Wie sinnvoll ist Stickstoff zur Reifenbefüllung?

... ein Tütchen Luft zu verkaufen!

Für reinen Stickstoff (N2) als Füllgas beim Reifenwechsel verlangt der Händler je nach Angebot pro Rad etwa 4 Euro zusätzlich, meist noch nach Radgröße gestaffelt. Doch wie sinnvoll ist dieses Angebot?

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  • ggo
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Für reinen Stickstoff (N2) als Füllgas beim Reifenwechsel verlangt der Händler je nach Angebot pro Rad etwa 4 Euro zusätzlich, meist noch nach Radgröße gestaffelt. Doch wie sinnvoll ist dieses Angebot? Schon Kermit aus der Sesamstraße kam ja mit der Idee, ein Tütchen Luft zu verkaufen, ziemlich einfach an ein nettes Zubrot, hat da vielleicht jemand eine Geschäftsidee kopiert?

Versprochen wird viel: höhere Laufleistung, optimierter Fahrkomfort und höhere Fahrsicherheit, geringerer Energieverbrauch, längeres Halten des Reifendrucks über nahezu die gesamte Lebensdauer. All das liegt an der „... weitaus größeren Molekulardichte im Vergleich zum normalen Luftgemisch“. Also liegt der Fall eindeutig, das Geld wird investiert, der Reifenhändler freut sich über 20 Euro zusätzlich, wenn der Reservereifen auch gleich mit gefüllt wird.

Was dem Kunden nicht erzählt wird: schon normale Luft enthält genau 78,084 % Stickstoff – der Rest ist vor allem 20,94 % Sauerstoff, 0,9 % Argon und dazu noch 0,038 % CO2. Bei der Befüllung mit reinem Stickstoff wird der Reifen auch nicht vollständig gespült, sodass die schon beim Aufziehen des Reifens enthaltene Luft ausgetauscht wird, sondern es wird nur die für den Betriebsdruck von zirka 2,5 bar nötige Zusatzmenge nachgefüllt. Das Medium im Reifen wird also ein unreines Gemisch bleiben, der Anteil von N2 wird sich aber immerhin auf über 90 % erhöhen.

Ideale Gase
Wie kann sich das auf die versprochenen Eigenschaften auswirken? Zunächst einmal gar nicht. Gase, egal welcher Zusammensetzung, verhalten sich in dem zu erwartenden Temperaturspektrum, in dem ein Autoreifen eingesetzt wird, als ideale Gase. Die Kompressibilität ist also nahezu identisch.

Was soll also die „höhere Molekulardichte“ aussagen? Der Begriff ist für sich schon nicht eindeutig definiert – wenn die Moleküldichte dann noch in Bezug zu „normaler Luft“ gesetzt wird, kippt die Logik völlig. Natürlich ist ein unter 2,5 bar stehender Reifen mit deutlich mehr Molekülen pro Kubikzentimeter gefüllt als „normale Luft“. Aber das ist bei jedem Gasgemisch so. Die Aussage, die hier so hervorgehoben wird, bleibt also vage, und schrammt nahe an der Falschaussage vorbei.