Uisge Beatha

Die Aufwärmfunktion von Glühwein, Eisbrecher oder Friesengeist übernimmt bei den schottischen Nachbarn der Whisky. Auch hierzulande hat er bereits viele Freunde gefunden, und das nicht nur zur Winterszeit.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Torsten Beyer
  • Kersten Auel
Inhaltsverzeichnis

Welch folgenschwerer Fehler meine flüchtige Erwähnung der Feuerzangenbowle im Dezemberartikel war, ist mir erst nach seiner Veröffentlichung bewußt geworden. Engere und entferntere Freunde wiesen mich darauf hin, daß Deutschland ja nicht direkt der Gruselwetterhemisphäre zuzurechnen sei. Insoweit sei meine Behauptung, die Feuerzangenbowle wäre die ultimative Antwort des Homo Sapiens auf verfrorene Knochen, unpräzise, wenn nicht gar unhaltbar.

Ich bekenne mich schuldig und widme diesen Artikel hiermit all denen, die bei drei Grad und Nieselregen mehr als fünf Minuten im Freien verharren müssen. Die beste Waffe gegen nieselnasse Nasenspitzen und ostwindgeplagte Knochen soll heute Whisky heißen.

Denn wie kann man unsere nordwesteuropäischen Leidensgenossen vergessen? Schließlich zählt das von unseren Vorfahren erfundene Destillat aus gemälzter Gerste auch zu meinen bevorzugten Alkoholika. Leser, die der Abstinenz oder eher südländisch munteren schwachalkoholischen Traubengetränken frönen, mögen an dieser Stelle bereits 13 Seiten weiter zur Vorschau aufs nächste Heft zappen. Für die Harten kommt hier ein Whiskyartikel.

Whisky, so die Legende, kommt aus Schottland - genauer aus den spätestens seit Braveheart berühmten Highlands. Dies ist unpäzise, womöglich gar falsch. Die bis dato erste urkundliche Erwähnung des Lebenswassers (uisge beatha im Idiom der Kelten - spricht sich ungefähr ischge waha) in einem Auftrag eines englischen Königs an den schottischen Mönch Cor macht die Lowlands zum Ursprung des Whisky. Es gibt aber auch sehr bodenständige Beweise für die Destillation von gemälzter Gerste in Wales und vor allem Irland vor dem Auftrag an den guten Cor. Wenn schon nicht die Erfindung, so gebührt den Schotten doch zumindest die Ehre, aus dem billigen Fuselkram der ersten Jahrhunderte ein großes Getränk gemacht zu haben. Die genaue Geschichte ist etwas komplexer und unterscheidet sich je nachdem, ob man mit Walisern, Iren oder Schotten spricht (mit anderen sollte man derart tiefschürfende Diskussionen ohnehin nicht führen). Eine der schottischen Varianten kann man bei der Scotch Whisky Association nachlesen.

Im Prinzip ist die Whiskyherstellung recht simpel. Man nimmt Gerste, mälzt sie - das heißt man läßt sie gerade so lange keimen, daß jede Menge Maltrose entsteht -, hält den Keimvorgang gewaltsam an (durch Hitze), malt den Kram klein und kippt ihn zusammen mit Hefe in warmes Wasser. Es entsteht eine Art Starkbier (so nach circa zwei Tagen mit bis zu 9 Prozent Alkohol), das man zwei- bis dreimal destilliert. Dann gießt man das Ergebnis in gebrauchte Eichenfässer und läßt es etwa eine Dekade in Ruhe. Schon hat man Whisky. Wie es genau funktioniert, steht bei der genannten Whisky-Vereinigung. Eine deutsche Beschreibung diese Prozesses findet sich bei einem Laden (www.whitehawk.com/whisky/swmg.htm), der diese Getränke verkauft.

Das klingt einfach, gell? Wer die Herstellung handgreiflich ausprobieren will, kann sich beim Seeshaupter Whiskyladen (www.whitehawk.com/whisky/destille.htm) eine Tischbrennanlage bestellen. Aber aufgemerkt: Es mag illegal sein, man kann blind werden, man braucht Übung und - jetzt kommt das mieseste - der Whisky bekommt einen Großteil seines Geschmacks durch die Lagerung. Man muß also ein paar Jährchen auf das Ergebnis warten. Für ungedulige Zeitgenossen empfiehlt sich daher entweder der Umstieg auf ein hektischeres Getränk (etwa Bier) oder sich eine der Destillerien mit dem besten schottischen Malt virtuell in Echt anzusehen, beispielsweise auf den Web-Seiten des Whisky Store (www.whitehawk.com/whisky/dist/ardbeg/main.htm).

