CD-Kopierschutz: Dann müssen eben Filzstifte verboten werden

Ein geschickt platzierter Filzstiftstrich reicht, um einige Kopiersperren für Audio-CDs lahm zu legen -- darunter Sonys "Key2Audio". Bleibt die Frage, wer sich damit alles strafbar macht.

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Von
  • Gerald Himmelein

Schon seit Wochen läuft der Tipp durch Newsgroups im Internet: Mit einem geschickt platzierten Strich auf der CD-Unterseite kann man verhindern, dass CD-ROM-Laufwerke sich beim Einlesen im Kopierschutz verheddern. Peinlich für Sony, dass sich deren rabiates "Key2Audio" mit einem lichtfesten Filzstift aushebeln lässt. In den USA macht sich allerdings Unsicherheit breit: Nach dortigem Recht ist die Umgehung von Kopierschutzverfahren ebenso verboten wie die Verbreitung von Anleitungen dazu. Ein ähnlicher Gesetzesvorschlag steht auch in Deutschland zur Diskussion.

Das 1998 verabschiedete amerikanische Copyright-Gesetz (DMCA) schützt nicht nur die Rechte an Werken, sondern auch die zu deren Schutz eingesetzten Kopiersperren. Auf die kommerzielle Verbreitung von Anleitungen zur Umgehung von Kopierschutzverfahren steht eine Geldstrafe von bis zu einer halben Million US-Dollar oder fünf Jahre Haft. Dabei ist die Effektivität des Schutzes irrelevant -- Kopiersperre ist Kopiersperre, umgehen ist verboten.

Streng betrachtet, haben zahlreiche US-Presseorgane in ihrer Berichterstattung gegen das DMCA verstoßen -- allen voran die Presseagentur Reuters, deren Meldung mit einer leicht nachvollziehbaren Beschreibung vielfältiges Echo fand.

Ein gefundenes Fressen für US-amerikanische Bürgerrechtler: Im vergangenen November hatte ein amerikanisches Gericht dem Verleger des Hacker-Magazins "2600.com" verboten, den Quellcode des DVD-Entschlüsselungswerkzeugs DeCSS zu veröffentlichen. Grund: DeCSS sei ein Instrument zur Umgehung des DVD-Kopierschutzes, eine "circumvention device". Jetzt handelt von einem Tag auf den anderen jede Schreibwarenhandlung mit Circumvention Devices gegen Audio-Kopiersperren. Staedtler und alle anderen Hersteller von Folienstiften produzieren plötzlich illegale Ware.

Doch es bleibt unwahrscheinlich, dass der Filzstifttipp die Musikindustrie zum Prozessieren reizt. An 2600.com statuierten die US-Filmstudios seinerzeit ein Exempel; dagegen werden Sony & Co. wohl kaum die renommierte Reuters-Agentur vor Gericht zerren.

Zum Thema Kopierschutz und dem Gesetzvorschlag hierzulande siehe dazu auch Geschützte Kopiersperren -- Die geplante Urheberrechtsnovelle erhitzt die Gemüter in Ausgabe 8/2002 von c't. (ghi)