Virgin Orbit zündet erstmals Weltraumrakete in der Luft

Virgin Orbit hat erstmals eine Flüssigtreibstoff-Rakete von einem Flugzeug gezündet. Deren Flug währte nur Sekunden, doch ist die nächste Rakete fast fertig.

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Eine Rakete fällt von einer Boeing 747 nach unten

Die Rakete hing unter dem linken Flugzeugflügel, wurde ausgeklinkt, und nach einigen Sekunden freien Falls gezündet. Doch dann musste Virgin Orbit die Reißleine ziehen.

(Bild: Virgin Orbit)

Lesezeit: 3 Min.

Eine Flüssigtreibstoff-Rakete mit Ziel Weltraum ist am Montag von einer vor der Küste Kaliforniens fliegenden Boeing 747 losgelöst und erstmals gezündet worden. Obwohl die Rakete nach wenigen Sekunden zerstört werden musste, ist der Vorführflug ein Erfolg für Betreiber Virgin Orbit. Der Grund für den Abbruch des Fluges ist noch nicht bekannt; die Analyse der Daten hat gerade erst begonnen.

Die ersten paar Sekunden nach dem Ausklinken waren auch die kritischste Phase des Unterfangens. "Wir werden eine Reihe entscheidender Systeme in schneller Reihenfolge in einer Weise testen, wie wir das am Boden nicht machen konnten", hatte Virgin Orbit kurz zuvor getwittert. Das Unternehmen ist eine Tochterfirma von Virgin Galactic, steht also ebenfalls mehrheitlich im Eigentum Abu Dhabis. Weitere Anteile halten die Virgin Group und andere Aktionäre. Sowohl Virgin Galactic als auch Virgin Orbit möchten an der Unterseite eines Flugzeugs montierte Raketen aus der Luft starten.

Bei Virgin Orbit kommt eine Boeing 747 zum Einsatz, an der die zweistufige Rakete LauncherOne befestigt ist. LauncherOne hat bis zu 300 Kilogramm Nutzlast und soll Satelliten in sonnensynchrone Umlaufbahnen bringen. Beim Vorführflug am Montag war noch kein echter Satellit sondern eine "hübsche inaktive Masse" an Bord der Rakete.

Virgin Galactic nutzt ein speziell gebautes Flugzeug, an dem ein Raumfahrzeug namens VSS Unity mit Raketenantrieb hängt. Gesteuert von zwei Piloten soll Unity sechs Passagiere für einige Minuten ins All bringen sollen – eigentlich schon vor 13 Jahren, aber Raumfahrt ist ebenauch für Virgin Galactic nicht so einfach.

Ziel des Jungfernflugs Virgin Orbits am Montag war, LauncherOne auszuklinken und die erste Raketenstufe zu zünden. Das ist geglückt. Alles Weitere wäre ein Bonus gewesen: Die zweite Stufe der Rakete zu zünden, es bis ins All zu schaffen, und vielleicht sogar die einen Satelliten symbolisierende Testmasse auszusetzen. Sie hätte bald wieder in der Atmosphäre verglühen sollen.

"Wir werden die Mission fortführen, so lange es geht", hatte Virgin Orbit vor dem Start angekündigt, "Je länger LauncherOne fliegt, umso mehr Daten werden wir sammeln." Einfach sei das nicht; in der Geschichte von Erstlingsmissionen ins All sei die Hälfte gescheitert. "Egal wie diese Vorführung ausgeht, wir freuen uns darauf, so viel wie möglich zu lernen."

Vorerst bleibt Pegasus, eine von der Orbital Sciences Corporation entwickelte Festtreibstoffrakete, die einzige horizontal gestartete Rakete, die von einem fliegenden Flugzeug aus erfolgreich ins All geflogen ist. Seit Pegasus' Jungfernflug vor 30 Jahren gab es 44 Starts, wovon 39 rundum erfolgreich waren. Ein Pegasus-Flug kostete aber schon vor sechs Jahren mehr als 50 Millionen Dollar – diesen Preis radikal zu unterbieten, ist Virgin Orbits Ziel.

Virgin Orbits Tochterfirma VOX Space soll Militärsatelliten starten und hat bereits einen Auftrag bekanntgegeben. Ab frühestens Oktober 2021 soll VOX Space für die US Space Force drei Mal Gruppen kleiner Satelliten in eine Umlaufbahn befördern. Dafür muss LauncherOne in die Gänge kommen. Die zweite Rakete liegt bereits auf einem Teststand in Long Beach, Kalifornien.

(ds)