Timeboxing

Auch Zeit will geplant und organisiert sein, um sie möglichst effektiv nutzen zu können. Wie das gehen kann, erfahrt ihr in diesem Beitrag zur Methode des Timeboxing.

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Von
  • Michael Keller
Inhaltsverzeichnis

Auch Zeit will geplant und organisiert sein, um sie möglichst effektiv nutzen zu können. Wie das gehen kann, erfahrt ihr in diesem Beitrag zur Methode des Timeboxing.

Irgendwann in meinem Leben habe ich den folgenden Satz gelesen: „Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht“. Dieser Satz stammt von dem britischen Soziologen C. Northcote Parkinson und wird allgemein als das bekannteste Parkinsonsche Gesetz angesehen.

Ursprünglich wollte Parkinson damit im Jahr 1955 auf die steigende Bürokratie in der Verwaltung seines Heimatlandes hinweisen. Was würde dieser Mann wohl heute zu unserer modernen Bürokratie sagen? Naja, vielleicht wäre er sprachlos. Manchmal fehlen einem die Worte, um etwas zu beschreiben. Schlicht weil die passenden Worte noch nicht erfunden sind.

Auf jeden Fall habe ich in meinem Arbeitsleben die Erfahrung gemacht, dass sich dieses Gesetz in überraschend vielen Situationen bestätigt. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn die Entwicklerinnen und Entwicklern zur Verfügung stehende Zeit nicht unglaublich volatil wäre. Zu viele Einflussfaktoren spielen eine Rolle. Deswegen sollte man nie von einem Übermaß an zur Verfügung stehender Zeit für eine Aufgabe ausgehen. Sollte es doch mal so sein, hat man eventuell einen Feiertag übersehen und sollte sich seiner Freizeit statt der Arbeit widmen ...

Glücklicherweise habe ich vor einigen Jahren von einer Methode zur effektiven Zeitnutzung gelesen: Timeboxing. Genau diese Methode wirkt meiner Erfahrung nach der voran beschriebenen Gesetzmäßigkeit entgegen. Man könnte also glatt von einem "Gegenmittel" sprechen.

Worum geht es dabei? Nun, simpel und einfach ausgedrückt: Man definiert Zeitblöcke, in denen man eine Aufgabe bearbeitet. Der voran genannten Gesetzmäßigkeit setzt man also Grenzen und nimmt ihr den Spielraum.

In meinem letzten Blogbeitrag hatte ich von kurz- und langfristigen Aufgaben geschrieben. Um den Überblick zu behalten, hatte ich die Verwaltung der persönlichen Aufgaben in einer Liste vorgeschlagen. Die erlaubt es, sofern man einen Kalender zur Hand hat, für jede anstehende Aufgabe einen Zeitblock zu definieren.

In diesem Zeitblock wird die Aufgabe bearbeitet. Ich schreibe hier bewusst "bearbeitet". Eigentlich müsste ich das Wort "erledigen" verwenden. Meiner Erfahrung nach funktioniert das aber nicht immer. In solchen Situationen ist für mich wichtig, dass ich mit der Bearbeitung begonnen habe, aber auf ein unvorhersehbares Problem gestoßen bin, Maßnahmen zur Lösung eingeleitet und einen Folgezeitblock definiert habe. Das hilft schon ungemein.

Um Timeboxing im Entwickleralltag anzuwenden, ist wie immer etwas Planung und Organisation notwendig. Das sind die grundlegenden "Zutaten". So wie bei vielen schmackhaften Gerichten Olivenöl und Knoblauch die Grundlage bilden.

Wie man an die Liste seiner Aufgaben kommt, habe ich ja bereits beschrieben. Dass diese Liste nach Prioritäten sortiert ist, kommt uns entgegen. Im nächsten Schritt muss man überlegen, wie viel Zeit man für eine Aufgabe benötigt. Keine Sorge, das Schätzen dieser Zeit ist weder eine exakte Geheimwissenschaft noch eine übersinnliche Fähigkeit. Erfahrung hilft aber. Wie so oft im Leben. Dann benötigt man einen passenden Zeitblock in seinem Kalender. Das war's. Fast. Aber darauf kommen wir gleich zurück.

