Amazon Sidewalk: Verwirrung um Nachbarschaftsnetze

Amazon hat kürzlich irritierende Mails verschickt, nach denen installlierte Amazon-Geräte ein "Shared Network" über Grundstückgrenzen hinweg aufspannen sollen.

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(Bild: Amazon)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

Amazon will wie 2019 angekündigt sein kostenloses Sidewalk-Netzwerk noch "im Laufe dieses Jahres" starten. Sidewalk soll abgelegene Amazon-Geräte auch bei ausgefallener oder unzureichender WLAN-Verbindung über "installierte Echo-Gateways" ins Internet bringen. Das teilte der Konzern auch Nutzern in Deutschland mit, was einige Irritationen unter den Empfängern hervorrief. Vor allem die Tatsache, dass die Geräte an fremde Echo-Gateways ankoppeln können, um ins Internet zu gelangen, macht manche Amazon-Kunden stutzig. Sie fragen sich, ob und wie der Datenschutz eingehalten wird.

Jedoch drang von der Sidewalk-Spezifikation bisher nur wenig an die Öffentlichkeit. Laut dem Hersteller knapsen Echo-Geräte einen Teil der Anschlusskapazität ab, um fremde Sidewalk-fähige Geräte ins Internet zu bringen, wenn diese von ihrem üblichen Anschluss getrennt sind oder wenn sie per WLAN nicht erreichbar sind; deshalb bezeichnet Amazon diese Architektur als Nachbarschaftsnetz. Außerdem soll man den per Sidewalk vermittelten Internetzugang nutzen können, um neue Echo-Geräte schneller am hauseigenen WLAN einrichten zu können.

Anders als vielleicht gedacht, bezeichnet Sidewalk keine einzelne Funktechnik. Genau besehen zieht Amazon für Sidewalk sogar drei Kaninchen aus einem Hut: Gateways bieten als Übertragungsmedium (Physical Layer, PHY) im 2,4-GHz-Band Bluetooth Low Energy (BLE) und zusätzlich im lizenzfreien 900-MHz-Funkband entweder LoRaWAN oder eine proprietäre FSK-Methode (Frequency-Shift Keying).

Die Clients – Amazon nennt sie Sidewalk Endpoints – picken sich dann je nach Ausstattung und Signalgüte einen von diesen drei Funkwegen heraus, um über das Gateway mit dem Sidewalk Network Server zu kommunizieren. Als Gateways (auch Bridges genannt) können nicht nur die intelligenten Echo-Lautsprecher arbeiten, sondern auch Geräte wie die Ring Floodlight Cam.

Amazon versichert, dass der Datenschutz gewährleistet sei; die übertragenen Daten seien per Verschlüsselung geschützt ( Amazon Sidewalk Privacy and Security Whitepaper ). Da der Dienst vorerst nur in den USA laufen soll, müssen sich hiesige Nutzer zumindest aktuell nicht rühren. Allerdings hatte Amazon zunächst den gegenteiligen Eindruck erweckt, weil der Konzern irrtümlich auch Nutzer in Deutschland angeschrieben hatte.

Zu beachten ist, dass Sidewalk auf den Gateways in den USA anscheinend von Amazon selbst aktiviert wird. Wer den Dienst an seinem Internetanschluss nicht duldet, muss ihn explizit in den Kontoeinstellungen deaktivieren. Das Sidewalk-Konzept klingt jedoch durchdacht und die Datenrate, die unter Umständen abgezwackt wird, erscheint vertretbar. Maximal knapst Sidewalk 80 KBit/s für sich ab, die monatliche Obergrenze pro Konto beträgt 500 Megabyte. Spätestens an diesen Eckdaten wird klar: Bei Sidewalk handelt es sich um ein Schmalband-Netzwerk für das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT).

Entsprechend gehören zu den Sidewalk Endpoints smarte Geräte und Sensoren, deren Status sich aus der Ferne abfragen lassen. Amazon schreibt dazu: "Mit Sidewalk können Sie zum Beispiel weiterhin Bewegungsalarme von Ihren Überwachungskameras empfangen, selbst wenn Ihr WLAN ausfällt. Oder wenn Ihr WLAN Ihre Smart Lights am Rand Ihrer Einfahrt nicht erreicht, kann Sidewalk ihnen helfen, in Verbindung zu bleiben."

Zu Amazons Lieferprogramm gehören aber auch Haustier- und Objekttracker. Die Tracker-Sparte hatte sich Amazon 2018 durch die Übernahme der US-Firma Ring einverleibt; Ring wiederum kaufte die Tracker 2017 bei der Übernahme von Iotera ein. Die Tracker sollen erst später eingebunden werden.

Die Liste der Geräte, die per Sidewalk ansprechbar sind, sieht aber dennoch schon recht umfangreich aus:

  • Ring Floodlight Cam (2019)
  • Ring Spotlight Cam Wired (2019)
  • Ring Spotlight Cam Mount (2019)
  • Echo (2nd Gen)
  • Echo (3rd Gen)
  • Echo (4th Gen)
  • Echo Dot (2nd Gen)
  • Echo Dot (3rd Gen)
  • Echo Dot (4th Gen)
  • Echo Dot (2nd Gen) for Kids
  • Echo Dot (3rd Gen) for Kids
  • Echo Dot (4th Gen) for Kids
  • Echo Dot with Clock (3rd Gen)
  • Echo Dot with Clock (4th Gen)
  • Echo Plus (1st Gen)
  • Echo Plus (2nd Gen)
  • Echo Show (1st Gen)
  • Echo Show (2nd Gen)
  • Echo Show 5
  • Echo Show 8
  • Echo Show 10
  • Echo Spot
  • Echo Studio

Ab Ende des Jahres will auch die Firma Tile die Sidewalk-Technik mitnutzen. Tile entwickelt kleine Funkbojen, die man etwa an Schlüssel, Brieftaschen oder Rucksäcke anheftet, um sie bei Verlust lokalisieren zu können.

(dz)