3D-Software Blender 2.82 – Wasser, Feuer und Rauch simulieren

Die freie 3D-Grafik-Suite hat ein neues System zur Erzeugung von Flüssigkeiten, Feuer und Rauch erhalten und ist erstmals kompatibel zur VFX Reference Platform.

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3D-Software Blender 2.82 – Wasser, Feuer und Rauch simulieren

(Bild: Blender Foundation)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Gottfried Hofmann
Inhaltsverzeichnis

Die Blender Foundation hat Version 2.82 der Open Source 3D-Software Blender veröffentlicht. Die neue Version kommt mit vielen Verbesserungen bei der Bedienung, einer komplett neuen Simulationslösung für Flüssigkeiten und kann Daten jetzt besser mit anderen Programmen austauschen.

Nach mehreren Jahren in der Entwicklung ist die Integration der Open Source Simulationssoftware für Flüssigkeiten und Gase Mantaflow abgeschlossen. Mantaflow wird maßgeblich von Nils Thurey von der Technischen Universität München entwickelt und von Forschern als Framework für die Entwicklung neuer Algorithmen im Bereich Liquidsimulation eingesetzt. Weil Blender Mantaflow integriert, könnte es in Zukunft zeitnah von aktueller Forschung aus dem Bereich profitieren. Die bisher integrierten Simulationswerkzeuge für Wasser, Feuer und Rauch wurden komplett von Mantaflow ersetzt.

Die Stoffsimulation in Blender unterstützt jetzt einen inneren Luftdruck, womit sich Kissen, Ballons und ähnliches simulieren lassen. Über die neue „Cloth Springs“-Einstellung kann dem Stoff zudem eine Festigkeit gegeben werden, die vom Effekt her einer Weichkörpersimulation gleicht, nur dass auch die stofftypischen Effekte beibehalten werden.

Die in Blender mitgelieferte Raytracing-Render-Engine Cycles kann mittels Optix jetzt schon im Viewport Denoising durchführen. Dabei wird das für Pathtracing typische Bildrauschen weggerechnet. Bisher war das ein Nachbearbeitungsschritt und konnte durchaus mehrere Sekunden dauern. Dank Optix funktioniert Denoising in Echtzeit mit hoher Qualität, allerdings nur Nvidia RTX-Karten wenn man das OptiX-Backend einsetzt, welches noch nicht vollständig Featurekompatibel zum Nvidia-Backend ist. Wie die anderen Denoiser in Blender ist auch der OptiX-Denoiser bei niedrigen Samplezahlen noch nicht für Animationen geeignet. Cycles kann jetzt selbstdefinierte Render Passes ausgeben und die Renderzeiten unter Windows wurden ebenfalls optimiert.

Die echtzeitfähige, OpenGL-basierte Render Engine Eevee kann jetzt genau wie Cycles die Render Passes direkt im Viewport anzeigen. Derzeit werden Ambient Occlusion, Normals, Mist, Subsurface Direct und Subsurface Color unterstützt, in Zukunft sollen aber noch weitere dazukommen. Transparente Oberflächen, die sich innerhalb von Objekten mit volumetrischen Effekten wie Rauch oder Nebel befinden, werden jetzt korrekt dargestellt und die Performance wurde an mehreren Stellen verbessert.

Das Grease Pencil-Werkzeug, mit dem sich in Blender klassische 2D-Zeichnungen und -Animationen erstellen lassen, hat im Dope Sheet, das für Animationen eingesetzt wird einige neue Optionen und Kontrollmöglichkeiten erhalten. So lassen sich jetzt das Onion Skinning und die Deckkraft pro Kanal direkt im Dope Sheet einstellen. Beim Onion Skinning werden die vorhergehenden und nachfolgenden Bilder ebenfalls angezeigt, damit man besser abschätzen kann, wie später die fertige Animation wirken wird. Mit dem Grease Pencil erzeugte Striche können über einen neuen Modifier mehrfach dupliziert werden, was einen Echoeffekt ergibt.

