Kongress der Planetenforscher EPSC 2020: Grüße von der Mondbasis

Auch die Planetenforscher treffen sich in diesem Jahr nur virtuell. Das hat den Vorteil, dass sich Teilnehmer auch direkt aus einer Mondbasis melden können.

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Kongress der Planetenforscher EPSC 2020: Grüße von der Mondbasis

Die Forschungsstation HI-SEAS

(Bild: EMMIHS)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

Eigentlich wollten sich die europäischen Planetenforscher diesmal im spanischen Granada zu ihrer Jahrestagung treffen. Das Coronavirus zwingt den Europlanet Science Congress (EPSC 2020) nun allerdings zum virtuellen Gedankenaustausch übers Internet. Für einige Teilnehmer macht das allerdings keinen Unterschied: Wer sich gerade in einer Mondbasis aufhält, wäre ohnehin nicht persönlich zur Konferenz angereist.

So meldete sich etwa Michaela Musilova von der International MoonBase Alliance (IMA) direkt aus der Forschungsstation HI-SEAS. Die steht zwar nicht direkt auf dem Mond, wie die Langfassung des Namens (Hawai’i Space Exploration Analog and Simulation) verrät. Die am Hang des Vulkans Mauna Loa in 2500 Meter Höhe errichtete Station dient aber der Erforschung des Betriebs künftiger Behausungen für Astronauten auf anderen Himmelskörpern. Im vergangenen Dezember hatte Musilova sich dort die 100 Quadratmeter Wohn- und Arbeitsfläche mit fünf weiteren Personen geteilt, um im Rahmen der Mission EMMIHS-2 einen zweiwöchigen Aufenthalt auf dem Mond zu simulieren.

Dazu gehörte, dass es zum Verlassen der Station stets erforderlich war, spezielle Kleidung (analog zu einem Raumanzug) anzulegen und beim Außeneinsatz strikten Protokollen zu folgen. Ein Schwerpunkt solcher Expeditionen war die Erkundung von Lavahöhlen, um zu klären, inwieweit sich in ähnlichen Höhlen auf dem Mond Unterkünfte für Astronauten einrichten ließen. Daneben wurde auch die Bergung verunglückter Personen geübt, wobei eine gestörte Funkverbindung zur Mondbasis als besondere Erschwernis hinzukam.

Ob zukünftige Mondbewohner nun in Lavahöhlen leben oder sich anders einrichten werden, der Platz dürfte beengt sein und der Ausblick (sofern es überhaupt so etwas wie Fenster gibt) ziemlich farblos und öde. Die Bedeutung verschiedener Formen von Privatsphäre sowie von Farben für das Wohlbefinden war daher ein weiterer Schwerpunkt der Mission. So gab es für 48 Stunden überhaupt keine Privatheit, danach wurde ein Bereich eingerichtet, der "semi-private" Situationen, etwa für Gespräche zwischen Crewmitgliedern, ermöglichen sollte. Es ging nicht um ein "mehr" oder "weniger" an Privatleben, betonte Musilova, sondern um die Art der Privatheit, die für den Erfolg solcher planetaren Missionen erforderlich sei.

Für die Erforschung des Effekts von Farben auf Befindlichkeit, räumliche Wahrnehmung und Produktivität der Missionsteilnehmer wurde ähnlich vorgegangen: In der ersten Woche waren sie komplett abwesend, Kleidung, Werkzeuge und Einrichtung ausschließlich schwarzweiß. In der zweiten Woche wurde es in der Station dann wieder bunter.

Als wirksames Gegenmittel gegen die Einöde entpuppte sich auch der 3D-Druck. Er ermöglichte nicht nur die Anfertigung von Ersatzteilen, Werkzeugen oder anderen Hilfsmitteln zur Durchführung der Experimente, sondern war auch ein willkommener Zeitvertreib.

Von zentraler Bedeutung sei es, so Musilova, dass mindestens zwei Crewmitglieder als Bordingenieure fungieren. Sie sind verantwortlich für die Überwachung der Station, übermitteln tägliche Berichte an die Missionskontrolle, unterstützen die übrige Crew bei ihren Experimenten und sollten besondere Qualitäten als "Problemlöser" haben.

Ein Problem, das sich während der zweiwöchigen Mission zeigte, aber nicht gleich gelöst werden konnte, war die Versorgung mit frischem Obst und Gemüse. Es habe sich gezeigt, bemerkte Musilova, "dass gefriergetrocknete Nahrung nicht zum emotionalen Wohlbefinden der Astronauten beitrug". Zukünftige Astronauten auf dem Mond oder Mars bräuchten daher Gewächshäuser, in denen sie ihre Nahrung selbst anbauten.

Wie Landwirtschaft jenseits der Erde genauer aussehen könnte, wird beim EPSC 2020 ebenfalls diskutiert. heise online wird in den kommenden zwei Wochen über solche wie auch andere ausgewählte Beiträge zur Konferenz der Planetenforscher berichten.

(mho)