Ein Reisebericht aus Taiwan in Corona-Zeiten

Auf einer privaten Reise nach Asien hat c't-CvD Georg Schnurer gestaunt, wie unaufgeregt und erfolgreich Taiwan Covid-19 bekämpft.

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Taiwan – ein Reisebericht in Corona-Zeiten
Lesezeit: 19 Min.
Von
  • Georg Schnurer
Inhaltsverzeichnis

"Ihr fliegt doch jetzt nicht etwa wirklich nach Asien?" – diese Frage begleitete meine Reisevorbereitungen für einen Besuch in Taiwan seit Anfang des Jahres. Jeder, der von meinem Plan hörte, Anfang März mit meiner Frau nach Taiwan zu fliegen, um meine Schwieger-Familie dort zu besuchen, reagierte zunächst irritiert. Die Kommentare rechten von "das könnt ihr doch nicht machen" über ein "habt ihr euch das auch gut überlegt" bis hin zu "ihr spinnt doch".

Waren wir also wirklich verrückt oder lebensmüde, wenn wir an der schon Anfang letzten Jahres geplanten Reise festhielten? In Asien, so tönte es seit Anfang Januar aus allen Medienkanälen, in Asien tobt das Corona-Virus – neu, unbekannt, gefährlich und durchaus tödlich. Nun war es nicht so, dass wir uns keine Sorgen machten: In China kletterte die Zahl der Infizierten und Toten täglich in die Höhe, ein Heilmittel oder gar eine Impfung war nicht in Sicht. Zudem blieb das Virus trotz der – wohl zu spät ergriffenen – drastischen Maßnahmen der chinesischen Regierung nicht in China. Bald meldeten auch andere asiatische Länder stetig steigende Infektionszahlen. Japan, Korea und ja, ab dem 21. Januar war auch Taiwan betroffen. Sollten wir die Reise also doch besser absagen und den bereits vor Monaten gebuchten Flug stornieren?

Die Corona-Pandemi gefährdete unsere Reise nach Taiwan. Auf der Karte ist Taiwan das kleine beige-gelbe Land neben dem dunkelrot eingefärbten China.

(Bild: Taiwan Center for Desease Control)

Eine offizielle Reisewarnung der Bundesregierung gab es für Taiwan nicht. Im Falle einer Flugstornierung hätten wir das bereits bezahlte Geld wohl abschreiben können. Doch deshalb seine Gesundheit aufs Spiel setzen? Nun, wir beschlossen, nüchtern und sachlich an die Angelegenheit heran zu gehen. Sorgfältig beobachteten wir die Entwicklung der Corona-Pandemie und orientierten uns dabei an den Zahlen des Taiwan Centers for Disease Control (CDC). Dort gab es tagesaktuelle Daten zur Corona-Pandemie in Taiwan. Jeder einzelne entdeckte Fall war inklusive vermuteter Ansteckungsquelle aufgeführt. Daneben gab es noch Daten zur Anzahl der getesteten Personen, zu den Testergebnissen und so weiter.

Am 16. Februar meldete das Taiwan CDC dann den ersten Toten. Inzwischen gab es in Taiwan 30 bestätigte Corona-Infektionen. Unser Flug war für den 6. März geplant und die Warnungen der Familie und von Freunden in Deutschland wurden immer eindringlicher. In den Wind schlagen wollten wir die Bedenken natürlich nicht, auch wenn viele der Warner Taiwan immer noch mit China gleichsetzten. Geduldig erklärten wir, warum Taiwan nun mal nicht China ist und dass Taiwan eben weitaus stringenter und effektiver auf Corona reagiert als die meisten anderen Länder der Welt.

Vor dem Abflug besorgten wir sicherheitshalber Schutzmasken – wie sich bald herausstellten sollte, eine weise Entscheidung.

(Bild: c't magazin / Georg Schnurer)

Auch wenn wir so nur wenige Bedenken ausräumen konnten, nahmen wir uns die Warnungen doch zu Herzen. Wir beschlossen, die Entwicklung weiter zu beobachten und uns erst am Abend vor dem Abflug zu entscheiden, ob wir nun nach Taiwan fliegen oder nicht. Kriterium für einen Reiseabbruch war dabei einzig und allein die reale gesundheitliche Bedrohung. Die Frage, ob wir die Kosten für den Flug abschreiben müssen oder nicht, spielte keine Rolle.