EDV-Gurus, die hernach die Erfüllung ihres Lebenszieles vor Augen den gutbezahlten Job an den Nagel hängen wollen, um in Schottland Whisky zu brennen, tun gut daran, sich vorab zu informieren, wie man eine professionelle Brennerei aufzieht. Nachzulesen ist das im Archiv der Scotch Malt Whisky Society. Aber noch einmal: Das wirtschaftlich Vertrackte am Whisky ist die Wartezeit zwischen Brennen und Verkaufen ...

Wer noch niemals in seinem Leben einen Whisky probiert hat und vor dem scharfen Zeug vielleicht ein wenig Angst verspürt, schaue mal bei scotchwhisky.com vorbei. Dort kann man - zunächst völlig gefahrlos - Whisky online probieren. Im Vergleich zu meinen Echten erwies sich das Erlebnis zwar etwas geschmacklos, aber als Einstieg nicht dumm. Beim Übergang in die reale Whiskywelt ist es recht hilfreich, einige Grundregeln zu kennen, wenn es darum geht, echte (und vor allem gute) Whiskys zu probieren. Manch einer tut sich noch große Stücke gefrorenen Wassers in seinen Whisky. Leute, das macht man nur bei Marken, die unter 9,99 DM pro Flasche kosten! Was es beim Whiskyprobieren zu beachten gibt, was man tun und was man lassen sollte, steht unter dudel.

Nahezu jede Brennerei pflegt ihren eigenen Geschmacksstil. Von grottenschlechten Whiskys über die leichten Marken des Spey Tales bis hin zu den fast medizinisch anmutenden Aromen der Insel Islay sollte für jeden Geschmack eine Destillerie existieren. Eine Übersicht über eine Vielzahl der besseren findet sich ebenfalls bei der Scotch Malt Whisky Society. Dabei gibt es zu jeder der vorgestellten Brennereien einige Bilder, alte Stiche und so weiter. Insgesamt lohnt ein Besuch auf dieser Webseite auch dann, wenn man sich gar nicht für Whisky, sondern statt dessen für Webdesign interessiert. Generell ist die Society ein sehr guter Anlaufpunkt, auch für den Kauf exzellenter Whiskys. Allerdings braucht man John Butlers (siehe unten) Excel-Tabelle, um aus den lediglich numerierten Whiskys der Society auf Markennamen rückzuschließen. Eine Tour durch meine persönliche Lieblingswhiskyregion ...

Für diejenigen, die Blut geleckt haben und nicht nur ein paar gute Brennereien kennenlernen wollen, gibt es die vermutlich vollständigste Liste aller Marken, ihrer Brennereien et cetera in Form einer Excel-Tabelle bei John Butler. Er hat sich die Mühe gemacht, das alles einzutippen und pflegt die Liste auch regelmäßig. Also: immer mal wieder nachschauen. Als Whiskyfanatiker hat John auch eine Unzahl weiterer Infos zusammengestellt - unter anderem den ultimativen Whisky-FAQ.

Nach soviel theoretischen Whiskyerfahrungen mag beim einen oder anderen der Wunsch aufkommen, die Sache konkret in Augenschein zu nehmen. Besichtigungstips bietet Eike Thalmann (http://omnibus.uni-freiburg.de/~thaleike/whbesich.html) aus Freiburg. Wer Brennereibesichtigungen verbinden will mit dem Besuch einer Landschaft, die schon vor Schönheit trunken machen kann, findet wiederum bei John Butler gute Vorschläge für die Region der Western Islands - die Inneren Hebriden.

Nach soviel klassisch verklärter Weltsicht knorriger Schotten, die im Schweiße ihres Angesichts auf dem Darrboden Malz wenden, sind einige Worte der Kritik sicherlich nicht fehl am Platz. Whisky hat zwar auch mit Tradition zu tun, noch mehr aber mit Kommerz. Die Folgen sind für manche kleine, traditionell arbeitende Brennerei fatal. Einen Artikel über die Problematik der Kommerzialisierung kann man bei Thalmann (http://omnibus.uni-freiburg.de/~thaleike/whaerger.html) nachlesen.

Zum Schluß noch ein mahnendes Wort: Whisky ist nicht nur wohlschmeckend, sondern ein sehr starker Alkohol. Die Konsequenz - man sollte ihn in Maßen genießen, sonst können die Folgen unangenehm sein. (ka)