SPD für neue Netzpolitik und Open Source

Eine neue "Kommunikationsordnung" soll die digitale Spaltung überwinden und der Bundesverwaltung mehr Open-Source-Software bescheren.

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Mit einem umfangreichen Antrag will die SPD-Bundestagsfraktion die Bundesregierung auffordern, die Rahmenbedingungen für einen umfassenden gesellschaftlichen Zugang zu den vernetzten Informationen zu schaffen. Zentrale Forderungspunkte sind die "Einführung von günstigen Pauschaltarifen", mit der die Kosten für die Internetnutzung berechenbar bleiben sollen, die Bereitstellung von öffentlichen Internet-Terminals in größerem Rahmen, die Ausbildung von medienkompetenten Anwendern sowie die Grundversorgung der Netzbewohner mit relevanten Inhalten. Die Abgeordneten wollen damit die viel beschworene "digitale Spaltung" verhindern.

Das Gespenst der Kluft zwischen Usern und Losern geht in den USA seit Jahren um, doch während das Phänomen in den USA vor allem als soziale Frage behandelt wird, hat die SPD den Katalog der "Zugangsprobleme" weiter gefasst. So haben die Autoren des Antrags, zu denen neben Mitgliedern des Unterausschusses für Neue Medien auch zahlreiche Innen- und Wirtschaftspolitiker gehören, auch das "mangelnde Vertrauen in die Sicherheit und den Schutz wichtiger und sensibler Daten in globalen Kommunikationsnetzen" als Haupthindernis für die soziale und ökonomische Akzeptanz neuer Technologien und ihrer Anwendungen ausgemacht.

Konkret fordert die SPD, dass der Datenschutz im Rahmen der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes "modern, anwendbar und vor allem von den Bürgerinnen und Bürgern verständlich und wahrnehmbar gestaltet wird." Auch auf internationaler Ebene soll sich die Bundesregierung für "vergleichbare Datenschutzniveaus" einsetzen und die "Kritischen Infrastrukturen" der Netzgesellschaft stärker absichern. Gleichzeitig macht sich die Fraktion für den "verstärkten Einsatz von Open-Source-Software-Lösungen in der Bundesverwaltung" stark, um die Verwendung von "standardisierter, sicherer und stabiler Soft- und Hardware" voranzutreiben. Dass sich "80 Prozent der Viren über Software von Microsoft verbreiten", sei Besorgnis erregend, sagte Monika Griefahn, Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien, am Donnerstagabend bei der Vorstellung des Papiers. Es gebe Überlegungen, erklärte der Leiter des Neue-Medien-Ausschusses, Jörg Tauss, den Bundestag zur "Microsoft-freien Zone" zu erklären. Noch seien die Diskussionen auf dem Weg zu diesem Ziel allerdings "ideologisch überfrachtet".

Mit dem Antrag wächst auch der Druck auf die Bundesregierung, das lange verschleppte Informationsfreiheitsgesetz zu schaffen. Zugang wird darin als "demokratische Teilhabe" und als die andere Seite des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung definiert. Am Montag hatte auch die medienpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Grietje Bettin, darauf gedrängt, dass der überarbeitete Referentenentwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz endlich veröffentlicht und das Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden solle.

Mit dem Papier und einem sich noch in den Fraktionsgremien zur Abstimmung befindlichen weiteren Antrag will die SPD im Bundestag ferner die Ausarbeitung einer neuen Medien- und Kommunikationsordnung in enger Abstimmung mit den federführenden Ländern vorantreiben. Die "Dinosaurierdiskussionen" über "Sendezeitbegrenzungen" und "Lizenzpflichten" fürs Internet auf Länderebene sollen damit nach dem Willen von Tauss ein Ende finden und zugleich die Rahmenbedingungen für die neuen TV-Kabelwelten politisch begleitet werden. Hier vermisse die deutsche Wirtschaft momentan klare Signale aus dem Parlament.

Der Verpflichtung zur automatischen inhaltlichen Filterung zur Aufrechterhaltung des Jugendschutzes im Netz oder anderen generellen Zensur- und Überwachungsmaßnahmen erteilt die SPD eine klare Absage. Filtertechnologien, mit denen Nutzer oder Erziehungsberechtigte in Eigenregie bestimmte Inhalte "ausblenden" können, sollen allerdings gefördert werden. Wichtiger ist es den SPD-Abgeordneten jedoch, für die Schaffung von werbe- und gewaltfreien Inhalten zu sorgen und Angebote des öffentlichen Rundfunks aufs Netz zu übertragen. Auch frei zugängliche wissenschaftliche Datenbanken sowie mehr kommunale Dienstleistungen sollen das Internet für alle attraktiver machen. (Stefan Krempl) / (wst)