Vorsichtshalber – und auch weil wir nicht nur in Taiwan, sondern auch in China und Japan Verwandte haben – deckten wir uns bereits jetzt mit Schutzmasken und Desinfektionsmittel ein. Ein Teil ging sofort als Paket zu unseren Verwandten nach Japan, einen Teil wollten wir nach Taiwan mitnehmen, von wo aus die Masken dann direkt zu den Verwandten in China transportiert werden sollen. Postsendungen nach China wollten wir nicht riskieren – die Gefahr, dass die Pakete leer oder gar nicht ankommen, sind da einfach zu hoch.

Am Donnerstag, den 5. März begutachteten wir sorgfältig die letzten Meldungen des CDC: Knapp 40 infizierte, ein bis zwei Neuinfizierte in den letzten Tagen und ja, 2 Tote. Die Situation in Deutschland war zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich dramatischer: Das Robert Koch Institut meldet mehr als 500 Infizierte, Tote gab es zu diesem Zeitpunkt in Deutschland noch keine. Mit einem Flug nach Taiwan begaben wir uns also nicht in ein Krisengebiet, sondern reisten in ein relativ Corona-sicheres Land. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch kein Einreiseverbot für Deutsche.

Freitagabend ging es dann los, zunächst von Hannover nach Amsterdam. Auf Drängen meiner Frau trugen wir beim Aussteigen chirurgische Schutzmasken und waren damit die Exoten am Flughafen. Einzig die Asiaten, die uns begegneten, trugen wie wir Masken. Der überwiegende Teil der Fluggäste und nahezu alle Mitarbeiter in den Läden, an den Flugschaltern und bei der Sicherheitskontrolle trugen keinerlei Schutz. Waren wir übervorsichtig?

Der Flug von Amsterdam nach Taipei war entspannt: Da die Maschine kaum ausgelastet war, konnten wir unsere Economy-Sitzplätze gegen einen passablen Aufpreis gegen Plätze in der 10. Reihe mit sehr viel Beinfreiheit eintauschen. Auch ein Wechsel in die Business-Klasse wäre möglich gewesen, doch ein Aufpreis von gut 530 Euro pro Person war uns der Spaß dann doch nicht wert.

In Taiwan wollten wir Verwandte besuchen und ein bisschen ausspannen.

(Bild: c't magazin / Georg Schnurer)

Am Flughafen Taoyuan angekommen fühlte ich mich sofort in eine andere Welt versetzt: Zwar kenne ich Taipei bereits von diversen Reisen in der Vergangenheit, doch Corona hat hier für viele Veränderungen gesorgt: Zunächst fiel mir auf, dass hier jeder – und zwar wirklich jeder – eine Maske trägt. Die nächste Veränderung betraf den Einreisebereich: Wer in Taiwan bleiben und nicht weiterfliegen wollte, musste nicht nur die übliche Immigration Card ausfüllen, sondern auch noch eine neue zusätzliche Einreisekarte der CDC. Dort hinterlässt man seine Reisedaten und vor allem eine in Taiwan funktionierende Telefonnummer, unter der man während des Aufenthalts in Taiwan erreichbar ist.

Die ausgefüllte Einreisekarte sammeln geschulte Mitarbeiter der CDC ein, die bei jedem einzelnen Reisenden Fieber messen und die seine Hände desinfizieren. Zudem kontrollieren die Mitarbeiter, ob man Symptome wie Husten oder Schnupfen hat. Wer keine Maske trägt, wird freundlich darauf hingewiesen, dass das Tragen einer Maske durchaus sinnvoll ist. Bei unserem Flug trugen aber ohnehin fast alle Reisenden bei der Einreise nach Taiwan eine Maske. Nur wer weder Fieber noch andere Symptome zeigt, darf weiter einreisen. Alle anderen Reisenden werden isoliert und erst einmal in Quarantäne genommen.

