Aktion Schnüffelstaat

Der Verfassungsschutz soll künftig auch Staatstrojaner einsetzen. Wer glaubt, das würde den Staat besser vor rechtsextremen Terroristen schützen, hat aus der Geschichte nichts gelernt.

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Politik ist schon ein merkwürdiges Geschäft. Einerseits regen sich viele Menschen ganz doll über den Dammbruch von Thüringen auf, demonstrieren vor Parteizentralen der CDU und FDP und raunen ahnungsvoll über Weimar und den Geist der 20er Jahre.

Auf der anderen Seite arbeitet Bundesinnenminister Horst Seehofer ganz seelenruhig an seiner Reform des Verfassungsschutzgesetzes weiter, die zwar formal entschärft wurde, wesentliche Knackpunkte aber immer noch enthält. Unter anderem sollen die Schlapphüte laut diesem Entwurf nämlich auch Online-Durchsuchungen durchführen. Und kein Protest regt sich. Schlimmer noch: Im Unterschied zu früher hat die SPD nun keine Bedenken mehr gegen solch einen Einsatz.

Das ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Mit Blick auf die gestiegene Bedrohung durch den Rechtsterrorismus ausgerechnet das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mit geheimdienstlichen Befugnissen auszustatten, heißt zum einen, die Geschichte dieser Institution auszublenden. Denn in seiner Gründungsphase hat das BfV eine Menge ehemaliger Nazis beschäftigt – bevorzugt als externe Berater über Tarnfirmen, damit die Briten und Amerikaner, die den Dienst aufbauten, nicht einschritten.

Dann wäre da noch die Sache mit dem gescheiterten NPD-Verbot. Das daran scheiterte, dass das BfV zu viele V-Leute in hohen Vorstandsämtern der NPD platziert hatte – die mit dem vielen schönen Honorar dann auch noch Terrorgruppen finanzierten.

Und dann wäre da natürlich noch der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Gorg Maaßen, dessen Fans eigentlich alles über seine politische Gesinnung aussagen.

Kurz: Man kann auf die Idee kommen, dass Seehofer hier den Bock zum Gärtner machen will.

Aber auch wenn man das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht für einen Teil des Problems, sondern für einen Teil der Lösung hält, ist es politisch geradezu leichtsinnig, die Trennung zwischen Polizei- und Geheimdienstarbeit leichtfertig aufzugeben. Denn damit wächst das Missbrauchspotenzial enorm. Wer glaubt, das würde den Staat besser vor rechtsextremen Terroristen schützen, hat aus der Geschichte nichts gelernt.

(wst)