E-Mobilität: Was bringt das Schnellladegesetz?

„Wir werden einen Hochlauf erleben“, sagt die Rechtsanwältin Katharina Boesche, die Behörden und Unternehmen zu Elek­tromobilität berät.

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Die Rechtsanwältin Katharina Boesche arbeitet seit über zehn Jahren in verschiedenen Rechtsgebieten der Elektromobilität – unter anderem Eich-, Energiewirtschafts- und Steuerrecht. Sie berät Behörden und Unternehmen.

(Bild: Katharina Boesche)

Lesezeit: 3 Min.

TR: Mit dem Schnellladegesetz schreibt der Staat den Betrieb von 1000 Schnellladestandorten aus – als gebündelte Lose mit attraktiven und weniger attraktiven Standorten. Mit dem Hintergrund, dass auch unwirtschaftliche Standorte wichtig seien für ein flächendeckendes Netz und deshalb besonders gefördert werden müssen. Was ist am Argument des „Marktversagens“ dran?

Katharina Boesche: Seit Jahren fördert der Staat den Aufbau der öffentlichen Infrastruktur mit bis zu 40 Prozent. Jetzt will er mit der Gießkanne 80 oder 100 Prozent finanzieren – und das eben nicht nur an unattraktiven Standorten, sondern auch an attraktiven.

Der Markt ist zwar noch nicht vollständig entwickelt, aber läuft doch schon eine ganze Weile. Es gibt Wettbewerb. Es gibt unterschiedliche Preis- und Serviceangebote.

In meinem Viertel in Hannover ist das Ladenetz immer noch genauso dürftig wie vor zwei, drei Jahren. So richtig super scheint mir der Markt hier nicht zu funktionieren.

Aber beim Schnellladegesetz geht es vorrangig nicht um die Standorte in den Städten, sondern eher an Autobahnen und im ländlichen Raum, mit mindestens 150 Kilowatt Gleichstrom-Laden.

Da gilt das Argument doch erst recht: Weil solche Schnellladeparks teurer sind, ist der wirtschaftliche Anreiz entsprechend gering und der Ausbau langsam. Was ist daran verkehrt, wenn der Staat hier nachhilft?

Sie haben recht, der Ausbau könnte schneller sein. Natürlich gibt es noch viele weiße Flecken. Das liegt aber nicht immer am fehlenden Willen eines Betreibers, sondern teilweise auch daran, dass in den Kommunen die Genehmigungsprozesse teilweise sehr lange dauern und dass geeignete Standorte nicht zur Verfügung stehen.

Auch das Warten auf eichrechtskonforme DC-Ladesäulen hat bislang nicht gerade den Aufbau beschleunigt. Erste Ladelösungen sind aber zertifiziert, hier kommt also langsam Fahrt auf. Jetzt kommen ja auch mehr Autobauer aus den Hufen, und wir werden parallel einen Hochlauf des Aufbaus von Schnellladesäulen erleben. Ich bin da nicht so pessimistisch, gerade weil es ja schon alle möglichen Anschubfinanzierungen gibt.

Das Problem ist nur: Wenn der Staat da so massiv reingeht – welcher Investor will daneben noch privat etwas aufbauen? Kein Investor kann mit seinen privat finanzierten Ladesäulen neben Ladesäulen bestehen, bei denen zu 80 bis 100 Prozent Netzanschluss und Betriebskosten finanziert sind – ohne zeitliche Begrenzung. Da droht ein Preisdumping, das den notwendigen weiteren privaten Aufbau hemmen würde. 1000 weitere Standorte sind gut, werden aber nicht ausreichen. Der Staat sollte es sich also mit den Unternehmen, die bislang aufgebaut und dies weiter vorhaben, nicht verscherzen.

Idealerweise will der Bund ja gerade an Standorten bauen lassen, wo es keine Konkurrenz zu privaten Investoren gibt, sondern eine Wirtschaftlichkeitslücke.

Das Wort „Lücke“ gefällt mir gut, es stand aber nicht von Anfang an im Gesetz, sondern hielt erst nach der nicht ganz zurückhaltenden Kritik der vergangenen Wochen Einzug. Was ich an der jetzigen Fassung kritisiere: Dass der Begriff „Wirtschaftlichkeitslücke“, den ich für maßgeblich halte, noch nicht definiert ist und in der Verordnungsermächtigung nicht erwähnt ist. Bei dem Füllen von Wirtschaftlichkeitslücken kann der Staat auch gut und gern mit mehr als 40 Prozent der Netzanschlusskosten den Aufbau anreizen.

(bsc)