Facebook-KI soll Corona-Verbreitung voraussagen

Das soziale Netzwerk arbeitet mit öffentlichen Datensätzen, um mit neuen Modellierungstechniken Ausbrüche des Virus regional zu prognostizieren.

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Facebook gibt Nutzern auch die Möglichkeit, Wahlwerbung und als Anzeigen verbreitete politische Botschaften komplett aus ihren Newsfeeds herauszuhalten.

(Bild: dpa, Richard Drew/AP/dpa)

Lesezeit: 3 Min.

Wie schwer es ist, Vorhersagen über ein neuartiges Virus zu treffen, haben die letzten Monate gezeigt. Facebook arbeitet in Kooperation mit internationalen Forschungspartnern nun an neuen Algorithmen, die das Corona-Infektionsgeschehen auf Basis von vergleichenden Datensätzen lokal prognostizieren soll. In einem Anfang des Monats publizierten Paper stellt der Konzern dar, wie die Ausbreitung von SARS-CoV-2 auf Bezirksebene in den Vereinigten Staaten für Zeiträume von 14 Tagen vorhergesagt werden kann.

Um die Zuverlässigkeit der Prognosen zu verbessern, hat das Facebook-KI-Team eine neue Methode entwickelt, die sich im Vergleich zu standardisierten Modellen als besonders aussagekräftig erweisen soll: Bei dem Algorithmus werden lokale Faktoren (darunter Demografie, Eindämmungmaßnahmen und Bevölkerungsmobilität) getrennt ausgewertet von krankheitsbedingten, gesundheitlichen Aspekten, die die Ausbreitung beeinflussen.

Die Methode kombiniert rückgekoppelte neuronale Netzwerke (RNNs) mit einem sogenannten vektorautoregressiven Modell (VAR). Das System wird anhand von Timeline-Daten trainiert, darunter Informationen wie zum Beispiel die Namen des betroffenen Bezirks sowie Daten und Anzahl der bestätigten Fälle. So werden Relationen zwischen ähnlichen Regionen hergestellt.

"Da allen betroffenen Regionen derselbe Prozess zugrunde liegt, gehen wir davon aus, dass wir statistische Klarheiten zwischen Regionen austauschen können und Informationen über die Ausbreitung in "Region i" uns helfen können, die Ausbreitung in "Region j" vorherzusagen, sobald zeit- und ortsabhängige Dynamiken berücksichtigt wurden", heißt es in dem Paper von Facebooks KI-Forschungsteam. Der stark datenbasierte Ansatz arbeitet mit geringeren Modellannahmen und könnte bestehende Modelle prognosestark ergänzen.

Das System arbeitet mit öffentlich zugänglichen Daten über Anwendungen, die von Facebook entwickelt wurden, darunter Umfragen zu Symptomen und Bewegungskarten. Die Prognosen sollen Gesundheitsbehörden und Krankenhäusern frühzeitig Informationen liefern, sodass Ausbrüche schneller erkannt und Ressourcen wie medizinisches Equipment smart verteilt werden können.

Auch in Europa soll das neue Prognosesystem genutzt werden. Hierfür arbeitet Facebook unter anderem mit der Universität Politècnica de Catalunya (UPC) zusammen, die regelmäßig die Virusausbreitung analysiert, prognostiziert und der Europäischen Kommission Bericht erstattet. Auch in Österreich kooperiert der Social-Media-Riese mit Experten und nutzt öffentlich zugängliche Daten, um lokalisierte Prognosemodelle zu trainieren. Das Forschungsteam erhofft sich darüber fundiertere Einsichten zur Entwicklung globaler Corona-Hotspots.

Bei dem Projekt handelt sich um eine von mehreren KI-basierten Entwicklungen, mit denen Facebook hofft, die Pandemie bekämpfen zu helfen. Andere Beispiele sind ein "Matching"-Algorithmus, der hilfsbedürftige Nutzer schnell und regional mit hilfswilligen Nutzern zusammenbringt (zum Beispiel für die Besorgung von Lebensmitteln), und die Übersetzungs-Initiative "TICO-19", die virusrelevante, fachspezifische Informationen in Sprachen ressourcenschwacher Länder übersetzt und dabei Wörterbücher als präzise Referenzwerkzeuge schafft.

(bsc)