Verdacht auf Fakerezensionen: Produkte von Aukey bei Amazon kaum noch verfügbar

Zubehörprodukte von Aukey und anderen Anbietern aus China sind gerade kaum über Amazon zu kriegen. Vermutet wird, dass Amazon wegen Fakerezensionen durchgreift.

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"Momentan nicht verfügbar": Ein Blick auf Aukeys Storeseite auf Amazon.

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Zahlreiche Produkte der chinesischen Zubehör-Anbieter Aukey und Mpow sind derzeit sowohl im deutschen Amazon-Sortiment als auch auf den US-Seiten des Online-Händlers als "nicht verfügbar" gelistet oder teilweise aus dem Angebot verschwunden. Berichten zufolge ist das bereits seit mehreren Tagen der Fall – und zahlreiche Beobachter stellten den Verdacht in Raum, es könne sich um eine Maßnahme Amazons handeln, weil die Anbieter sich positive Fake-Bewertungen erkauft hätten.

Amazon erklärte dazu auf Anfrage von heise online, dass man in Einzelfällen keine Stellung nehmen könne. Der Online-Händler arbeite hart dafür, seiner Kundschaft und der Händlerseite ein positives Nutzungserlebnis zu bieten, und ergreife Maßnahmen gegen alles, was dieses Erlebnis gefährde, erklärte ein Sprecher. Es gehöre seit Langem zur Unternehmenspolitik, die Integrität der Shopplattform zu wahren, was etwa Produkt-Authentizität und echte Bewertungen umfasse.

"Wir ergreifen schnell Maßnahmen, wenn jemand dagegen verstößt, was auch das Aussetzen oder Zurückziehen einer Verkaufserlaubnis beinhaltet", hieß es. Händler hätten dabei auch die Möglichkeit, Einspruch zu erheben. Aukey und Mpow nahmen bislang noch nicht zu dem Thema Stellung.

Die South China Morning Post (SCMP) schreibt unter Berufung auf Branchen-Insider, dass Amazon wohl eine gezielte Aktion gegen fragwürdige Geschäftspraktiken mancher Verkäufer durchgeführt hat, die auch einige namhafte chinesische Anbieter getroffen habe. Das kann für die Firmen einen harten Schlag ins Kontor bedeuten, wie das Beispiel Aukeys zeigt: Das Unternehmen habe 2018 und 2019 in manchen Quartalen rund drei Viertel seines Umsatzes über Amazon generiert, zitiert der SCMP-Bericht aus Unterlagen für einen dann doch wieder abgeblasenen Börsengang Aukeys. Generell gewinne Amazon immer mehr Bedeutung als Weg in westliche Märkte für die chinesischen Anbieter.

Die E-Commerce-Analysefirma Marketpulse vermutet, dass Amazon seit Ende April gegen mehr als ein Dutzend Firmen aus China vorgeht. Das sei sowohl in den USA wie auch international geschehen. Als möglichen Grund führt Marketpulse von Amazon untersagte Praktiken an, sich gute Bewertungen zu sichern – etwa den Waren beiliegende Postkarten, die Belohnungen für Besprechungen in Aussicht stellen. Unter anderem sei die Zahl der Bewertungen bei einem beliebten Funk-Kopfhörer Mpows von 66.000 auf 14.000 geschrumpft, was dafür spreche, dass es Amazon um Fake-Rezensionen gehe. Dass Aukey und Mpow sich solcher Tricks bedienten, sei eigentlich schon länger bekannt.

Vergangene Woche wurde auch ein Leak öffentlich, den zahlreiche Berichte in einem Zusammenhang mit Amazons Vorgehen sehen. So offenbarte eine schlecht gesicherte Elastic-Search-Datenbank einen mutmaßlichen, gut-organisierten Rezensionsbetrug, berichtet die Sicherheitsfirma Safetydetectives. In den rund 7 GByte Daten seien Adressen sowie Nachrichten zwischen Händlern und Käufern zu finden gewesen, die sich zu Fake-Rezensionen verabredeten.

Das Vorgehen dabei: Die Händler schicken den Rezensionswilligen eine Liste mit Waren, aus denen diese sich etwas für eine 5-Sterne-Besprechungen aussuchen. Dann kauft der Besprecher das Produkt, verfasst wenige Tage nach Erhalt die Besprechung und teilt das dem Händler mit. Darauf ersetzt dieser die Kaufsumme via Paypal, das Produkt bleibt dem Rezensenten als Bezahlung. So kriege Amazon nichts von der Rückerstattung mit.

Der Leak könne Daten von rund 200.000 Personen aus den USA, Europa und potenziell weltweit kompromittiert haben, schätzt Safetydetectives. Der Serverstandort sei wahrscheinlich China, vermutlich sei auch der Besitzer eine chinesische Firma, was man aber nicht habe verifizieren können. Den Leak habe man am 1. März bemerkt, am 6. März sei der Server abgesichert worden. Namen von Firmen oder Händlern nannte Safetydetectives nicht.

Amazon kämpft schon länger mit dem Problem gekaufter Positivbewertungen und ging bereits auch mehrfach gegen Akteure vor. Unter anderem hatte Amazon vergangenes Jahr in Großbritannien rund 20.000 solcher Fünf-Sterne-Bewertungen von seinen Seiten gelöscht. Dem waren Recherchen der Financial Times vorausgegangen, laut denen neun der zehn Top-Rezensenten auf Amazons britischer Plattform verdächtige Bewertungen verfasst hätten.

Auch in Deutschland sind solche gekauften – oder wie Amazon sagt "anreizbasierten" – Rezensionen seit November 2016 untersagt. Allerdings macht das Unternehmen dafür auch wieder eine Ausnahme: Im Programm "Amazon Vine – Club der Produkttester" stellt der Online-Händler weiterhin kostenlose Produkte für Rezensionen zur Verfügung.

(axk)