National Portrait Gallery streitet mit Wikipedia

Streit um Bilder: Das Urheberrecht an teils mehrere 100 Jahre alten Originalen, deren Reproduktionen aus der NPG ein User in Wikimedia Commons hochgeladen hat, ist abgelaufen - die Galerie beansprucht jedoch Rechte an den Reproduktionen der Bilder.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Die Seite zur NPG in Wikimedia Commons

Eine unfreiwillige Bilderspende sorgt für Streit zwischen der Londoner National Portrait Gallery (NPG) und der Wikimedia Foundation. Ein Wikipedia-Nutzer hatte 3300 hochauflösende Bilder von der Webseite der Galerie heruntergeladen und bei dem freien Bilderarchiv Wikimedia Commons hochgeladen.

Vorläufiger Höhepunkt des Streits ist ein Schreiben der Anwälte der NPG an den Wikipedia-Nutzer Derrick Coetze. Darin werden dem Wikipedia-Administrator rechtliche Schritte angedroht, wenn er nicht bis zum 20. Juli alle Bilder aus dem freien Bilderarchiv entfernt . Der Amerikaner habe durch die Umgehung von Kopierschutzmechanismen einen Vertragsbruch begangen. Zudem halte die NPG nach dem britischen Gesetz Urheberrechte an den Bildern. Zwar ist das Urheberrecht der teils mehrere hundert Jahre alten Originale zweifellos abgelaufen, die Galerie beansprucht jedoch Rechte an den Reproduktionen der Bilder. Zudem bestehe nach englischem Recht ein Datenbankschutz für die Bilderzusammenstellung.

Die Galerie verweist auf die hohen Kosten der Digitalisierung: So habe die Institution bisher eine Million Pfund (1,16 Millionen Euro) in die Digitalisierung der Bilder gesteckt und versucht diese Kosten unter anderem durch Einnahmen aus Lizenzierung wieder einzunehmen. So kostet die Verwendung eines Portraits auf der Homepage einer Zeitung 100 Pfund, die Verwendung auf Firmen-Webseiten bis zu 400 Pfund. Das Geschäft verläuft aber nur schleppend – die Einnahmen bewegten sich in den vergangenen fünf Jahren zwischen 10.000 und 19.000 Pfund.

Unterstützung erhält die Galerie von der British Association of Picture Libraries and Agencies. Deren Geschäftsführer Simon Cliffe erklärt gegenüber dem British Journal Of Photography, die Auffassung der Wikipedia-Verantwortlichen, dass durch die Reproduktion keine eigenen Urheberrechte begründet würden, stehe entgegen dem britischen Recht. "Das Reproduzieren von Originalwerken für kommerzielle Zwecke erfordert Geschick und Expertise und verursacht einen erheblichen finanziellen Aufwand." Würde diese Investition nicht geschützt, würde niemand mehr die eigenen Bestände digitalisieren. "Am Ende wäre jeder ärmer", schlussfolgert Cliffe.

Die entgegengesetzte Auffassung vertritt die Wikimedia Foundation. In einer offiziellen Stellungnahme erklärt Sprecher Jay Walsh: "Nach unserem Verständnis hat der Nutzer im Rahmen unserer Mission, gemeinfreie Materialien über Wikimedia Commons verfügbar zu machen, korrekt gehandelt und sich dabei auch an die einschlägigen Gesetze gehalten." Die Stiftung könne aber keine Verantwortung für die einzelnen Aktionen der Wikipedia-Nutzer übernehmen.

Wikimedia-Vize Erik Möller weist im Wikimedia-Blog auf die positive Zusammenarbeit mit anderen Institutionen wie dem Bundesarchiv hin, das im vergangenen Jahr über 170.000 digitalisierte Bilder aus der deutschen Geschichte unter einer freien Lizenz zur Verfügung gestellt hatte. Unter dem Motto "Wikipedia Loves Art" würden Wikipedianer inzwischen mit vielen Institutionen zusammenarbeiten: "Hier gewinnt jeder: Die Museen und Galerien erreichen so eine größere Öffentlichkeit, und Menschen auf der Welt haben die Möglichkeit, Kunstschätze zu sehen, zu denen sie sonst nie Zugang gehabt hätten." Zudem arbeiteten die Freiwilligen im Wikimedia Commons-Projekt auch an der Restaurierung von Kunstwerken mit, um sie in ihrer vollen Schönheit der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Die Bemühungen einzelner Galerien, ihre Werke online mit Kopierschutztechniken zu versehen, verurteilt Möller. "Wenn die Einnahmequellen erfordern, dass eine Institutionen den Zugang zu ihren bildenden Werken einschränkt, statt diese Werke frei jedem zur Verfügung zu stellen, erscheint uns das als Widerspruch zu ihrem Bildungsauftrag. Es ist schwer, ein plausibles Argument zu finden, gemeinfreie Inhalte einer freien und unkommerziellen Enzyklopädie vorzuenthalten diene irgendeinem öffentlichen Interesse." (Torsten Kleinz) / (jk)