Microsoft von AOL verklagt

Die Netscape-Muttergesellschaft AOL hat eine Klage gegen Microsoft eingereicht, den größten Konkurrenten im Internetmarkt.

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Von
  • Florian Rötzer

Die Netscape-Mutterfirma AOL hat am gestrigen Dienstag eine Klage gegen Microsoft eingereicht. Dabei geht es um Schäden, die der Redmonder Softwarekonzern dem langjährigen Konkurrenten durch die Bündelung von Windows mit dem hauseigenen Internet Explorer während des "Browserkrieges" Mitte der neunziger Jahre zufügte. Die Höhe des Schadenersatzes, den Netscape verlangt, wird nicht beziffert -- der Schadenersatz soll im Laufe des Verfahrens festgelegt werden. Das Wall Street Journal berichtet unter Berufung auf AOL-Anwälte über eine mögliche Summe von 11 Milliarden US-Dollar. Außerdem soll Microsoft gerichtlich gezwungen werden, den Wettbewerb im Browser-Markt wiederherzustellen.

Netscape beruft sich in der Klage auf das Anti-Trust-Verfahren des US-Justizministeriums gegen den Software-Giganten: Im Zentrum dieses 1998 gestarteten Gerichtsdramas stand die Integration des Netzbrowsers von Microsoft in das Betriebssystem Windows 95. Der Konzern wurde schuldig gesprochen, seine Monopolstellung im Betriebssystembereich missbraucht zu haben, um gegenüber Netscape den Internet Explorer durchzusetzen. Microsoft legte Revision ein und verhinderte damit zumindest die im Juni 2000 angeordnete Firmenzerschlagung. Aber auch die sieben Berufungsrichter sprachen den weltgrößten Softwarekonzern der Verletzung von acht einzelnen Antitrust-Bestimmungen für schuldig.

Auf den beiden Gerichtsentscheidungen baut die Firma Netscape, die AOL 1999 für rund 10 Milliarden US-Dollar in Aktien aufkaufte, ihre 20-seitige Klageschrift gegen Microsoft auf. Der Chefjurist des sich nach dem Aufkauf von Time Warner zum Internet- und Medien-Powerhouse wandelnden Konzerns, Randall Boe, bezeichnete den Fall in einer Mitteilung als eine "logische Erweiterung" der Richtersprüche. In dem anstehenden Schadenersatzprozess wird Netscape folgerichtig argumentieren, dass wesentliche Tatsachen bereits gerichtlich festgestellt sind.

US-Rechtsprofessoren messen dem Streitfall von Beginn an höchste Priorität bei. Die von AOL angestrebte Entscheidung "könnte die Gestalt des Hightech-Markts und die Wettbewerbsnatur entscheidend verändern", sagte Bob Lande von der Baltimore Law School dem Internetdienst Cnet. Der Ausgang des Streitfalls sei anders als bei den restlichen, in die Hunderte gehenden Privatklagen gegen Microsoft von "höchstem öffentlichen Interesse." (Stefan Krempl) /

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