An dieser Stelle will ich zunächst über einige Details und Feinheiten sprechen. Seit geraumer Zeit arbeite ich in meinem Kalender mit genau zwei Farben. Das sind Orange und Rot. Mit Orange markiere ich Zeitblöcke, die ich absagen oder verschieben kann. Rot markierte Zeitblöcke sind fix. Da ist schon höhere Gewalt notwendig, dass ich mich in dem Zeitraum nicht der geplanten Aufgabe widme.

Vom Zeitpunkt der Planung ist bei mir übrigens alles möglich. Viele Aufgaben werden am Vortag geplant und am Folgetag bearbeitet. Aufgrund des sehr kurzen Planungshorizonts sind Störungen weniger wahrscheinlich. Ich setze mir aber durchaus auch während eines Telefonats oder einer persönlichen Besprechung einen Zeitblock direkt in den Kalender und teile das meinem Gesprächspartner mit. Das schafft Vertrauen, dass ich sein Anliegen ernst nehme und macht für mein Gegenüber planbar, wann eine Rückmeldung frühestens zu erwarten ist.

Was übrigens auch große Aufmerksamkeit verdient: Die Zeiträume zwischen den Zeitblöcken. Damit ist nun nicht zum Beispiel eine Anreise zum Kunden via Bahn gemeint. Das ist mir einen eigenständigen Zeitblock wert. Ich meine damit viel eher wertvolle Lebenszeit wie Pausen. Zum Beispiel ein gemeinsames Mittagessen mit der Familie.

Obendrein sollte man nach Möglichkeit seinem eigenen Lebensrythmus folgen. Wer morgens besonders fit ist, kann sich der Kreativarbeit und am Nachmittag der Verwaltungsarbeit widmen. Aber aufgepasst: Wer beispielsweise über Zeitzonen hinweg zusammenarbeiten muss, sollte das natürlich berücksichtigen.

Es mag auch Tage geben, da arbeitet man besser gar nicht mit Timeboxing, sondern lässt den Tag mal auf sich zukommen. Das tut auch gut.

Kommen wir nun zur eigentlichen Herausforderung. Angekündigt hatte ich das ja schon vorher, dass da noch was ist. Also, man muss unglaublich viel Disziplin zur Anwendung des Timeboxing aufbringen.

Wer noch nicht gelernt hat, "Nein" zu sagen und versucht, in einem hoch dynamischen Umfeld seine persönlichen Aufgaben zu erledigen, der bekommt Probleme. Bezüglich des unterschätzten Wertes des Wortes "Nein" schreibe ich noch ein eigenständiges Blog. Um auf jeden Fall in einem Zeitblock effektiv zu arbeiten, ist schon mal das Ignorieren eines Telefonanrufs notwendig. Den Mailclient lässt man am besten auch zu und das private Smartphone sollte mindestens fünf Schritte vom Arbeitsplatz entfernt liegen. Denn den ignorierten Anruf und die eingegangenen E-Mails kann man später noch beantworten und auf das private Smartphone kann man während eines Kaffees schauen.

Da ich am Ende eines Arbeitstages meist den nächsten Arbeitstag im Detail plane, ist das auch ein guter Zeitpunkt für einen Tagesrückblick. Wie war meine Einschätzung? Welchen Zeitblock habe ich zu klein oder zu groß gewählt? Dem Freitagnachmittag kommt hier eine besondere Rolle zu, denn hier lohnt sich auch der Wochenrückblick und zumindest die grobe Planung der Folgewoche.

Aufgrund der erforderlichen Disziplin mag Timeboxing nicht für jedermann geeignet sein. Schließlich kostet Disziplin auch Kraft. Das sollte man nicht leugnen. Andererseits hat es mich schon viel mehr Kraft gekostet Ordnung ins Chaos zu bringen.

Zudem ergeben sich positive Nebeneffekte. Auf Rückfrage kann man jemanden sagen, wann man an einer bestimmten Aufgabe arbeitet oder was man für den nächsten Tag geplant hat.

Es gibt übrigens ein bekanntes Beispiel aus dem Alltag, das die positiven Effekte von Timeboxing veranschaulicht. Nehmen wir an, ein Gast kündigt sich überraschend zu Besuch an. Sagen wir in ca. zwei Stunden wird er eintreffen. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn die Wohnung nicht noch aufgeräumt werden müsste. Was in diesen zwei Stunden effektiv aufgeräumt wird, steht in keinem Vergleich zu einem kompletten Samstag, an dem man sich vorgenommen hat, endlich aufzuräumen.

In diesem Sinne, bleibt gesund und strukturiert
Euer Michael ()