Smart Cities: Mehr Akzeptanz durch Bürgerbeteiligung

In Darmstadt, Kassel und Eichenzell haben Modellprojekte zur Smart City begonnen. Die Akzeptanz soll durch Bürgerbeteiligung erhöht werden.

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(Bild: RUKSUTAKARN studio / Shutterstock.com)

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  • dpa
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Auf welcher Strecke komme ich gerade am schnellsten durch die Stadt? Wo finde ich den nächsten freien Parkplatz? Wie ist der Füllstand beim Glascontainer um die Ecke? In smarten Städten sollen moderne Techniken eingesetzt werden, um die Städte klimaschonender, effizienter und lebenswerter zu machen. In Hessen gibt es mit Darmstadt, Kassel und Eichenzell drei Kommunen, die mit Unterstützung vom Bund digitale Modell-Projekte erproben. Bundesweit werden 32 Städte und Gemeinden mit mehr als 300 Millionen Euro gefördert. Ihre Erkenntnisse sollen allen Kommunen zunutze gemacht werden.

"Mit der Digitalisierung der Stadt wollen wir den Alltag der Menschen erleichtern", erklärt José David da Torre Suárez, Geschäftsführer der Gesellschaft Digitalstadt Darmstadt. Die Stadt hat bereits 2017 den Wettbewerb "Digitale Stadt" des IT-Branchenverbandes Bitkom gewonnen.

Seither ist Darmstadt im Umbau zu einer digitalen Vorzeigestadt. Anfang des Jahres etwa hat sie die bundesweit erste städtische Datenplattform mit Anwendungen zu Verkehr, Umwelt und Müll gestartet. Dort können in Echtzeit beispielsweise Daten zur Feinstaubbelastung, zum Ozongehalt und zu den Pendlerbewegungen abgerufen werden.

Möglich macht das ein Netz aus Sensoren, das die Stadt durchzieht. Es sammelt die Daten, die auf der Plattform eingehen und ein Abbild der Stadt liefern. Sorgen in Hinblick auf den Datenschutz kann da Torre zerstreuen: "Es werden keine personenbezogenen Informationen gespeichert."

Ein anderes Beispiel sind intelligente Mülltonnen, die ihren Füllstand selbst mitteilen. Das System empfiehlt die Routen für die Leerungstour. Das spart Kosten, vermindert Emissionen und reduziert Lärm.

Die Liste der geplanten Projekte ist lang. In Arbeit ist laut da Torre etwa ein umweltsensibles Verkehrssystem, das abhängig von der Belastung den Verkehr lenkt und so die Schadstoffbelastung senkt. "Eine weitere Idee ist eine digitale Plattform, auf der jeder einfach und schnell sehen kann, welche Jungbäume im Stadtgebiet Wasser oder Schatten benötigen." Die Darmstädter könnten dann bestenfalls selbst aktiv werden.

Im osthessischen Eichenzell wurde der Grundstein zur smarten Stadt mit dem Ausbau des Glasfasernetzes schon früh gelegt. Bereits seit 2016 sind in der Kommune alle Gewerbebetriebe und Haushalte flächendeckend mit schnellem Internet versorgt. Als "Modellprojekt Smart City" will sie weiter Vorreiter bei der digitalen Transformation sein. Wichtig sei dabei, dass der Mensch im Mittelpunkt stehe, sagt Projektmanager Thorsten Sturm. "Wir wollen digitale Inklusion ohne analoge Exklusion." So sollen in der geplanten Quartiersgarage mit Smart Parking Funktionen Parkplätze über eine App, aber auch ganz klassisch analog gebucht werden können.

Auf dem Weg zur smarten Stadt steht laut Sturm immer der Nutzen für die Menschen im Vordergrund. Geplant sei beispielsweise ein Starkregenfrühwarnsystem, das frühzeitig den Niederschlag und damit auch den Anstieg des Wasserpegels erkennt. "Eine weitere Idee ist ein digitaler Tablettenspender", erläutert Sturm. Er soll die Medikamenteneinnahme überwachen und etwa den Rettungsdienst alarmieren, wenn jemand seine Arznei falsch oder gar nicht eingenommen hat.

In Kassel ist das Smart City-Projekt gerade im Auftakt begriffen. Zu einer ersten Veranstaltung, bei der Ideen gesammelt werden sollten, hatten sich laut der Stadt 400 Bürgerinnen und Bürger angemeldet. "Wir wollen erfragen, wo es Probleme im Alltag gibt, bei denen digitale Werkzeuge helfen können", sagt Carina Wagener vom Projektbüro Smart Kassel. Wenn etwa die Bewohner eines Seniorenheims die Jalousien nicht mehr alleine betätigen könnten, könne vielleicht ein digitales Tool Abhilfe schaffen. "Unsere erste Aufgabe ist es, die Menschen dafür zu sensibilisieren, was Smart City bedeutet und dass sie diese Entwicklung selbst in der Hand haben."

Die Bürgerbeteiligung steht bei allen drei Kommunen im Mittelpunkt, denn die Akzeptanz für Digitalisierungsprojekte ist bisweilen gering und den Begriff Smart City gilt es zunächst mit Leben zu füllen. In Workshops, Umfragen und Stadtlaboren werden die Bürgerinnen und Bürger als Experten für ihre Stadt befragt und mit Digitalisierungsthemen vertraut gemacht.

Die Bedeutung dieses Dialogs unterstreicht auch Korinna Thielen, Gastprofessorin für Stadtmanagement an der Uni Kassel und Smart Cities Koordinatorin in München. "Wichtig ist die Botschaft, dass die Projekte für und mit den Menschen entwickelt werden", sagt die Architektin. Sie sollten verständlich informiert und niedrigschwellig eingebunden werden, "damit sie sehen, dass es dabei um ihren Lebensraum geht und nicht nur um die Ansiedlung von Unternehmen", rät sie. Wichtig sei auch der Austausch der Städte untereinander. Denn klar sei: "Die Digitalisierung ist ein Megatrend, dem man nicht entgegensteuern kann."

(olb)