Post aus Japan: Mit KI und Robotern zur perfekten Tomate

Datenanalyse und Automatisierung machen auch vor Japans Bauern nicht halt. NEC und der Tomatenkonzern Kagome geben Landwirten digitale Anbautipps.

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Post aus Japan: Mit KI und Robotern zur perfekten Tomate

(Bild: NEC)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

Die Tomate ist in Japan schon lange ein kulinarischer Hochgenuss. Eine Zeit lang war es Mode, die rote Frucht gestaffelt nach Zuckergehalt in Supermärkten zu verkaufen. Je süßer das Produkt, desto höher der Preis, war das Kalkül. Derzeit werben Hersteller mit vermeintlich extragesunden Tomaten: Der Tomaten-, Frucht- und Gemüsesaftkonzern Kagome verkauft kleine rote Rundlinge mit höherem Anteil an Lycopin, das antioxidierend wirkt, zu höheren Preisen als die normale japanische Tomate. Und so verwundert es vielleicht nicht, dass sich ausgerechnet Kagome, immerhin ein Konzern mit fast 800 Millionen Euro Umsatz, künstliche Intelligenz einstellen will, um noch effizienter noch bessere Tomaten anbauen zu können.

Am Dienstag kündigten Kagome und der japanische Technikkonzern NEC eine strategische Allianz an, die NECs Plattform CropScope nun für den Tomatenanbau nutzen will. Das System analysiert und visualisiert das Wachstum der Tomaten, Boden- und Wetterbedingungen, um dann den Bauern den richtigen Zeitpunkt und das optimale Maß an Bewässerung und Düngung zu empfehlen.

Das Versprechen ist, salopp formuliert, dass mit dem System auch der dümmste Bauer die größten Tomaten ernten kann. Oder wie es das Duo ausdrückt: "Das Ergebnis ist, dass Farmen stabile Erträge und niedrigere Anbaukosten erzielen und gleichzeitig ökologisch nachhaltige Landwirtschaft betreiben zu können, ohne ausschließlich von den technischen Fähigkeiten des individuellen Züchters abhängig zu sein."

Das Projekt war lange in der Vorbereitung. Schon seit 2015 trainieren die beiden Unternehmen NECs künstliche Intelligenz. Die ersten Tests in Portugal, Australien und den USA sind den Unternehmen zufolge vielversprechend gelaufen. In Portugal lag der Ertrag beim Einsatz von 20 Prozent weniger Dünger 30 Prozent über dem Durchschnitt und damit auf dem Niveau eines Spitzenzüchters.

Kagome wittert bereits ein Geschäft. Diesen Monat richtet das Unternehmen die "Smart Agri Division" ein, die sich zuerst auf den europäischen und dann globalen Markt konzentrieren soll. Besonders in Asien witterten Tomatenexperten wenigstens bis zur Coronavirus-Pandemie großes Wachstumspotenzial. Denn je mehr Geld die aufstrebenden Mittelschichten in der Region haben, desto mehr interessieren sie sich für hochpreisigere Lebensmittel.

Post aus Japan

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Das Feld lockt auch andere Hersteller an. Der deutsche Autozulieferer Bosch brachte 2017 in Japan sein System Plantect auf den Markt, das Bauern beim Anbau hochwertiger Tomaten und anderen Produkten in Gewächshäusern Hilfe verspricht. Andere Unternehmen wollen die Ernte automatisieren. Der Technikkonzern Panasonic stellte schon vor Jahren einen tomatenpflückenden Roboter vor.

In diesem Jahr brachte DSpirit, ein kleiner Anbieter von IT-Dienstleistungen, seine Idee sogar in die japanische Wirtschaftszeitung Nikkei: Das Unternehmen hat den Arm eines Fabrikroboters zum Erntehelfer von Tomaten, Orangen und anderen Früchten umgeschult. Das Gerät soll künftig reife Früchte erkennen, vorsichtig pflücken und ins Körbchen legen können. DSpirit will es nun an Bauern vermieten. Doch erst die Zukunft wird zeigen, ob diese Anwendungen künstlicher Intelligenz in der Landwirtschaft auf fruchtbaren Boden fallen.

(bsc)