Fast Forward

Da geht noch was: Psychologen haben herausgefunden, dass bis zu einer Geschwindigkeit von um die 220 Wörtern pro Minute das Hörverständnis noch nicht grob in die Knie geht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 3 Min.

Ich will es heute kurz machen. Schließlich hat ja heute keiner mehr Zeit. Alles muss ja mit maximaler Effizienz geschehen. Deshalb schnell schnell, die gute Nachricht: Wenn Sie sich schon mal bei YouTube einen Vortrag mit 1,5facher Geschwindigkeit angesehen haben, liegen Sie genau richtig. Denn wie Raymond Pastor von der University of North Carolina und Albert D. Ritzhaupt von der University of Florida jetzt in einem recht umfangreichen Paper dargelegt haben, lässt sich mit der Kompression von audiovisuellen Inhalten beim Lernen einfach - und schnell - Zeit sparen. Wenn man es nicht übertreibt.

Kein Scherz. Laut dem Paper wird das Potenzial der Audio-Kompression bereits seit den 1950er Jahren untersucht. Denn die durchschnittliche normale Sprechgeschwindigkeit liegt bei etwa 150 Wörter pro Minute, lässt sich aber bis auf etwa 225 Wörter pro Minute steigern - man muss nur an der Atemtechnik feilen. Text lässt sich aber noch schneller aufnehmen: Schnellleser bringen es auf bis zu 300 Wörter pro Minute.

Die Vermutung, dass unser Gehirn beim Zuhören also geradezu ausgebremst wird, liegt also nahe. Da ist noch Luft nach oben, dachten sich Psychologen bereits in den 1950er Jahren und spielten unterschiedlichen Zielgruppen unterschiedlichen Content vor. Die Ergebnisse zahlreicher ähnlicher Untersuchungen sind - wie nicht andere zu erwarten - recht unterschiedlich. Grob zusammengefasst lässt sich allerdings sagen, dass bis zu einer Geschwindigkeit von um die 220 Wörtern pro Minute das Hörverständnis noch nicht grob in die Knie geht. Pastor und Ritzhaupt untersuchten zudem, ob man das Tempo mit geeigneter visueller Unterstützung noch weiter hoch drehen kann. Die kurze Antwort lautet auch hier: Im Prinzip ja, aber auch dabei gibt es eine Grenze.

Den Video-Stream einfach schneller zu stellen, ist übrigens eine recht grobe Methode der Kompression. Mehr versprechen sich die Autoren von „nichtlinearer Kompression“ - also von Software, die Pausen, Dopplungen, Ähs und Öhs etc rausschneidet. Bin gespannt, wann es die erste App gibt, die Vorlesungen und wissenschaftliche Vorträge so aufbereitet, und mit der Zeitersparnis wirbt. Ist nur eine Frage der Zeit.

Ein bisschen blöd ist allerdings, dass Lernen, um Wissen zu speichern ein recht flüchtiges Ziel ist. Bereist im 19. Jahrhundert belegte der Psychologe Hermann Ebbinghaus, wie schnell wir gelernte Inhalte wieder vergessen. Bereits nach wenigen Stunden ist der größte Teil des gespeicherten Wissens schon wieder weg. Dauerhaft gespeichert werden nur etwa 15 Prozent der gelernten Fakten. Sinn macht Lernen nur, wenn man das Gelernte regelmäßig wiederholt, oder der Wissenserwerb einem vertieften Verständnis dient. Das aber dürfte mit 225 Wörtern pro Minute nicht zu haben sein.

(wst)