Mit dem Bevel-Werkzeug und dem Bevel Modifier lassen sich Kanten abflachen und abrunden. Neu in Blender 2.82 ist, dass man für beide eine Kurve zeichnen kann, was das Erstellen von Stuckdecken oder verspielten Möbelkanten erleichtert.

Im Bevel-Werkzeug kann die Form der Abrundung jetzt direkt gezeichnet werden.


Der Solidify Modifier wurde massiv verbessert und kann jetzt auch in zahlreichen Fällen, die bisher nicht funktionierten, eine Dicke erzeugen, wenn etwa zwei Flächen wie bei einem T verbunden sind. Der neue Weld Modifier fügt Punkte, die sehr dicht beisammen sind, zu einem zusammen. Damit lässt sich Problemen direkt begegnen, die beim Verwenden mancher Modifier entstehen.

In Version 2.80 hat Blender zwar die neuen Widget-basierten Werkzeuge eingeführt, vielen davon fehlte aber ein Gizmo, also eine visuelle Repräsentation dessen, was man tut, oder auch einfach nur ein Anfasser. In Blender 2.82 wurden diese jetzt für Bevel, Inset, Smooth, Randomize, Extrude Individual, Shrink/Fatten, Rip und weitere Werkzeuge nachgereicht. Auch im UV-Editor gibt es jetzt Gizmos, die sich in Aussehen und Funktionalität an ihren 3D-Pendants orientieren.

Das Bewegen-Gizmo im UV-Editor.

Die Bedienung des F-Curve-Editors, mit dem man bei Animationen nicht nur Keyframes an sich bearbeiten kann, sondern auch das, was dazwischen passiert, wurde ebenfalls generalüberholt. So werden beim Selektieren eines Keyframes nicht mehr automatisch auch die Handles mitselektiert und wenn man einen Handle bearbeitet, um die Interpolation anzupassen, hat das keine Auswirkungen auf die Position des Keyframes mehr. Dazu kommen noch zahlreiche weitere Änderungen, die die Animationsarbeit in Blender klarer und einfacher gestalten.

Zum ersten Mal überhaupt ist Blender kompatibel zur VFX Reference Platform 2020. Dabei handelt es sich um eine Übereinkunft der größten Studios für visuelle Effekte (VFX) und Softwarehersteller, welche Versionen von für die Entwicklung von VFX-Software wichtigen Open Source Bibliotheken eingesetzt werden. Weil alle Programme und Inhouse-Werkzeuge der großen Studios auf der gleichen Kombination aus Bibliotheken aufbauen (ähnlich einer Linux Distribution), können Entwickler von Skripten und Plugins ihre Arbeiten relativ einfach von einem Programm zum nächsten portieren. Das sollte in Zukunft auch für Blender gelten.

Die Unterstützung von UDIM war ein lange gewünschtes Feature, das vor allem die Arbeit von Spieleentwicklern vereinfachen sollte. UDIM erlaubt es, UV-Texturen und die damit verbundenen Koordinaten über mehrere Dateien zu verteilen. Der Standard ist in der Industrie weit verbreitet und wird in Blender sowohl in Eevee und Cycles fürs Rendering als auch beim Texture Painting unterstützt.

Für die von Pixar entwickelte und vor allem von Apple eingesetzte Universal Scene Description (USD) stellt Blender 2.82 nun einen Exporter bereit. Dadurch kann man in Blender erstellte 3D-Objekte sehr einfach in Augmented-Reality-(AR-)Anwendungen von Apple laden. Die Unterstützung von USD soll in Zukunft noch um einen Importer erweitert werden. Die Unterstützung für das USD-Konkurrenzformat glTF wurde beim Importer und beim Exporter massiv verbessert. Das glTF-Format wird hauptsächlich bei 3D-Inhalten fürs Web eingesetzt.

Blender 2.82 läuft unter Windows, macOS und Linux und steht ab sofort zum Download bereit. In den ausführlichen Release Notes werden einige der neuen Features interaktiv demonstriert. (tiw)