EU-Asylbehörde muss Überwachung von Geflüchteten in sozialen Medien stoppen

EU-Datenschützer haben EASO untersagt, weiter soziale Medien zu überwachen. Die EU-Agentur hatte jahrelang Informationen über Geflüchtete gesammelt.

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Überwachung, Sicherheit, Abhören

(Bild: mixmagic/Shutterstock.com)

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Von
  • Simon Koenigsdorff

Die europäische Datenschutzbehörde hat dem European Asylum Support Office (EASO) bis auf Weiteres untersagt, Informationen über Geflüchtete, mögliche Wege nach Europa und Schleuser in sozialen Medien zu sammeln. Die EU-Agentur mit Sitz in Malta hatte seit 2017 soziale Netzwerke nach Informationen über Migrationsbewegungen durchsucht. Der oberste EU-Datenschützer Wojciech Wiewiórowski hatte den Stopp des Monitoring-Programms bereits Mitte November angeordnet, über Details des Projekts berichtete nun erstmals Netzpolitik.org.

In einem Brief betonen die Datenschützer, das EASO habe keine ausreichende Rechtsgrundlage, um persönliche Informationen von Geflüchteten zu sammeln. Der Zweck der Behörde, die EU-Mitgliedsstaaten sowie andere europäische Institutionen, das UN-Flüchtlingsamt UNHCR und Interpol über neue Migrationsbewegungen und Fluchtrouten zu informieren, rechtfertige nicht das massenhafte Auswerten von Social-Media-Kanälen und Gruppen.

Das Monitoring-Programm hatte das EASO ab 2017 vom UNHCR übernommen, wo seit 2016 die Social-Media-Aktivitäten von Schleusern überwacht wurden, die primär über Facebook ihre Dienste potenziellen Flüchtenden anboten. Das EASO weitete das Monitoring auf zahlreiche Sprachen aus dem arabischen Raum, aus Afghanistan, diversen afrikanischen Ländern wie Äthiopien, Eritrea und Nigeria sowie auf Türkisch und Kurdisch aus.

Dabei wurde offenbar mit Stichwörterlisten gearbeitet, die die Datenschützer jedoch als möglicherweise diskriminierend einstuften, da sie zu falschen Annahmen über ganze Gruppen führen könnten. Gegenüber Netzpolitik.org erklärte ein EASO-Sprecher, die Organisation habe sich auf Fluchtrouten, Schleuserangebote, gefälschte Dokumente und die Stimmung unter den Geflüchteten konzentriert.

Die Datenschützer kritisierten unter anderem, dass in den wöchentlichen EASO-Berichten die vage Begründung geliefert werde, man wolle "den Diskurs innerhalb dieser Gruppen" analysieren. Dabei seien teils auch spezifische Diskussionen über religiöse Themen aufgegriffen worden, die keinen Bezug zur Aufgabe der Behörde aufwiesen; darüber hinaus hätten Beispielberichte persönliche Daten von überwachten Personen wie E-Mail-Adressen und eine Telefonnummer enthalten. Die Betroffenen würden nicht über die Datenerhebung durch EASO informiert. Das Monitoring sei weder fair noch transparent und nicht im Einklang mit entsprechenden Datenschutzgesetzen.

Das EASO hatte im Austausch mit den Datenschützern noch betont, keine persönlichen Daten in den Berichten zu verschicken und nur auf öffentlich verfügbare Informationen zuzugreifen. Gegenüber Netzpolitik.org hieß es vom EASO, es befürchte "negative Konsequenzen" durch das Ende des Projekts. Es schade der Effektivität der Asylverfahren in der EU und gefährde möglicherweise der Sicherheit von Migranten und Asylbewerbern. (siko)