Hasselblad X1D II im Test: Spiegellose Mittelformatkamera für mehr Bilddetails

Die Schnellste ist sie nicht, dafür liefert die Hasselblad X1D II großartige Bildqualität. Wir haben uns die Mittelformatkamera in Labor und Praxis angesehen.

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Hasselblad X1D II 50 C: Mittelformat mit spitzer Zielgruppe

(Bild: Melissa Ramson)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christine Bruns
Inhaltsverzeichnis

Mit ihren handlichen Maßen und einem Gewicht von unter 800 Gramm ist die Hasselblad X1D II 50C für eine Mittelformatkamera vergleichsweise klein. Sie orientiert sich hierbei wie bereits ihre Vorgängerin an den spiegellosen Systemkameras mit Vollformatsensor. Eine Nikon Z7 wiegt beispielsweise nur 100 Gramm weniger, eine Panasonic S1 ist sogar schwerer. Doch im Inneren der Hasselblad X1D II stecken 50 Megapixel auf einem Mittelformatchip. Und die haben es in sich, denn die Kamera überzeugt vor allem mit der Bildqualität.

Mit ihrem großen Handgriff und der weicheren Gummierung an Gehäuse und Objektiv liegt die Hasselblad X1D II angenehm in der Hand. Das Display ist bei der zweiten Generation größer als bei der ersten, was das Arbeiten auch ohne Sucher komfortabler gestaltet. Doch auch beim Sucher hat Hasselblad nachgebessert, dort gibt es jetzt statt 2,36 Millionen Pixel (1024 × 768) knapp 3,7 Millionen Pixel (ca. 1280 × 960). Das Sucherbild selbst gibt sich flüssig, Schwierigkeiten hat allerdings der Autofokus, der bei schnellen Bewegungen gar nicht hinterherkommt.

Hasselblad X1D II - Produkt (5 Bilder)

Hasselblad X1D II 50C

Der Griffwulst ist gut ausgeformt und bietet mit der Gummierung zusammen einen sicheren Halt für die Hand.
(Bild: Melissa Ramson)

Die Kamera ist ein gutes Beispiel für Reduktion. Bedienelemente gibt es wenige, diese sind aber gut platziert. Das obere Modusrad lässt sich bei Bedarf versenken, ein Schulterdisplay gibt es nicht. Auch im Menü sind nur die wichtigsten grundlegenden Funktionen untergebracht. Auf Spielereien verzichtet Hasselblad vollständig. Die Videofunktion ist zwar laut Piktogramm als Untermenü vorgesehen, will man sie aufrufen, erscheint die Anzeige, dass die Funktion noch nicht vorhanden ist. Bei der älteren Schwester funktionierte Video auch nur sehr eingeschränkt mit einer Bildgröße von 1920 × 1080 Pixeln bei 25 Frames pro Sekunde. Da ist eine fehlende Videofunktion fast konsequenter.

Nun gut, immerhin kostet die Kamera auch schlappe 3000 Euro weniger als die erste Modellvariante. Diese lag noch bei einer unverbindlichen Preisempfehlung von 9000 Euro. Modell 2 ist also mit einem Preis von 6000 Euro immer noch kein Schnäppchen, geht aber zumindest schon in die Richtung einer finanzierbaren Kamera für überzeugte, zahlkräftige Amateure und Liebhaber.

Hasselblad X1D II 50c – Praxis (4 Bilder)

Porträt

Auch bei hohen ISO-Stufen erhält man bei Porträts noch gute Ergebnisse.  (Bild: Christine Bruns)

Die Bilder können nun auch direkt per Wlan aufs iPad Pro oder ein neueres Modell des iPad Air übertragen werden. Dort ermöglicht die App "Phocus Mobile" einen mobilen Workflow. Wir haben es ausprobiert, das funktioniert problemlos. Die Kamera kommt dabei allerdings ziemlich ins Schwitzen, sie wird deutlich warm.

Die Bilddateien können in Raw aufs iPad Pro übertragen und dort in der Phocus Mobile App bearbeitet werden.

(Bild: Christine Bruns)

Natürlich haben wir die Hasselblad X1D II auch mit ins Labor genommen. Bei ISO 100 zeigt sie ein sehr klares Bild, das mit einem Visual Noise von 0,7 startet. Der Visual Noise (VN) bezeichnet das subjektiv wahrnehmbare Rauschen. Werte bis 0,8 stehen dabei für weitgehende Rauschfreiheit, Werte bis zwei für einen geringen, Werte bis drei für einen mäßig und Werte über drei für einen deutlich störenden Rauscheindruck. Der VN steigert sich zu ISO 1600 auf 1,9.

Wer exzellente Auflösung sucht, wird hier fündig. Mit dem 65-Millimeter-f/2.8-Objektiv messen wir die Auflösung bei Blende f/8.0. Der Mittelformatchip mit 50 Megapixeln fordert jede Optik heraus. Er weist in der Höhe immerhin 6200 Linien oder 3100 Linienpaare auf. Trotzdem messen wir zwischen ISO 100 und ISO 3200 zentral 95 bis 97 Prozent. Mit dem oben genannten Objektiv gehen die Ecken dabei leicht zurück, liegen aber immer noch zwischen 90 und 86 Prozent. Insgesamt eine sehr gute Leistung.

Hasselblad X1D II 50c – Testszene (4 Bilder)

c't Testszene

An unserer c't Testszene prüfen wir, wie die Kameras mit echten Materialien und Strukturen umgehen und wie gut sie sich bei Plastizität und Detailtreue schlagen. Der rote Rahmen gibt den hier verwendeten Ausschnitt vor.

Positiv aufgefallen ist zuerst die Detailfülle und die Plastizität der Aufnahmen unserer c‘t Teszene. Beide halten sich bis in die hohen ISO-Stufen recht gut.

In der Praxis sind wir nicht davor zurückgeschreckt die ISO hochzudrehen. Selbst Porträts mit ISO 1600 sind noch gut gelungen. Wir empfehlen mit den Raw-Dateien zu arbeiten, denn die kamerainterne JPEG-Verarbeitung ist bei der Hasselblad X1D II schneller verrauscht und in den Details stören bei starker Vergrößerung Artefakte. Für Motive mit hohem Dynamikumfang empfiehlt es sich zudem unterzubelichten. Die Hasselblad speichert in dunkleren Bildpartien noch erstaunlich viele Details.

Die Kamera ist nichts für Fotografen, die Schnelligkeit brauchen. Zwar lässt sie sich etwas zügiger anschalten als die Vorgängerin, doch sobald es um dynamische Motive geht, fühlt man sich mit der Hasselblad X1D II fehl am Platz. Auch Veranstaltungsfotografen werden keine große Freude an ihr haben, denn schon beim Zoomen entsteht je nach Objektiv eine ganz ordentliche Geräuschkulisse. Das Modell ist also für eine recht spitze Anwendung ausgelegt. Dort, wo viele Details und viel Bilddynamik gewünscht werden, viel Zeit vorhanden ist und wo Geräusche nicht stören, dort entfaltet sich die Hasselblad. Das kann im Studio mit Models oder in der Produktfotografie sein. Ganz sicher werden aber auch Landschaftsfotografen ihre Freude an der Kamera mit ihrer Detailfülle und Dynamik haben.
(cbr)