Blackberry-Urteile: Gericht hält Softwarepatente für neu und erfinderisch

Münchner Richter halten ein Verbot von WhatsApp und anderen Facebook-Diensten für angebracht, da Blackberrys Klagepatente den Stand der Technik voranbrächten.

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Blackberry

(Bild: dpa, Stephen Morrison/EPA)

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Am Wochenende sorgte die Meldung für Schlagzeilen, dass laut dem Münchner Landgericht einige Funktionen von Facebook-Apps Patente des Smartphone-Pioniers Blackberry verletzten. Der kalifornische Betreiber dürfte demnach hierzulande unter anderem WhatsApp, Instagram und den Facebook-Messenger nicht mehr anbieten und liefern, soweit diese die fraglichen Patente nutzen.

Die vier weitgehenden Urteile, die heise online vorliegen, haben eine neue Grundsatzdebatte ausgelöst, welche technischen Erfindungen in Europa überhaupt geschützt werden können. Der Patent-Blogger Florian Müller etwa zeigte sich erstaunt, dass die 7. Zivilkammer nicht sofort alle der insgesamt verhandelten fünf Fälle aufgrund offensichtlicher Nichtigkeit verworfen habe. Die Karten stünden gut, dass diese vor dem von Facebook parallel angerufenen Bundespatentgericht keinen Bestand hätten.

Müller erinnerte daran, dass Software "als solche" laut dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) nicht schutzwürdig sei. Auch wenn Fachgerichte auf dieser Basis nur selten einen gewerblichen Schutzanspruch komplett einkassierten, nähmen sie sämtliche nicht-technische Funktionen von ihrer Prüfung aus, ob eine angemeldete Erfindung neu und unerwartet sei.

Bei den von Blackberry ins Feld geführten Patenten kann Müller generell jenseits vom fehlenden Technikbezug keine innovativen Schritte erkennen. Er selbst habe schon in den 1990ern einen Chat-Dienst als Teil eines Netzwerks für Online-Games betrieben und wenig später einen Messaging-Client geschrieben. Aus eigener Erfahrung sei ihm daher der Stand der Arbeit an einschlägigen, rein softwarebasierten Lösungen bekannt.

Nach Ansicht Müllers handelt es sich bei den strittigen gewerblichen Rechtansprüchen um reine Softwarepatente, die das Europäische Patentamt (EPA) überhaupt nicht hätte gewähren dürfen. Der zeitlich begrenzte Monopolanspruch mit der Nummer EP1734728 bezieht sich auf ein "Verfahren und eine Einrichtung", um zwischen gleichzeitig stattfindenden Messaging-Sitzungen hin- und herzuwechseln. Es geht hier um die Funktion im Facebook-Messenger sowie bei Instagram und WhatsApp, zwei Chatverläufe parallel anzuzeigen.

Laut dem Urteil in diesem Fall (Az.: 7 O 5314/18) hielt es das Gericht nicht für angebracht, das Verfahren wegen der parallel von Facebook angestrengten Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht auszusetzen. Angesichts früherer Dokumentationen solcher Techniken etwa zu einem "Pocket PC" hätte selbst für einen Fachmann keine Veranlassung bestanden, die darin enthaltenen Lehren "in Richtung des Klagepatents fortzuentwickeln", heißt es in der Begründung. Das beanspruchte Funktionsmerkmal sei zudem "zweifelsfrei technisch".