Erst nach dem Gesundheitscheck folgt die eigentliche Einreisekontrolle. Auch hier wird noch einmal darauf geachtet, dass alle Reisenden eine Telefonnummer hinterlassen, unter der sie in Taiwan erreichbar sind. Für deutsche Staatsbürger war die Einreise nach Taiwan zu diesem Zeitpunkt übrigens völlig unkompliziert: Wer nicht länger als 90 Tage bleiben und in Taiwan nicht arbeiten will, bekommt ein einfaches Stempel-Visum und das wars.

Vom Flughafen Taoyuan gelangt man entweder mit der MRT, der Metro von Taiwans Hauptstadt, oder per Taxi nach Taipei. Wir entschieden uns angesichts des langen Fluges fürs Taxi, auch um Menschenmengen zu meiden. Die gut 40 km lange Fahrt kostet umgerechnet knapp 45 Euro und dauert je nach Verkehrslage bis zu einer Stunde.

Doch zurück zu meiner Reise nach Taipei: Die sonst so quirlige Hauptstadt war in der Woche, in der wir dort waren, deutlich weniger quirlig, als ich das aus der Vergangenheit kenne. Viele Menschen bemühen sich, möglichst wenig in die Öffentlichkeit zu gehen. Dabei lief das geschäftliche Leben aber weitgehend normal weiter: Die Läden und Märkte waren geöffnet, Restaurants durften besucht werden und auch öffentliche Einrichtungen waren weiterhin zugänglich.

Restaurants waren in Taipei geöffnet, Läden und Märkte ebenfalls. Engpässe gab es ebenso wenig wie Hamsterkäufe

(Bild: c't magazin / Georg Schnurer)

Das heißt nicht etwa, dass Taiwan die Corona-Pandemie ignoriert – in Gegenteil, das Land ist hoch aktiv bei der Virenbekämpfung. Das bemerkt man an sehr vielen Kleinigkeiten. So ist es üblich, dass am Eingang von Restaurants, Banken, öffentlichen Einrichtungen und vielen Geschäften erst einmal Fieber gemessen und an das Desinfizieren der Hände erinnert wird.

Um Engpässe bei der Versorgung der Bevölkerung mit Schutzmasken und Desinfektionsmitteln zu verhindern, hat Taiwan schon sehr früh ein Exportverbot verfügt. Masken hamstern ist ebenfalls nicht möglich: Jeder Bürger Taiwans kann pro Woche fünf Masken kaufen – entweder in Apotheken oder auch Online. Die bereits gekaufte Menge wird über die Krankenversicherungskarte erfasst. Wer sein Kontingent aufgebraucht hat, bekommt in der jeweiligen Woche keine Masken mehr. Hamsterern und Geschäftemachern konnte so recht wirkungsvoll das Geschäft verdorben werden.

Generell konnte ich bei meinen Besuchen von Supermärkten und Einkaufszentren keinerlei Engpässe bei Waren des täglichen Gebrauchs feststellen. In Taiwan scheint man nicht so panisch zu hamstern wie hier in Deutschland. Und nein, in Taiwan gab es keinen Klopapier-Engpass – das Horten der anscheinend so kostbaren Rollen scheint eine typisch deutsche Marotte zu sein ...

Fieber messen und desinfizieren ist freilich nicht alles bei einer wirksamen Seuchenbekämpfung: Öffentliche Gebäude und vor allem die Metrostationen werden regelmäßig desinfiziert. Auch die Fahrzeuge und hier vor allem die Handgriffe reinigt und desinfiziert das Personal täglich. Gleiches gilt für die vielen öffentlichen und privaten Rolltreppen.

Die TRTC-Stationen werden seit dem 28. Februar laufend gereinigt; dafür hat das Unternehmen 50 mobile Desinfektionsgeräte angeschafft.

