Reihe von Physik-Experimenten bei Temperaturen von nur einem Zehntel Milliarden Grad über dem absoluten Nullpunkt stattfinden sollen. Und die Nasa lässt eine Docking-Station bringen, mit der sie endlich einen Roboter testen will, der in Raumschiffen nach undichten Stellen suchen soll.

(sma)