Sofortbildkamera Polaroid Now im Test: Klassiker-Spross mit Doppelbelichtung

Einfach nur Polaroid: Mit der Now kehrt der alte Markenname zurück. Das Design ist ebenfalls von gestern. Dennoch wirkt die Sofortbildkamera nicht altbacken.

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Die Polaroid Now ist eine sehr schicke Sofortbildkamera. So makellos wie ihr Design, ist ihre Arbeit allerdings nicht.

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Die Haptik ist Marke Plastikbomber, die Ergonomie eine Katastrophe. Aber, man kann es nicht anders schreiben: Die Polaroid Now ist einfach aus der Zeit gefallen schön. Mit so einer Kamera lässt man sich gerne fotografieren, da ist es gar nicht so wichtig, wie das Ergebnis am Ende aussieht. Die Polaroid Now ist eine aktuelle Sofortbildkamera, ihr optisches Vorbild findet sie in der Polaroid OneStep von 1977 – inklusive Regenbogenfarben.

Die Polaroid Now ist sehr farbenfroh. Unser Testmodell war rot; blaue, gelbe, grüne, schwarze oder ganz weiße Varianten sind auch erhältlich. Die unverbindliche Preisempfehlung der Kamera selbst liegt bei 130 Euro, man findet sie aber auch schon günstiger. Im Bundle mit 2 Filmkassetten gibt es die Now für etwa 140 Euro.

Bei der Now handelt es sich um ein Modell mit besonders einfacher Handhabung ähnlich der Fujifilm Instax SQ1. Bluetooth oder WLAN besitzt sie nicht, weshalb sie sich auch nicht wie die Schwester OneStep+ aus dem Jahr 2018 mit dem Smartphone koppeln lässt.

Die technischen Daten sind schnell abgesteckt: Die knapp 450 Gramm schwere Kamera arbeitet mit Polaroid i-Type- oder 600-Filmen. Diese haben das typische quadratische Polaroid-Format mit einem Bildbereich von knapp acht mal acht Zentimetern. In einer Filmkassette sind acht Aufnahmen. Die Preise pro Foto schwanken recht stark, je nachdem für was für eine Ausführung und Packungsgröße man sich entscheidet: mit klassisch weißem Rahmen, mit Camouflage-Rahmen, blauem Rahmen, goldenen Rahmen, für Schwarz-Weiß-Bilder, mit Fehlfarben… Mit etwa 1,60 Euro muss man mindestens rechnen. Die etwas kleineren Instax-Square-Filme von Fujifilm liegen pro Bild bei etwa einem Euro.

Die Polaroid Now besitzt einen integrierten Lithium-Ionen-Akku, der via Micro-USB geladen wird. Polaroid liefert das passende Kabel mit, ein Netzstecker gehört allerdings nicht zum Lieferumfang. Den muss man sich im Zweifelsfall vom Smartphone borgen. Und da viele aktuelle Modelle bereits mit USB-C-Steckern arbeiten, wird das Stecker-Archiv zur passenden Anlaufstelle. Den Ladestand zeigt die Now über eine kleine LED über dem USB-Anschluss an.

Geladen wird die Polaroid Now via USB.

Das Objektiv-System besteht aus Polycarbonat- und Acrylglas-Linsen und bietet zwei Brennweiten mit je unterschiedlichen Fix-Fokuszonen. Die feste Blende liegt bei lichtschwachen f/11. Für den Nahbereich – beispielsweise für Porträts – nutzt die Polaroid Now 35 Millimeter, scharf wird hier alles von 55 Zentimetern bis etwa 1,3 Meter. Das ist ein relativ großer Motivabstand, der in der Bildkomposition einschränkt, da man stets vergleichsweise viel Beiwerk mit einfängt. Kameras wie die Fujifilm SQ1 gehen hier mehr auf Tuchfühlung und haben einen Nahbereich (im Selfie-Modus) mit einer Fokusspanne von 30 bis 50 Zentimetern. Standardmäßig arbeitet die Polaroid Now mit einer 40-Millimeter-Brennweite und einer Fokusspanne von 0,6 Metern bis unendlich.

Polaroid spricht davon, dass die Now einen Autofokus besitzt. Gemeint ist allerdings, dass die Kamera selbst entscheidet, wann sie mit welcher Brennweite (und welchem Fokusbereich) arbeitet. Fotografen können darauf keinerlei Einfluss nehmen. Und das ist eine gewichtige Schwachstelle der Kamera. Erschwerend kommt hinzu, dass die Kamera ihre Brennweitenentscheidung auch nirgends anzeigt und man den Wechsel nur an einem kurzen Klicken erhören kann. Wenn man diesen Wechsel bewusst provozieren will, kann man den Auslöser halb durchdrücken und mit dem Abstand zum Motiv experimentieren – und eben zuhören.

