SARS-CoV-2: Neuer Schnelltest erkennt Infektiosität in zehn Minuten

Die französische Entwicklung weist die Viren mit winzigen Kamel-Antikörpern nach und ist am Handy auswertbar. Der Test ist annähernd so genau wie PCR-Tests.

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Arbeit mit Abstrich, hier für eine PCR.

(Bild: Mufid Majnun / Unsplash)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Französische Wissenschaftler arbeiten an einem neuen Corona-Schnelltest, der eine akute Infektiosität in gerade einmal zehn Minuten nachweist. Er ist ohne Laborausrüstung direkt am Ort der Probenentnahme auswertbar und wäre damit auch als Heimtest geeignet, berichten die Forscher vom Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS), der Universitäten Lille und Marseille sowie des Universitätsklinikums in Lille.

Der Test ist so schnell, weil er lebende Viren erkennt und deren Nachweis ähnlich wie ein An-Aus-Schalter funktioniert, erklärt Sabine Szunerits von der Universität Lille. Der Nachweis arbeitet elektrochemisch. Zuerst wird die vorbereitete Nasen-Rachen-Probe auf einen schmalen Teststreifen gebracht, auf dem winzige Antikörper auf einer stromdurchflossenen Elektrode verankert sind. Binden nun Viruspartikel an Antikörper, verändert das in kürzester Zeit den Stromfluss in der Elektrode. Findet also eine Stromänderung statt, ist der Test positiv. Bleibt das Signal gleich, ist er negativ.

Der Teststreifen wird von einem etwa USB-Stick großen Diagnosegerät ausgelesen. Das lässt sich einfach an ein Smartphone aufstecken. Eine App zeigt dann das Ergebnis an. „Die Idee ist, dass der Test auch rasch in der Notaufnahme oder in einem Krankenwagen durchgeführt werden kann“, sagt Szunerits.

Die Forscher entschieden sich für besonders stabile Antikörper aus Kameltieren als Virenfänger, um eine Region am Spike-Protein von SARS-CoV-2 zu binden. Statt der üblichen Ypsilon-Form bestehen diese Antikörper nur aus einem Stück des Stiels und heißen deshalb Nanokörper (nanobodies).

(Bild: CHU Lille)

Bisherige Schnelltests (Lateral-Flow-Tests) weisen Viren biochemisch nach. Die gesuchten Moleküle binden im Testgerät an einen Farbstoff und anschließend an – auf Streifen immobilisierten – Antikörpern. Reichert sich eine bestimmte Virenmenge an, färben sich die Striche und werden erkennbar. Weil für diesen Nachweis erst die Virenhüllen aufgelöst werden muss, so Szunerits, dauert der Test mit 30 Minuten etwas länger.

Der Nanokörper-Test erkenne sowohl positive und negative Proben in 88 Prozent der Fälle richtig und komme damit der Genauigkeit von PCR-Tests sehr nahe. Deren Ergebnisse liegen aber meist erst nach mehreren Stunden, wenn nicht Tagen vor.

Die Genauigkeit von Schnelltests ist zunehmend ein Streitpunkt. Kritiker monieren, dass sie weit hinter der von PCR-Nachweisen zurückbleibt. Befürworter führen ins Feld, dass das nur für einzelne Tests gilt und ein regelmäßiger Einsatz etwa alle zwei Tage die Erkennung von infektiösen Patienten auf mehr als 90 Prozent steigert.

Der französische Schnelltest wurde bisher mit 300 Probanden klinisch validiert, sagt Szunerits. Das Team hofft, dass die nächste Studie mit 1000 Probanden, die drei Monate dauern soll, schon Anfang März bewilligt werden könnte. Die Forscher sind dabei, ein Start-up namens CorDial-IT zu gründen und hoffen, „dass der Test bis August auf dem Markt sein kann“, sagt Szunerits, die für die technische Entwicklung zuständig ist. Inzwischen haben die Forscher einen Industriepartner gefunden, der die von ihnen entwickelten Teststreifen große Mengen liefern kann.

Parallel dazu arbeiten die Forscher auch an der nächsten Testvariante, die statt der unangenehmen Nasen-Raschen-Abstriche mit Speichelproben funktioniert. Darin sei zwar die Viruslast geringer. Doch da das Ziel das breite Testen großer Populationen sei, um möglichst viele Infektionsketten zu unterbrechen, sei es insgesamt vertretbar, wenn nicht jeder einzelne Angesteckte erkannt wird.

(vsz)