Neue Ebola-Ausbrüche in Afrika durch fünf Jahre schlummerndes Virus ausgelöst

In Afrika bringt sich das Ebola-Virus wieder in Erinnerung. Das Erschreckende: es hat seit dem Ausbruch 2013 bis 2016 in Überlebenden überdauert.

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(Bild: CDC)

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Während die Welt sich scheinbar nur noch um Covid-19 dreht, kehrt ein anderes Virus leise zurück: Ebola. Nach der schweren Epidemie zwischen 2013 und 2016, bei der mehr als 28000 Menschen erkrankt und über 11000 Menschen in Afrika gestorben waren, wurde es still um das Virus. Aber im Februar dieses Jahres hat es sich Guinea zurück gemeldet. Seitdem wurden in der Präfektur Nzérékoré 24 Verdachtsfälle gemeldet und zwölf Menschen sind verstorben. Mindestens sieben der Betroffenen haben Ende Januar an der Beerdigung einer Krankenschwester teilgenommen. Kurz vor Ostern schien der Ausbruch eingedämmt. Dann tauchten vier Wochen später weitere Verdachtsfälle in der Hauptstadt Conakry auf. Auch im Kongo kam es zu neuen Ausbrüchen.

Neu und erschreckend ist, dass es sich bei den aktuellen Fällen in Guinea um nahezu das gleiche Virus handelt, das vor fünf Jahren für die humanitäre Katastrophe in Guinea, Liberia und Sierra Leone gesorgt hat. Die Epidemie von damals scheint also in direktem Zusammenhang mit den neuen Ausbrüchen zu stehen. Bisher galt die Annahme, dass neue Ebola-Epidemien zufällige Ereignisse sind – das Virus wechselt durch einen unglücklichen Kontakt zwischen Mensch und Tier die Spezies.

Dass Ebolaviren eine Zeitlang im menschlichen Körper überdauern können, hat kürzlich eine im Journal Plos veröffentlichte Studie zur damaligen Epidemie gezeigt: Ein Forschungsteam hat die Spermien von 220 männlichen Überlebenden der Epidemie über zwei Jahre untersucht. Noch nach 200 Tagen fanden sie Viren im Sperma jedes zweiten Mannes, aber nach einem Jahr sank die Rate auf unter zehn Prozent ab.

Ausnahmen bestätigen die Regel: Ein neues Aufflammen der Epidemie 2016 in Guinea verursachte damals ein Mann, der das Virus etwa anderthalb Jahre nach einer überlebten Infektion mit dem Sperma ausschied. Das scheint auch der Grund dafür zu sein, dass Ebola-Epidemien nach Wochen und Monaten der Ruhe wieder aufflammen. So hat ein Ausbruch im Osten Kongos fast zwei Jahre gedauert und knapp 2300 Tote gefordert, bevor er im Sommer 2020 für beendet erklärt wurde. Aber: Dass sich ein RNA-Virus fünf Jahre lang in einem menschlichen Wirt still verhält, hat eine neue, beunruhigende Qualität.

Die gute Nachricht ist, dass die verheerende Epidemie in Guinea einen Impfstoff hervorgebracht hat und die betroffenen Länder inzwischen Kontrollmechanismen entwickelt haben, um Verdachtsfälle abzufangen. Die schlechte Nachricht erinnert an unsere Corona-Situation – die Impfstoffe stehen nicht ausreichend zur Verfügung, sagte Anfang März sagte Gueye Abdou Salam, der regionale Nothilfedirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf einer Pressekonferenz. Zudem muss der Impfstoff bei -80 Grad Celsius gelagert werden. Das ist schon in unseren Breiten eine Herausforderung, in Afrika bedeutet es, dass nur sehr selektiv geimpft werden kann.

Ein Kommentar von Jo Schilling

Jo Schilling ist TR-Redakteurin. Sie hat nie ganz aufgehört, Naturwissenschaftlerin zu sein und ist überzeugt, dass komplizierte Zusammenhänge meist nur kompliziert sind, weil noch die richtigen Worte für sie fehlen.

Bleibt die Frage, was diese neuen Erkenntnisse über die Persistenz des Virus für Folgen haben werden. Nicht nur aus infektiologischer, sondern auch aus humanitärer Sicht: Wenn das Virus gelernt hat, so lange in Überlebenden auszuharren, was hat das für Konsequenzen für den Umgang mit den Überlebenden? Entsteht künftig in Afrika eine neue Generation Aussätziger?

(jsc)