Bundestag verabschiedet Anti-Cracker-Gesetz

Das als "Lex Premiere" bekannte Zugangskontrolldiensteschutz-Gesetz macht die gewerbsmäßige Umgehung von Vorsperrtechniken strafbar.

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Der Bundestag hat am Freitagabend gegen Stimmen aus der Opposition das Zugangskontrolldiensteschutz-Gesetz (ZKDSG) ohne weitere Aussprache verabschiedet. Ziel des auch als "Lex Premiere" bekannten Gesetzes mit dem unaussprechlichen Namen ist es, die unberechtigte Nutzung kostenpflichtiger Angebote von Rundfunk- und Fernsehsendern sowie Tele- und Mediendiensten durch das Umgehen technischer Vorsperr- und Verschlüsselungsverfahren zu unterbinden. Wer Einrichtungen für das Aushebeln solcher "Zugangskontrolldienste" zu "gewerbsmäßigen Zwecken" einführt, herstellt oder verbreitet, kann nach In-Kraft-Treten des Gesetzes mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr belegt werden. Der gewerbliche Besitz, die Einrichtung, die Wartung und der Austausch der Cracker-Werkzeuge kann mit Geldbußen bis zu 50.000 Euro geahndet werden.

Die Regelung erfasst vor allem den Pay-TV-Bereich, wo seit dem "Aufmachen" der d-box durch den mysteriös zu Tode gekommenen Starhacker Tron immer wieder Cracks für Premiere im Internet angeboten werden. Sie gilt aber ebenso für verschlüsselt im Internet bereitgehaltene Dienste wie das entgeltliche Angebot von Video-on-Demand oder Online-Games, heißt es in der Gesetzesbegründung. Nicht betroffen sind Techniken wie die elektronische Signatur, bei denen Daten aus Sicherheitsaspekten oder aus Authentifizierungsgründen verschlüsselt übertragen werden, und der "bloße Kopierschutz bei Dateien". Als Zugangskontrolldienste gelten sowohl Hardware-Lösungen wie Decoder oder Smart Cards als auch in Software implementierte Verschlüsselungsmechanismen. Diese "müssen nicht den aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik einhalten, um schutzwürdig zu sein". Ob ein gutes oder ein schlechtes Schloss aufgebrochen werde, spiele keine Rolle.

Hubertus Heil, Berichterstatter der SPD-Fraktion im federführenden Wirtschaftsausschuss, sieht mit der Verabschiedung des ZKDSG nun die EU-Richtlinie über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten vom 1998 mit mehrjähriger Verspätung endlich umgesetzt. Der problematischen Tendenz, "Geräte zum Umgehen von Zugangskontrolldiensten gewerbsmäßig herzustellen und zu vertreiben", könnte damit Einhalt geboten werden. Der prognostizierte Boom auf dem Gebiet der breitbandigen Übertragung digitaler Daten bis hin zum Endverbraucher sei nicht mehr durch organisierte Cracker bedroht.

Die Internetbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion, Martina Krogmann, spricht dagegen von einem "absurden" Gesetz, das an der Realität vorbei gehe und "volkswirtschaftlich grob fahrlässig" sei. Die Unionsparteien hatten in einem Änderungsantrag darauf gedrungen, auch "private Schwarzseher" und nicht nur "gewerbsmäßig handelnde Personen" dezidiert strafbar zu machen. Nun könnten alle, die gefälschte Smart Cards oder "gehackte" Software beziehungsweise Boxen verschenken, nicht zur Verantwortung gezogen werden. Leidtragende seien die Anbieter, denen im Kabel und im Netz Einnahmen durch diese Lücke entgehen würden.

Heil weist dagegen darauf hin, dass in Deutschland ein privater Nutzer einer illegalen Umgehungsvorrichtung für Zugangskontrolldienste unter § 265a des Strafgesetzbuches (StGB) falle, wo es um die "Erschleichung von Leistungen" geht. Die jetzt gefundene Regelung gibt laut Heil "genug Spielraum um in offensichtlichen Fällen Nutzer zur Verantwortung zu ziehen, macht aber den bloßen Besitz nicht automatisch strafbar". Das sei auch nicht sinnvoll, da gutgläubige Nutzer nur allzu leicht auf professionell wirkende, aber illegale Betrugsangebote hereinfielen. Die Priorität der Gesetzgebung habe darauf gelegen, "die eindeutig Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen."

Neben dem Änderungsantrag der CDU/CSU lehnte die Bundesregierung zudem eine Bitte des Bundesrats ab, Anbieter von Tools, die technische Zugangskontrollen testen und deren Sicherheitsstandards verbessern, deutlich von dem gesetzlichen Verbot freizustellen. Solche Praktiken würden vom ZKDSG "zu einem großen Teil" nicht erfasst, heißt es in der Gegenäußerung der Bundesregierung. Sie seien in der Regel auch nicht gewerblich motiviert. (Stefan Krempl) / (jk)