GoDaddy übernimmt MMX-Domains: Auch .bayern und .nrw wechseln den Betreiber​

Im Rahmen eines Millionendeals wechseln zahlreiche Top-Level-Domains den Besitzer, darunter die Adressen zweier Bundesländer. Die Politik scheint überrascht.

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(Bild: designium/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Der US-Hosting- und Domain-Riese Godaddy übernimmt für umgerechnet rund 100 Millionen Euro zahlreiche Top-Level-Domains (TLD) von seinem US-Konkurrenten Minds + Machines (MMX), darunter auch die Endungen der Bundesländer Bayern und NRW. Im Digitalministerium in Bayern und im Wirtschaftsministerium in NRW herrscht noch etwas Ratlosigkeit über den Deal. Vor einem Jahrzehnt hatten sich die Landesbehörden MMX als Betreiber ausgesucht. Ob sie der Eingliederung ihrer TLDs ins GoDaddy Portfolio zustimmen, ist noch unklar.

Insgesamt 28 TLDs wird GoDaddy von MMX übernehmen und seinem dann 240 Domains starken Portfolio hinzufügen. Dazu gehören Adresszonen wie .vip, .fashion, .cooking, yoga und .sexy, aber auch eine Reihe von Städte und Regionaldomains wie .miami, .boston. "Die Firmen, die .bayern und .nrw betreiben" – MMX Bayern und MMX NRW - "gehören ebenfalls zum Übernahmepaket von GoDaddy Registry", bestätigte ein Sprecher von MMX in den USA gegenüber heise online. "Wir sind aktuell in Gesprächen mit den verschiedenen öffentlichen Trägern, um mit ihnen die die angemessenen nächsten Schritte zu beraten."

In NRW und Bayern ist man vorerst noch etwas ratlos hinsichtlich der Übernahme. Das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie in NRW will "wegen derzeit noch laufender Gespräche mit dem Betreiber" noch keine Fragen beantworten. Das Bayerische Staatsministerium für Digitales unterstreicht in seiner knappen Antwort, dass ihm jedenfalls noch keine "offizielle Anfrage" zu einer Übernahme des Betreibers vorliegt, will dann aber "den Sachverhalt und mögliche Optionen prüfen". Die Länder betreiben das technische Backend ihrer Domains nicht selbst, für NRW übernimmt das die deutsche Knipp GmbH, für die bayerische Adresszone ist es die britische Nominet.

Mit der Vertragsübernahme für die .bayern müsste GoDaddy dabei wohl auch die Verpflichtungen übernehmen, Bayern am Umsatz zu beteiligen. Es war nicht zuletzt diese Klausel, wegen der das damals von Markus Söder geleitete Finanzministerium in Bayern dem US-Unternehmen gegenüber möglichen lokalen Konsortien den Vorzug gab. Wie viel Geld aus dieser Vereinbarung bislang geflossen ist, will das Ministerium aus vertragsrechtlichen Gründen nicht sagen. Angesichts der bislang bescheidenen Nutzungszahlen dürfte die Rechnung aber kaum aufgegangen sein. Von Seiten von MMX heißt es lediglich, man sei seinen diesbezüglichen vertraglichen Verpflichtungen stets nachgekommen.

Dem Verkauf des TLD-Pakets an GoDaddy zustimmen muss noch die private Domainverwaltungsorganisation Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). "In der Vergangenheit wurden solche Change-of-Control-Anfragen allerdings in den allermeisten Fällen positiv beantwortet", schreibt Florian Hitzelsberger, Jurist beim Domain-Registrar United Domains. Allerdings habe das Einschreiten der ICANN gegen die Übernahme der .org-TLD durch Ethos offenbart, dass es Spielräume bei der Zustimmung zu solchen Deals gebe.

Hitzelsberger verweist aber noch auf einen anderen Player, der ein Veto einlegen könnte: Es sei "nicht minder interessant, ob China der Übernahme zustimmt". Denn einzelne MMX-Domains dürfen in China verkauft werden und wenn nun der weltgrößte Registrar aus den USA das Ruder übernehme, werde die chinesische Regierung sich wohl überlegen, ob sie dafür grünes Licht gebe. "Vieles in der Welt der Domains ist inzwischen keine rein technische, sondern auch eine globale politische Frage", meint der Domainexperte.

(vbr)