Lieferknappheit: Viele Faktoren steigern 2021 Hardware-Preise

Wenige Flugzeuge und hohe Nachfrage lasten internationale Speditionen aus, zudem rüsten Rechenzentren auf und LCD-Zulieferer Sharp plagen Vertragsdispute.

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(Bild: c't)

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Steigende Preise und leere Lager: PC-Hersteller warnen vor ausgelasteten Frachtunternehmen, welche die Hardware aus meist asiatischen Ländern in den weltweiten Handel bringen. Schon heute ist die Auslastung hoch, was zu verdoppelten bis dreifachen Transportkosten im Zwischenhandel führt, wie heise online von verschiedenen Quellen vernommen hat.

Ein Teil der Luftfracht nutzt überschüssigen Platz in Passagiermaschinen, doch wegen der Coronavirus-Pandemie hat der Luftverkehr stark abgenommen. Folglich können Hersteller weniger Platz buchen. Das wirkt sich auch auf die Verfrachtung per Schiff aus, die in den vergangenen Monaten teurer geworden ist.

Die Webseite The Register fasst PC-Herstellerstimmen unter anderem von Dell zusammen, laut denen sich die Liefersituation ab Anfang 2021 zuspitzen könnte, sofern Gesundheitsbehörden Corona-Impfstoffe zulassen. Dann beginnt die weltweite Verteilung dieser Impfstoffe ebenfalls mit Flugzeugen.

Allerdings gibt es noch weitere Faktoren, die zu steigenden Hardware-Preisen führen könnten. Der taiwanische Branchendienst Digitimes und der Marktbeobachter DRAM Exchange sind sich einig, dass Hyperscaler wie Amazon, Google und Microsoft ihre Rechenzentren 2021 weiter aufrüsten werden, um die steigende Nachfrage nach Cloud-Diensten zu befriedigen. Zum einen benötigen sie Speicher, zum anderen könnten neue Prozessoren von AMD (Epyc 7003, Milan) und Intel (dritte Xeon-SP-Generation, Ice Lake-SP mit PCIe 4.0) Fertigungskapazitäten blockieren.

Falls die Hyperscaler 2021 tatsächlich besonders viele neue Server einkaufen, könnte es ab der Jahresmitte auch zu Preissteigerungen bei DRAM-Speicherchips kommen.

[Update, 2.12.20, 15:15 Uhr:] Insbesondere bei Prozessoren und Grafikkarten spielt auch eine Knappheit von CPU- und GPU-Trägern in mögliche Lieferprobleme hinein. AMD, Intel und Nvidia setzen die Siliziumchips auf Substrate, bevor diese auf einer Platine verlötet beziehungsweise in eine CPU-Fassung gesetzt werden.

Die Lagen eines CPU-Trägers.

(Bild: c't)

Für solche Träger hat die japanische Firma Ajinomoto angepasste Isolierfolien entwickelt, die als „Ajinomoto Build-up-Film“ (ABF) lagenweise auf eine Basisplatine auflaminiert sind. Schon zum Jahresanfang deutete sich eine Knappheit an, laut einem Bericht der Digitimes vom September 2020 hat sich die Lage weiter zugespitzt. Demnach kommt vor allem AMD nicht an genügend Träger, da Intel und Nvidia bevorzugt behandelt würden. [/Update]

DRAM Exchange schätzt, dass Chipauftragsfertiger 2020 etwa 24 Prozent mehr Umsatz erzielen als 2019 – das wäre die höchste Steigerung in den vergangenen 10 Jahren. Moderne Fertigungsprozesse mit Strukturen von 10 Nanometern und feiner sollen sowohl bei TSMC als auch bei Samsung nahezu ausgebucht sein. Die Nachfrage an Belichtungsmaschinen mit extrem-ultravioletter (EUV-)Wellenlänge übersteigt die Kapazitäten von Zulieferer ASML, der als einziger solche Geräte für Prozesse ab 7 nm baut.

Knappheit herrscht allerdings auch bei älteren Fertigungsprozessen, etwa im Falle von 28-nm-Technik, mit der Hersteller beispielsweise WLAN-Chips oder Power Management ICs (PMIC) produzieren lassen. Dort kommen häufig noch die kleineren 200-Millimeter-Siliziumscheiben zum Einsatz, von denen aber laut DRAM Exchange zugunsten lukrativerer 300-mm-Wafer weniger hergestellt werden.

Smartphone-Hersteller nutzen derweil den Handelskrieg zwischen China und den USA, um ihre Marktanteile zu vergrößern: Branchenriese Huawei wird von den USA abgeschnitten, sodass der Hersteller kaum noch eigene Smartphones produzieren kann. Entsprechend fahren Konkurrenten wie Xiaomi, Oppo und Vivo ihre Produktion hoch.

Die Coronavirus-Pandemie sorgte das Jahr über für eine hohe Nachfrage an Notebooks. PC-Hersteller klagen über Komponentenmangel, der etwa Displays betrifft. Laut Digitimes herrschen zwischen Sharp Display Products Corp. und Corning Vertragsstreitigkeiten, was sich negativ auf die Panel-Produktion der Sharp-Tochter auswirkt. Deren Displays stecken in vielen Notebooks. Zudem sollen dieses Jahr einige chinesische Kleinzulieferer pleite gegangen sein, die spezialisierte Teile gefertigt haben – für solche müssen Hersteller erst einmal Ersatz finden.

(mma)