(Bild: TRTC )

Vor den Krankenhäusern, die ich in der Stadt gesehen habe, gab es meist ein Zelt vor dem Eingang. Dort wurden jeder, der hinein wollte, erst einmal auf Fieber und andere Corona-Symptome untersucht. Möglicherweise Infizierte wurden sofort separiert und so von anderen Kranken und dem Personal getrennt. Besuche in Krankenhäusern und in Altenheimen waren grundsätzlich verboten. Diese sinnvolle Maßnahme war für uns freilich bitter, denn einer der Gründe für unsere Reise nach Taiwan war, meinen Schwiegervater zu besuchen. Aufgrund des Besuchsverbots beschränkte sich das nun auf ein Winken durch die Glasscheibe.

Mein Aufenthalt in Taiwan endete am 14. März. Generell muss ich sagen, dass wir vom Timing her ausgesprochenes Glück gehabt hatten: Wenige Tage nach unserer Einreise wurde für alle Reisenden aus Deutschland eine 14tägige Quarantäne verhängt. Wer keine Symptome zeigte, durfte die Quarantäne bei Verwandten absolvieren, in Hotels war eine sogenannte Heim-Quarantäne nicht möglich. Bei einer späteren Einreise nach Taiwan hätte ich also am Flughafen gleich wieder umkehren können, denn ich hatte nur eine Woche Urlaub.

Meine Rückreise verliefe dann weit weniger entspannt als die Hinreise. Glücklicherweise hatte ich mir frühzeitig einen Sitzplatz mit mehr Beinfreiheit in der Economy-Class gesichert. Upgrades waren beim Rückflug nicht mehr im Angebot. Die Maschine von Taipei nach Amsterdam war rappelvoll. Wie ich erst im Flieger erfuhr, was das die letzte Maschine von KLM auf dieser Strecke. Alle freien Sitzplätze im Flieger waren deshalb mit KLM-Mitarbeitern belegt. In der Business-Class saßen Pilotinnen und Piloten, das übrige Personal musste mit Economy vorlieb nehmen.

Ob des vollen Flugzeugs trug ich – wieder als einer der wenigen Passagiere – eine Maske. Bei der Landung in Amsterdam war dann alles wie immer: Es gab abgesehen von der üblichen Passkontrolle keinerlei Untersuchung, fast so, als gäbe es Corona nicht. Dasselbe galt für die Einreise nach Deutschland: Weder ich noch irgend einer der anderen Passagiere musste eine Landekarte ausfüllen oder Kontaktdaten hinterlassen – hatte unser Gesundheitsminister nicht schon vor Wochen verkündet, dass das nun zum Seuchenschutz dazugehört? Aber Ankündigungen dieser Art nehme ich ohnehin nicht mehr ernst, seit mir chinesische Studenten mehrfach berichten, dass sie noch Ende Februar, Anfang März ohne jegliche Gesundheitskontrollen nach Deutschland einreisen konnten.

Was ist also der Unterschied in Sachen Seuchenbekämpfung zwischen Taiwan und Deutschland? Aus meiner, zugegeben sehr subjektiven Erfahrung erscheint mir das Handeln von Taiwan nach dem Aufkommen der ersten Corona-Fälle in China erfreulich konsequent: Bereits am 31. Dezember 2019 wurde damit begonnen, Reisende aus der chinesischen Provinz Wuhan, wo das Virus ausgebrochen war, medizinisch zu untersuchen. Ab dem 5. Januar wurden sämtliche Reisenden aus Wuhan, die in den letzten 14 Tagen nach Taiwan eingereist waren, untersucht und auf Corona getestet. Wer Symptome zeigte oder positiv getestet wurde, musste in Quarantäne. Gleichzeitig wurden mögliche Kontaktpersonen ermittelt.

Der Erfolg gibt Taiwan Recht: Die Infektionsrate ist gering, Neuinfektionen kommen laut CDC vor allem kommen von außen ins Land.

