Diversität in der IT: Coding ist keine reine Männersache

Hat die Informatik ein Image-Problem? Um Frauen für IT-Jobs zu begeistern, braucht es Vorbilder, meint Rébecca Menat, CMO des Programmierkursanbieters Le Wagon.

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(Bild: Shutterstock)

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Portrait

Rébecca Menat, Chief Marketing Officer bei Le Wagon, ist seit acht Jahren in Tech-Start-ups in führenden Positionen im Bereich Marketing und Kommunikation tätig. Zu Le Wagon kam sie 2018 als CMO und mit dem festen Ziel, den Anteil der Teilnehmerinnen bei den Bootcamps zu erhöhen.

Im Gespräch mit heise Developer verrät Rébecca Menat, wie sie mehr Diversität ins Unternehmen bringen konnte.

heise Developer: Wie nehmen Sie die Arbeit gleichgeschlechtlicher Teams in Ihrem Unternehmen wahr?

Rébecca Menat: Tatsächlich unternehmen wir große Anstrengungen, um sicherzustellen, dass unsere Teams so divers sind wie möglich. Besonders in den Tech-Teams war das am Anfang nicht einfach, wir haben aber aktiv dafür gesorgt, ein zahlenmäßig besser ausgeglichenes Geschlechterverhältnis zu erreichen. Uns ist das extrem wichtig, da die Entwicklerinnen und Entwickler unserer Lernplattform, unserer Webseite usw. gleichzeitig die Lehrer*innen in unseren Bootcamps sind. Dort haben sie auch eine Vorbildfunktion gegenüber unseren Teilnehmer*innen und daher ist Vielfalt hier entscheidend.

heise Developer: Welche Vorteile ergeben sich aus Diversität in Teams?

Menat: Ich glaube, dass kulturelle Vielfalt ganz allgemein von Vorteil ist. Einem bestimmten Geschlecht anzugehören, bringt auf gewisse Weise auch mit sich, eine bestimmte Kultur zu haben. Das sollte idealerweise vielleicht nicht so sein, aber so funktioniert unsere Gesellschaft und so prägt sie Individuen. Das ist jedenfalls der Grund, warum es wichtig ist, Teams mit ausgeglichenem Geschlechterverhältnis zu haben. So wird es nämlich möglich, Herausforderungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten oder mit unterschiedlichen Ansätzen heranzugehen.

Auf jeden Fall hat die Forschung längst bewiesen, dass diverse Teams bessere Ergebnisse erzielen – besonders, wenn es um Innovation geht. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Sowohl McKinsey als auch BCG haben in Studien gezeigt, dass mehr Vielfalt in Führungsteams grundsätzlich zu mehr Innovation und einer besseren finanziellen Performance führt.

heise Developer: Wo sehen Sie die Schwierigkeit, weshalb Frauen sich häufig weniger für den Beruf in der Tech-Welt, beispielsweise als Entwicklerin, begeistern?

Menat: Ich bin fest davon überzeugt, dass es sich im Kern um ein kulturelles Problem handelt. Wie das Programmieren von den Menschen wahrgenommen wird, beeinflusst ihre Entscheidungen. Ich erkläre gerne, wie mich unsere Erfahrungen bei Le Wagon zu dieser Schlussfolgerung gebracht haben:

Es ist wohl wenig verwunderlich, dass auch in der Aus- und Fortbildung zum Thema Coding der Frauenanteil im Allgemeinen recht niedrig ist. Auch bei uns war es nicht anders. Die ersten Coding-Bootcamps bestanden vor einigen Jahren zu 80 Prozent aus männlichen Teilnehmern. Als das Unternehmen wuchs und klar wurde, dass wir durch die Absolventen einen Einfluss darauf haben, wie sich die Branche entwickelt, entschieden wir zu handeln. Wir haben versucht, das Problem möglichst nah an den Wurzeln anzupacken.

Le Wagon bot seit Beginn sogenannte "Coding Workshops" an. Das ist eine Art Schnupperangebot für Interessierte, die sich näher mit Coding auseinandersetzen wollen, bevor sie sich wirklich für ein Bootcamp bewerben. Auch hier gab es natürlich den “typischen” Mix – wenige Frauen, überwiegend Männer. Daher kam die Frage auf: Warum interessieren sich so wenige Frauen für diese Schnupper-Workshops? Liegt es überhaupt am mangelnden Interesse oder fühlen sie sich einfach nur nicht angesprochen?