Schallschluckende Pilze für mehr Ruhe im Büro

Zwei Fraunhofer Institute forschen an einem nachhaltigen Akustikabsorber, der aus Pilzmyzel besteht und mit einem 3D-Drucker hergestellt werden kann.

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(Bild: Fraunhofer UMSICHT)

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Als neuartiger Werkstoff werden nachwachsende Pilzgeflechte immer interessanter. Demnächst könnten sie auch dabei helfen, die Raumakustik zu verbessern und Geräusche zu dämpfen. Das dürfte nicht nur Toningenieure interessieren, denn die akustische Stressreduktion hat für viele Büros und Haushalte eine gesundheitsfördernde Wirkung.

Das Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) arbeitet an der Entwicklung eines auf Pilzen basierenden Materials, aus dem künftig Schallabsorber bestehen könnten. Anders als handelsüblicher Lärmschutz in Innenräumen, der häufig aus Mineralfasern und Kunststoffschäumen wie Melaminharzschaum hergestellt wird, wären diese aus pflanzlichen Substraten und Pilzmyzel nachhaltig und bei der Entsorgung unproblematisch. Das Projekt leitet Julia Krayer am Fraunhofer UMSICHT in Oberhausen in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP).

Das neue Material wäre nicht nur ressourcenschonend, sondern verspricht durch eine spezifisch steuerbare Porenstruktur einen hohen Absorptionsgrad gegenüber auftreffenden Schallwellen. Das Ursprungsmaterial ist laborgezüchtetes Pilzmyzel (die mikroskopisch kleinen fadenförmigen Zellen von Pilzen und Bakterien), das mit pflanzlichem Substrat vermischt wird – darunter Stroh, Holz, aber auch Abfälle aus der Lebensmittelproduktion. Die notwendige poröse Struktur schafft im nächsten Schritt ein 3D-Drucker.

Bei diesem Prozess "wird das gesamte Substrat von den Myzel-Fäden durchwachsen und bildet so eine feste Struktur", erklärt Forscherin Krayer. Diese Struktur soll es ermöglichen, dass die Absorber auch dünner werden können. Gleichzeitig werden die Zellwände in dem Stoff offen sein und nehmen Schallwellen in die vom Drucker eingelassenen Poren auf. Die 3D-Drucktechnik ermöglicht treffgenaue Anpassungen und Nachbesserungen bei der Entwicklung. Derzeit werden mehrere Prototypen des nachhaltigen Lärmschutzes entwickelt.

Die Umsetzung der Schallabsorber ist fortgeschritten, doch das Fraunhofer Institut forscht ebenfalls daran, Pilzgeflechte als Dämmaterial, Werkstoffe oder Kleidung zu entwickeln. Damit wären in Zukunft Gegenstände denkbar wie ein Sessel aus Pilzzellen, eine Hose oder ein Kaffeebecher aus ökologischem polymerartigem Material.

Julia Krayer räumt ein, dass derartige Baustellen bei allem begründeten Optimismus noch intensiverer Forschung bedürften. Ein Start-up aus den Niederlanden hat im vergangenen Jahr jedenfalls schon ein spannendes Produkt auf den Markt gebracht: einen Sarg aus trockenem Pilzgeflecht, der sich mit dem Leichnam zersetzt. Die Nachfrage soll groß sein.

(bsc)