Tatsächlich funktionierte das System in den meisten Fällen gut. Allerdings eben auch nicht immer. Und wenn man bedenkt, was jedes einzelne Bild kostet, tut jeder Fehlschuss weh. Doch nicht nur der "Autofokus" steht hier im Weg, die Polaroid Now ist eine Schönwetterkamera, die viel, viel, viel Licht braucht, um gute Bilder zu machen. Deshalb fotografiert sie standardmäßig mit Blitz. Und der ist nicht gerade von der Sorte "Feingeist", weshalb man seine Motive im Standardbereich oft einfach "tot" blitzt. Der typische Sofortbildlook eben. Im Nahbereich brennt er etwas schwächer ab. Hier geraten allerdings geblitzte Bilder zuweilen zu dunkel, wenn Gegenlicht im Spiel ist.

Einschalter, Blitztaste, Statusdisplay - die Bedienelemente der Now sind überschaubar.

Ganz ausgeliefert ist man dem allerdings nicht: Den standardmäßig eingestellten Blitz kann man über eine Taste auf der Rückseite ausschalten, wenn man sichergestellt hat, dass das Licht ansonsten stimmt. Wer die Blitz-Taste etwa eine Sekunde lang drückt, aktiviert außerdem eine Mini-Belichtungskorrektur. Die Bedienung ist frickelig und bedarf höchster Aufmerksamkeit. In dem kleinen runden Display, in dem normalerweise die Aufnahmen runterzählen, erscheint dann eine schmale Linie, die man mit kurzen Tipps auf die Blitztaste nach unten und oben verschieben kann – von -1/2 EV bis +1/2 EV. Ist die Korrektur erfolgreich eingestellt worden, zeigt das runde Display abwechselnd die Filmanzahl und die EV-Einstellungen. Naja, man kann damit keine Wunder vollbringen, sich aber einer ausgeglichenen Belichtung und einer etwas natürlicheren Bildanmutung annähern.

Auch die Selbstauslösertaste (9 Sekunden) hat eine Doppelfunktion. Wer sie zweimal kurz hintereinander drückt, startet eine Doppelbelichtung. Das rückseitige Mini-Display zeigt hier dann blinkend an, dass es losgehen kann und nach der zweiten Belichtung spuckt die Kamera das Bild aus.

Dann ist es egal, ob man wie verrückt wedelt oder das Sofortbild geduldig anstarrt. Bis das Foto fertig ist, dauert es etwa zehn Minuten, wobei man nach etwa 5 Minuten immerhin schon grob beurteilen kann, ob der Schuss danebengegangen ist oder nicht. Sofort ist eben relativ.

Polaroid Now: Beispielbilder (8 Bilder)

Sofern sie sich nicht zu schnell bewegen, sind Haustiere ein prima Motiv für die Sofortbildfotografie, wäre da nicht Blitz. Diese Katze macht alles richtig, sie bleibt still sitzen und schaut nicht in die Kamera.

Die Polaroid Now ist eine Sofortbildkamera mit Gute-Laune-Design. Die Bedienung ist einfach, aber nicht unbedingt intuitiv. Ein kurzer Blick ins Handbuch schadet daher nicht. Die Einstellmöglichkeiten sind etwas komplexer als beispielsweise bei einer Instax SQ1, so lädt die Doppelbelichtungsfunktion zum kreativen Spiel ein. Und das schont auch den Geldbeutel, denn so bekommt man zwei Belichtungen auf ein Foto. Mit etwa 1,60 Euro sind die Einzelbilder kein Schnäppchen, wer bunte Rahmenfarben oder Sondereditionen nutzen möchte, muss sogar noch tiefer in die Tasche greifen. Alternativen sind am Markt reichlich vorhanden, sowohl von Polaroid als auch von Fujifilm. Wer etwas Ausgefalleneres sucht, schaut bei Lomography.

Eine mögliche Alternative sind zudem Mini-Fotodrucker wie der Canon Selphy Square QX10. Der druckt beispielsweise Bilder vom Smartphone im Polaroid-Design mit weißem Rahmen. Hier liegen die Kosten pro Druck bei etwa 80 Cent und deutlich höherer Bildqualität. Außerdem kann man die Bilder freier gestalten, Kollagen basteln, Schrift einsetzen, mit Filtern versehen – nicht zuletzt ist jedes Bild auch ein Aufkleber.

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