Gesetz zum autonomen Fahren könnte scheitern – Verbände drängen auf Einigung

Das Verkehrs- und Justizministerium streiten um Zugriffe auf erhobene Daten durch Behörden durch das Gesetz. Der Druck wächst, dass eine Einigung gefunden wird.

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(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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Das eigentlich noch für diese Legislaturperiode geplante Gesetz zum autonomen Fahren könnte doch noch scheitern. Unstimmigkeiten zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem Bundesjustizministerium verzögern die Abstimmung, wie das Handelsblatt berichtete. Gestritten werde insbesondere darüber, ob erhobene Daten vom Kraftfahrt-Bundesamt an Sicherheitsbehörden durchgereicht werden könnten. Verbände und CDU-Politiker Hendrik Wüst fordern nun eine rasche Einigung.

Seit dem 21. Juni 2017 gilt in Deutschland bereits das Gesetz zum automatisierten Fahren, durch das Systeme der Autonomiestufe 3 Fahraufgaben unter bestimmten Voraussetzungen übernehmen dürfen. Noch in dieser Legislaturperiode sollte der Rechtsrahmen geschaffen werden, damit bundesweit auch autonome Kraftfahrzeuge der Stufe 4 (Vollautomatisiertes Fahren) fahren dürfen. Deutschland solle der erste Staat weltweit werden, der Fahrzeuge ohne Fahrer aus der Forschung in den Alltag holt, hatte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) betont.

Das Bundesjustizministerium verweigert laut Handelsblatt seine Zustimmung zu dem zuletzt vorgelegten Gesetzentwurf aus dem Verkehrsministerium vor allem, weil laut Entwurf Daten wie etwa Routen auf Anfrage über das Kraftfahrt-Bundesamt an den Verfassungsschutz oder das Bundeskriminalamt übermittelt werden können sollen.

Leserinnen und Lesern von heise online dürfte ein ähnlicher Streitfall aus einem anderen Zusammenhang bekannt sein: Auch als um den Datenschutz der Corona-Warnapp und andere Maßnahmen zum Corona-Tracing gestritten wurde, wurde durch Datenschutzbeauftragte angemahnt, dass die hierfür erhobenen Daten nicht an Sicherheitsbehörden weitergereicht werden dürften. Datensparsamkeit und Privacy by design wurden verlangt.

Das Justizministerium von Ministerin Christine Lambrecht (SPD) fordere grundsätzlich ein Mobilitätsdatengesetz. Dies solle festlegen, dass die Halter und Führer eines Fahrzeugs jederzeit über ihre Daten verfügen und bestimmen können – und auch wer darauf zugreifen darf. Hohe Datenschutzstandards bei Mobilitätsdaten und klare Haftungsregelungen seien aus Sicht des Ministeriums zentrale Voraussetzungen, um bei Verbraucherinnen und Verbrauchern die Akzeptanz für neue Technik und digitale Dienste im Verkehrsbereich zu schaffen.

NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst warnte jetzt erneut vor Verzögerungen bei dem Gesetz und regte an, die strittigen Fragen zum Datenzugriff auszuklammern. Der CDU-Politiker erklärte der dpa: "Wenn die Bundesregierung noch lange streitet, wird in dieser Legislaturperiode kein Gesetz verabschiedet, und die Autohersteller verlieren Zeit, die wir dringend für den deutschen Technologievorsprung brauchen. Jede Verzögerung gefährdet Hunderttausende Arbeitsplätze und unseren Wohlstand." Die Datenschutzfragen seien wichtig, "müssen aber fürs autonome Fahren nicht in diesem Gesetz geklärt werden, denn sie haben genauso Bedeutung für das Fahren mit Fahrer".

Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) und der Bundesverband der Verbraucherverbände drängen auf eine Lösung noch in diesem Jahr. Während der VDA befürchte, dass die deutsche Automobilindustrie durch eine fehlende Regelung den Anschluss beim autonomen Fahren verlieren könnte, sprechen sich die Verbraucherverbände für eine rasche Lösung aus, die aber regeln sollte, dass "eine erfolgreiche und dauerhafte Anonymisierung von personenbezogenen Daten" garantiert wird. Marion Jungbluth, Mobilitätsexpertin beim Bundesverband der Verbraucherverbände, unterstrich gegenüber dem Handelsblatt: "Die gesellschaftliche Akzeptanz für autonomes Fahren würde an solchen Überwachungsregelungen enorm leiden."

(kbe)