Reisebeschränkungen bremsen den Elektro-Highway aus

Eigentlich sollten die Tests mit Oberleitungs-LKW weiter fortgeschritten sein. Doch Spezialisten können wegen der Reisebeschränkungen ihre Arbeit nicht machen.

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Reisebeschränkungen bremsen den Elektro-Highway aus

(Bild: Scania)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Oliver Pietschmann
  • dpa
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Knapp ein Jahr nach dem Start des ersten deutschen Elektro-Highways in Südhessen läuft auf der Teststrecke längst nicht alles nach Plan. Schuld daran hat aktuell auch hier die Corona-Krise. Eigentlich sollten mittlerweile vier der fünf Oberleitungs-Hybrid-LKW auf der Teststrecke zwischen Langen und Weiterstadt unterwegs sein, doch nach wie vor sammeln nur zwei der Spezial-Lkws Daten für den mehrjährigen Versuch. Zusätzlich ist die fünf Kilometer lange Teststrecke in einer Fahrtrichtung nach einem Unfall im Januar außer Betrieb. Der Grund: Die Reisebeschränkungen wegen der Infektionsgefahr mit dem Coronavirus.

"Die beiden Fahrzeuge sind bereits in Deutschland und haben die ersten Tests erfolgreich abgeschlossen", sagte Frauke Werner von der projektleitenden Verkehrsbehörde Hessen Mobil der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings werde sich die Auslieferung an die Speditionen wegen der aktuellen Krisen-Situation verzögern. Die LKW werden bei der Volkswagen-Tochter Scania in Schweden gebaut. "Die Mitarbeiter der Firma Scania dürfen bereits seit einigen Wochen nicht reisen und aktuell können weder die letzten erforderlichen Fahrzeugtests, noch die Fahrerschulungen durchgeführt werden." Es sei mit einer mehrwöchigen Verschiebung zu rechnen.

Wegen eines Unfalls Ende Januar sei zudem die Teststrecke in einer Fahrtrichtung außer Betrieb. Dies habe natürlich Auswirkungen auf den Umfang der Testfahrten. "Die Instandsetzung der bei dem Unfall beschädigten Anlage verzögert sich, da aufgrund der Reisebeschränkungen die Reparaturarbeiten von den Spezialteams nicht durchgeführt werden können", sagte Werner. Die Zahl der täglichen Testfahrten sei somit auch eingeschränkt. Erste Testergebnisse würden sich damit voraussichtlich auch verschieben. "Das Konsortium prüft Möglichkeiten, die Anzahl der Fahrten nach der Normalisierung der Lage zu erhöhen, damit der Feldversuch – über den gesamten Versuchszeitraum betrachtet – in geplantem Umfang stattfinden kann."

Auf der Strecke können LKW seit Anfang Mai vergangenen Jahres mit einem Stromabnehmer an eine Oberleitung andocken und Strom tanken. So werden bei voller Fahrt die Batterien aufgeladen. Es sollen Auswirkungen auf den Verkehr, ökologische und ökonomische Aspekte und der Mehraufwand für die Straßenmeistereien untersucht werden. Aufgrund der ersten Abstimmungen zur Projektplanung war die Landesregierung davon ausgegangen, dass mit der Fertigstellung der Teststrecke auch der Feldversuch in vollem Umfang beginnen kann.

Das Bundesumweltministerium hat die fünf Kilometer lange Strecke zwischen Langen und Weiterstadt mit knapp 14,6 Millionen Euro finanziert. Weitere rund 15 Millionen Euro sollen in Datensammlungen und Auswertungen fließen. Auf der Strecke mit Oberleitungen sollen bis 2022 fünf Hybrid-LKW mit Stromabnehmern (OH-LKW) Daten sammeln. Damit soll ausgelotet werden, wie künftig umweltschonender Güter transportiert werden können. Mittlerweile ist eine zweite Teststrecke in Schleswig-Holstein am Start.

Bundesweit wird das Elektro-Highway-Projekt von der Bundesregierung mit rund 107 Millionen Euro gefördert. Der Bund der Steuerzahler befürchtet, dass dieses Modell niemals flächendeckend genutzt wird, weil die Technologie sehr teuer sei und noch mit anderen Techniken konkurriere.

Scania und Siemens kooperieren bei Lkw an der Oberleitung (6 Bilder)

Scania kooperiert seit September 2014 mit Siemens für die Entwicklung von Oberleitungs-Lkw. Hier fährt einer auf der eHighway-Teststrecke in Groß Dölln.
(Bild: Siemens)

Dies sieht eine Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg anders. Demnach könnten Oberleitungs-Lkw schon 2030 wirtschaftlich attraktiv sein. Die Emissionen von Kohlendioxid könnten gegenüber reinen Diesel-LKW halbiert werden, wenn es gelinge, bis dahin ein Oberleitungsbasisnetz von 3200 Kilometern Länge auf besonders intensiv befahrenen Autobahnabschnitten zu bauen. Die Kosten für das Netz schätzt das Institut für die kommenden zehn Jahre auf sieben Milliarden Euro. (bme)