Kryptogelddienst Coinbase: Goldener Handschlag für aktivistische Mitarbeiter

Statt politischem Engagement im Büro wünscht sich der Coinbase-Chef ein apolitisches Umfeld. Wer Aktivist bleiben wolle, könne ein Abfindungspaket nehmen.

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Kryptogelddienst Coinbase: Goldener Handschlag für aktivistische Mitarbeiter

(Bild: Alessandro Pintus/Shutterstock.com)

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Mitarbeiter, die auch am Arbeitplatz dem Aktivismus für soziale und politische Belange nachgehen, sind nicht erst seit den Black-Lives-Matter-Protesten ein Thema bei US-Tech-Firmen. Brian Armstrong, Chef und Mitgründer des Kryptogeldhandelsplatzes Coinbase aus San Francisco, will sowas in seiner Firma aber nicht haben.

Mit einer Art Manifest, das den politikfreien Arbeitsplatz rühmt, hat er für Aufsehen gesorgt. Und laut Medienberichten setzte Armstrong noch eins drauf mit dem Angebot für einen antipolitischen goldenen Handschlag: Wer bei der Arbeit nicht ohne den Einsatz für soziale Fragen auskomme, könne gehen und ein Abfindungspaket in Anspruch nehmen.

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Auch wenn für Unternehmen im Silicon Valley soziales Engagement inzwischen üblich sei, habe er sich für einen anderen Ansatz entschieden, erklärte er in seinem Beitrag auf der Plattform Medium. Diese Bemühungen seien zwar "gut gemeint, hätten aber das Potenzial jede Menge Wert in den meisten Firmen zu zerstören", weil sie von Aufgaben ablenkten und intern spalteten. "Ich glaube nicht, dass die meisten Leute in einem polarisierten Umfeld arbeiten wollen", so Armstrong.

Es gehe vielmehr darum, dass ein Team gemeinsam und "laserfokussiert" die Mission verfolge und so das Unternehmen erfolgreich mache. Im Falle von Coinbase sei das die Schaffung eines offenen Finanzsystems.

Entsprechend solle es bei Coinbase keine internen Debatten über politische Fragen oder Kandidaten für politische Ämter geben. Auch solle niemand erwarten, dass die Firma die eigenen persönlichen Ansichten nach außen repräsentiere. Allenfalls, wenn etwa Gesetzgebungen in Sachen Kryptogeld anstünden, könne sich Coinbase politisch positionieren. Dass manche Angestellte nun kündigen könnten, nehme Armstrong in Kauf: "Das Leben ist zu kurz, um für eine Firma zu arbeiten, die man nicht aufregend findet."

Und wie der Fachdienst The Block berichtet, biete Armstrong allen Mitarbeitern, die das nicht mittragen wollen, in einer internen Mail ein Abfindungspaket an. Unter anderem mit der Zahlung von 4 bis 6 Monatslöhnen, je nach Länge der Betriebszugehörigkeit.

Die Reaktionen auf Armstrong Initiative liegen US-Medien zufolge zwischen Applaus und Vorwürfen etwa naiven Wunschdenkens oder von Kaltherzigkeit. Wie The Verge anmerkt, hatte Armstrong wohl schon mit Aktivismus im Unternehmen zu kämpfen. Im Juni hätten demnach zahlreiche Entwickler aus Protest darüber, dass er sich nicht solidarisch mit der Black-Lives-Matter-Bewegung erklären wollte, ihren Arbeitsplatz demonstrativ verlassen.

Andererseits könnte Armstrongs Rechnung auch aufgehen: Denn gerade in der Kryptogeldszene neigen viele Leute eher zu einer libertären Weltsicht. Das umfasst Ablehnung des Staates, die Bejahung von Marktkräften und ein fast absolutistisches Verständnis von Meinungsfreiheit. Aktivismus, der zum Beispiel staatliche Leistungen für marginalisierte Minderheiten einfordert oder sich um politisch korrekte und inklusive Rede bemüht, passt nicht so recht zu dieser Sichtweise. Coinbase könnte also gerade bei Libertären punkten.

[UPDATE, 1.10.2020, 21:15]

Unzutreffender Passus korrigiert, dass Coinbase nicht in Deutschland aktiv ist.

(axk)