(Bild: Taiwan Center for Desease Control)

Am 20. Januar wurde das Central Epidemic Command Center (CECC) aktiviert, eine nach den Erfahrungen mit SARS eingerichtete Schaltstelle im Gesundheitsamt mit weitreichenden Befugnissen zur Seuchenbekämpfung. Die CECC wiederum aktivierte für diesen Zweck vorgehaltene finanzielle Mittel und mobilisierte das medizinische Personal der Armee. Bereits nach dem ersten Corona-Fall in Taiwan wurde der Verkauf von Masken rationiert. Gleichzeitig ordnete die Regierung eine Steigerung der Maskenproduktion und der Produktion von Desinfektionsmittel an. Die dafür zusätzlich benötigten Arbeitskräfte stellte die Armee, die sich auch um die Verteilung der Produktion kümmerte. Es folgten Schulschließungen und weitere Einreisebeschränkungen.

Corona-Tests inklusive Abstrich und Röntgen der Lunge sind für taiwanische Bürger*innen weitgehend kostenlos. Wer den Test verweigert, muss hohe Strafen bezahlen.

(Bild: c't magazin / Georg Schnurer)

Nachdem die Zahl der Neuinfektionen Anfang März zunächst stark zurückgegangen war, stieg sie Mitte März erneut an. Da ein Großteil der neuen Fälle von einreisenden Bürgern verursacht wurde, ordnete die CDC nun den Test aller in den letzten 14 Tagen eingereisten Menschen an. Dass dies kein Papiertiger war, konnte meine Frau hautnah miterleben: Sie war noch in Taiwan und erhielt deshalb einen Anruf, der sie am nächsten Tag in eines der vielen Testcenter beorderte. Dort wurde ein Abstrich genommen und ein Corona-Test durchgeführt. Zudem wurde die Lunge geröntgt. Den angeordneten Test musste sie nicht selbst bezahlen. Auch Röntgen (240 NT$, 7,23 €) und die Untersuchung durch einen Facharzt (449 NT$, 13,53 €) war für sie als taiwanische Bürgerin kostenfrei. Die obligatorische Krankenversicherung übernimmt diese Kosten. Zu zahlen war nur eine Anmeldegebühr (80 NT$, 2,41 €) und eine Eigenbeteiligung in Höhe von 300 NT$ (9,04 €). Wer sich so einem Test entzieht oder gegen eine angeordnete Heim-Quarantäne verstößt, muss mit Strafen von bis zu umgerechnet 9000 Euro rechnen.

Vergleicht man dieses stringente Vorgehen in Taiwan mit dem, was hier in Deutschland zunächst passiert ist, verwundert es kaum, dass sich in Taiwan trotz der Nähe zu China und des erneuten Anstiegs von Infizierten Stand heute (27.3.2020) grade einmal 267 Menschen mit dem Virus angesteckt haben. Zudem sind zwei Corona-Tote zu beklagen. Getestet wurden Stand heute 28.507 Menschen, vom Virus wieder erholt haben sich bislang 30. In Deutschland haben wir nach den Daten des Robert-Koch-Instituts unterdessen 42.288 Fälle und 253 Tote – Tendenz steigend.

Doch wenn Taiwan so erfolgreich im Kampf gegen Corona war und ist, warum interessiert das dann die restliche Welt so wenig? Warum tauscht man sich in der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht intensiv mit Taiwan aus und ermöglicht so anderen Ländern, von den Erfahrungen aus Taiwan zu profitieren? Aber halt: Taiwan hat ja bis heute weder Sitz noch Stimmrecht bei der WHO. Anscheinend sind hier wieder einmal wirtschaftliche Interessen und das Wohlwollen Chinas wichtiger als mögliche positive Resultate im Gesundheitsschutz.

Die Geschichte unserer Reise nach Taiwan ist freilich noch nicht zu Ende erzählt: Ich bin zwar zurück in Deutschland, meine Frau blieb aber eine Woche länger. Ihr regulärer Rückflug nach Deutschland hätte am 21. März erfolgen sollen. Doch daraus wurde nichts: Kaum hatte ich Taiwan verlassen, teilte uns KLM ohne Angabe von Gründen mit, dass der Rückflug meiner Frau gestrichen wurde. Neue Flugdaten werde man rechtzeitig übermitteln – tat man aber nicht. Proteste drangen nicht durch, die Telefon-Hotline war nicht zu erreichen, auf Anfragen per Mail gab es nur Vertröstungen. Am 18. März platzte mir dann der Kragen und ich lies KLM per Fax ans Frankfurter Büro wissen, dass ich nun selbst ein Ticket kaufen und KLM dann in Rechnung stellen werde, wenn wir nicht unverzüglich Informationen zum Rückflug erhielten. Das schien Wirkung zu zeigen. Noch am selben Tag erhielten wir ein Ticket – und was für eins: Der Rückflug sollte nun am 23. März erfolgen, und zwar von Taipei mit China Airlines nach Amsterdam, dann mit Air France nach Paris und schließlich nach Hannover.

