Adobe Creative Cloud: weniger Klicken, mehr KI

Maschinelles Lernen soll Nutzern der Adobe Creative Cloud Routineaufgaben abnehmen. Mehr KI gibt es für Photoshop, Illustrator, Premiere Pro und After Effects.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 6 Kommentare lesen
Adobe Creative Cloud: weniger stumpfes Klicken, mehr KI
Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die Hausmesse Adobe Max findet dieses Jahr vom 20. Bis 22. Oktober virtuell statt – und kostenlos. Wer Interesse hat, kann sich bei Adobe registrieren. In ihrem Rahmen stellt Adobe unter anderem Updates für seine Profiprodukte vor.

Das Herbstupdate 2020 der Creative Cloud setzt den Fokus auf Funktionen mit künstlicher Intelligenz, die professionellen Anwendern Routineaufgaben abnehmen sollen. Alle Werkzeuge, die maschinelles Lernen zur Grundlage haben, fasst Adobe unter dem Namen Adobe Sensei zusammen. In der Regel läuft die KI auf einem Server. Die betreffende Creative-Cloud- oder Mobil-App verschickt Daten zur Analyse dorthin.

Photoshop nutzt Sensei bereits, um Objekte mit einem Klick freizustellen sowie zum inhaltssensitiven Füllen von Bildbereichen mit Textur aus der Umgebung und zur Gesichtserkennung im Porträtarbeitsbereich. Diese Arbeitsbereiche hat Adobe deutlich erweitert. Künstliche Intelligenz hält nun außerdem in Illustrator, Premiere Pro und After Effects Einzug. Lightroom CC und Lightroom Classic CC erhalten eine Colorgrading-Palette, die das Teiltonung-Werkzeug ersetzt. Lightroom CC nutzt Sensei, um Fotos automatisch Stichwörter zuzuweisen.

Ein neuer Dialog namens "Neural Filter" versammelt in Photoshop CC Werkzeuge, die Adobe Sensei nutzen, um Bilder zu bearbeiten. Sie lassen beispielsweise Menschen auf Porträtfotos altern. Mit Schiebereglern kann man den Schopf von vollem Haar bis ganz kahl sowie die Richtung der Haare einstellen. Weitere Regler ändern den Ausdruck, beispielsweise in Überraschung, Wut oder Freude. Auch die Ausrichtung des Gesichts lässt sich bis zu einem gewissen Grad wählen. Adobe erstellt ein Pseudo-3D-Objekt des Kopfs, das die Richtung ändern kann, um die Position von Porträts zu optimieren.

Die Neural Filter in Photoshop CC glätten die Haut und ändern sogar die Blickrichtung oder den Gesichtsausdruck eines Porträts.

Ein neuer Dialog tauscht den Himmel in Bildern aus und passt dabei die Farbstimmung und Lichtverhältnisse an. Der Filter "Sky Replacement" stellt verschiedene Hintergründe zur Verfügung. Photoshop CC trennt bei Aufruf des Werkzeugs automatisch das Motiv vom Hintergrund und erzeugt nach Klick auf eines der vorgegebenen Hintergrundfotos eine Vorschau im Hauptfenster der Anwendung. Der Farbtemperaturregler ändert auf Wunsch die Stimmung des Hintergrundbilds. Auch unabhängig dieses Werkzeugs können die Neural Filter Farbstimmungen und Bildstile anderer Fotos auf ein Bild übertragen.

Der Photoshop-Dialog Sky Replacement passt automatisch die Licht- und Farbstimmung an den ausgetauschten Himmel an.

Weitere Filter sind in Arbeit, die bisher nur Betastatus haben. Dazu gehören Funktionen zum Skalieren, zur Reduktion von Bildrauschen, zur Minderung von Kompressionsartefakten, zur Retusche von Staub und Kratzern und zu künstlerischer Umsetzung beispielsweise in Zeichnungen oder Karikaturen. Ein experimenteller Filter färbt Schwarz-Weiß-Fotos ein.

In der Cloud gespeicherte Dokumente werden künftig versioniert, sodass man zu früheren Bearbeitungsständen zurückkehren kann. Die Versions-Historie von Photoshop zeigt in Zukunft das Datum und Uhrzeit jeder gespeicherten Version.

Das Videoschnittprogramm Premiere Pro bekommt künftig eine Textpalette, über die das Programm automatische Transkriptionen auf Grundlage der Tonspur eines Videos erzeugt, die sich als Untertitel nutzen lassen. Aktuell hat diese Funktion noch Betastatus. Ein Dialog fragt dabei die Anzahl der Sprecher und die gesprochene Sprache ab. Neben Englisch stehen Deutsch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Japanisch und Mandarin sowie bis zu vier Sprecher zur Wahl.

Den Audiotrack schickt Premiere Pro zur Analyse an einen Adobe-Server. Nach Transkription erzeugt das Programm eine Caption-Spur, die man mit den Textwerkzeugen von Premiere Pro weiterbearbeiten kann. Dazu gehören Optionen zur Wahl von Adobe Fonts, Größe, Position, Ausrichtung und Zonenpositionierung beispielsweise im oberen linken Drittel oder mittig rechts. In der Caption-Palette zeigt das Programm ein Transkript mit Timecodes der erzeugten Untertitel.

Künstliche Intelligenz erzeugt in Premiere Pro künftig automatisch Untertitel aus der Audiospur.

Eine Kernaufgabe von After Effects ist das Tracking markierter Objekte, beispielsweise um die Gesichter von Personen im Video unkenntlich zu machen. Das neue Werkzeug "Rotobrush 2" nutzt künstliche Intelligenz, um die Objektverfolgung zur verbessern. Offenbar setzt Adobe hier Filter ein, die auch beim automatischen Freistellen von Haaren und ähnlichen Details zum Einsatz kommen. Mit dem Roto-Pinsel kann man die Kante einer Maske im Standbild verfeinern, die After Effects anschließend für das Tracking über das gesamte Video nutzt. Bisher befindet sich Rotobrush 2 im Betastadium. Über ein Dropdownmenü kann man zwischen Version 1 und 2 wählen.

Rotobrush 2 nutzt in After Effects CC maschinelles Lernen um Motive sauber vom Hintergrund zu trennen.

Bereits vorgestellt wurden erweiterte 3D-Funktionen: Motion-Designer können mit After Effects künftig 3D-Illustrationen bearbeiten. Ein 3D Gizmo zur Kameranavigation erleichtert deren Positionierung. Außerdem kann man darüber Objekte skalieren, rotieren und positionieren.

Das Zeichenprogramm Illustrator kann Illustrationen nun mithilfe künstlicher Intelligenz umfärben. Adobe XD, ein Programm zum Entwurf grafischer Benutzeroberflächen, transformiert zweidimensionale Grafiken in eine Art perspektivisch gekippte 3D-Postkarten. Auch diese Funktion nutzt laut Adobe das Sensei-Framework. Adobe Character Animator haucht über Live-Motion-Capture von einer Webcam grafischen Charakteren Leben ein. Die Option "Speech-aware-Animation" erzeugt Mund-, Kopf- und Körperanimation automatisch auf Grundlage einer Audiodatei.

Character Animator animiert Körper und Mund von Figuren automatisch anhand einer Audiodatei.

Die genannten Programme stehen für Windows und macOS zur Verfügung. Ein Abo der Creative Cloud mit der Kreativsoftware für Profis von Adobe kostet 57,99 Euro im Monat. 100 GByte Cloud-Speicher für den Austausch beispielsweise über die Creative-Cloud-Bibliotheken sind enthalten. (akr)