Boeing 737 Max: Fragwürdige Selbstkontrolle bei Zulassungsverfahren

Die US-Behörde FAA war bei der Zulassung der Boeing 737 MAX überfordert. Und Boeing hat sich teilweise selbst geprüft. Die FAA verspricht Besserung.

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Geparkte Boeing-Flugzeuge aus der Luft fotografiert

Boeing-Flugzeuge am Gründungsstandort in Seattle

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 2 Min.

Bei zwei Abstürzen von Flugzeugen der Baureihe Boeing 737 Max sind im Oktober 2018 und März 2019 346 Menschen gestorben. Als Hauptursache gilt die fehlerhafte Steuerungssoftware MCAS (Maneuvering Characteristics Augmentation System). Es folgten fast zwei Jahre Flugverbot. Der Rechnungshof des US-Verkehrsministeriums legt nun den Finger in die Schwachstellen des ursprünglichen Genehmigungsverfahrens.

Zwar haben die US-Luftfahrtbehörde FAA (Federal Aviation Authority) und Flugzeugbauer Boeing das übliche Prozedere eingehalten, allerdings ist eben dieses Prozedere mangelhaft. Die FAA sei überfordert, wenn neue Technik in bestehende Flugzeugtypen integriert werden soll, berichtet der Rechnungshof über seine Erkenntnisse. Außerdem habe die Luftfahrtbehörde keinen vollen Einblick darin gehabt, wie Boeing die Sicherheit seines MCAS bewertet hat. Hinzu kommen Kommunikationslücken, Managementdefizite und Schwächen bei Überprüfungen seitens der FAA.

Weil das Sicherheitsaufsichtsbüro der FAA nur 47 Mitarbeiter hat, lagert es Teile der Luftfahrzeugzulassung aus. Im Luftfahrt-Beamtenenglisch heißt das Organization Designation Authorization program (ODA). Eine dieser autorisierten Dritten ist Boeing.

Nicht nur hat sich Boeing selbst bescheinigt, dass alles paletti ist, der Konzern hat in manchen Fällen sogar die selben Mitarbeiter mit der Überprüfung beauftragt, die das zu überprüfende System zuvor entworfen hatten. Die FAA-Bestimmungen verbieten das auch gar nicht. "Das könnte unzureichende Unabhängigkeit bieten", formuliert es der Rechnungshof vorsichtig.

Der Bericht verurteilt nicht generell, dass die FAA Dritte als Prüfer engagiert. Erforderlich seien allerdings Risikoabschätzungen, um zu entscheiden, wie eng die Nachkontrolle sein muss. Zwar hat die FAA nach den beiden Abstürzen in diesem Bereich Maßnahmen getroffen, die aus Sicht des Rechnungshofes allerdings nicht ausreichen.

Der Rechnungshof hat 14 Empfehlungen für die FAA ausgearbeitet. Dazu gehören Verbesserungen der Zulassungsverfahren sowie der Nachkontrolle von ODA-Zertifizierungen. Ebenfalls enthalten ist der Auftrag, herauszufinden, wie oft es vorkommt, dass ein Mitarbeiter eines Flugzeugbauers seiner eigenen Arbeit ausreichende Sicherheit bescheinigt.

Die FAA stimmt den Empfehlungen zu und kündigt an, alle umzusetzen. Die letzten Maßnahmen sollen 2026 greifen. Der Flugzeugtyp darf heute wieder geflogen werden. Vergangene Woche hat eine Boeing 737 Max ihren ersten Linienflug in Europa nach dem Flugverbot absolviert.

  • Untersuchungsbericht AV2021020 des Rechnungshofes des US-Verkehrsministeriums "Weaknesses in FAA’s Certification and

    Delegation Processes Hindered Its Oversight of the 737 MAX 8"

(ds)