Auch am Flughafen Taiwan Taoyuan gibt es in Zeiten von Corona viele Flug-Stornos.

(Bild: KCS, CC_BY-SA_4.0)

Besonders glücklich waren wir über dieser Zickzack-Route übers Corona-Epizentrum nicht, doch wie schon zuvor war KLM für uns nicht erreichbar. Meine Frau stellte sich also darauf ein, via Paris nach Hause zu fliegen. Doch auch diese Rechnung ging nicht auf: Am 20. März teilte Air France mit, dass der Flug von Paris nach Hannover nun gestrichen sei – wieder ohne Angaben von Gründen. Einen Tag lang versuchte ich, KLM oder Air France auf allen verfügbaren Kanälen zu erreichen. Online erfuhr ich immerhin, dass es einen Tag später, am 24. März, einen Flug von Paris nach Hannover geben könnte, ohne jede Garantie, versteht sich.

Die Aussicht, dass meine Frau einen Tag und eine Nacht lang in Paris auf dem Flughafen fest sitzen könnte, veranlasste mich dann, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Schnell war klar, dass es sehr wohl noch Direktfüge von KLM von Amsterdam nach Hannover am 23. März gab. Allerdings verlangte KLM nun für diese Teilstrecke in der Ecomomy Class stolze 300 Euro. Nach einem erneuten vergeblichen Versuch der Kontaktaufnahme mit KLM schritt ich zur Buchung. Leider gab es nun nur noch Business Class Plätze für stolze 852,44 Euro. Doch das war mir nun egal – Hauptsache meine Frau muss nicht mehr als 24 Stunden auf dem Flughafen in Paris totschlagen.

Wer glaubt, dass die Geschichte damit nun zu Ende ist, unterschätzt die Perfidität der Fluggesellschaften: Zwar hatte meine Frau nun ein gültiges Ticket von Taipei nach Amsterdam und ein weiteres von Amsterdam nach Hannover. Doch das Ticket war auf zwei Buchungen verteilt. Beim Check-In weigerte man sich zunächst, meine Frau mitzunehmen. Sie hätte zwar sofort mitsamt ihrem Gepäck von Taipei via Amsterdam nach Paris fliegen können, doch ein Flug von Taipei nach Hannover via Amsterdam, das war nicht drin.

Natürlich hätte meine Frau einfach auf das Gepäck pfeifen können und in Amsterdam schlicht nicht in den Flieger nach Paris sondern in den nach Hannover steigen können. Doch was passiert dann mit dem Gepäck? Klar, ist nur Gepäck. Wenn es hart auf hart gekommen wäre, hätte meine Frau genau das getan. Ein Flug bis Paris mit ungewisser Weiterreise, das kam in diesen Tagen überhaupt nicht in Frage.

Doch zum Glück passierte das alles am Schalter von China Airlines, einer taiwanischen Fluggesellschaft. Nach einigen Hin- und Her überschrieb der Supervisor kurzerhand das von KLM ausgestellte Ersatzticket und buchte Frau und Gepäck auf die sinnvolle Strecke via Amsterdam nach Hannover. Frau und Gepäck sind letztlich wohlbehalten in Hannover angekommen – danke, China Airlines!

Auf das Gefecht mit KLM um die entstandenen Zusatzkosten und die uns nach EU-Recht zustehende Entschädigung freue ich mich bereits. Bleibt zum Schluss noch anzumerken: Vorgestern kam das Ergebnis des Corona-Tests bei meiner Frau – negativ, wie beruhigend. (gs)