Corona-Impfzertifikate: Apotheken weiterhin ausgesperrt

Eigentlich sollten Apotheken wieder digitale Impfzertifikate ausstellen können, getan hat sich aber kaum etwas.

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Person mit Reisepass und digitalem Impfnachweis in einer Smartphone-App wartet auf dem Flughafen.

(Bild: Gerald Himmelein)

Lesezeit: 4 Min.
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  • Gerald Himmelein
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Vor über einer Woche hat der Deutsche Apothekerverband (DAV) die Server abgeschaltet, über den Apotheken digitale Nachweise für die erfolgte Corona-Impfung ausstellen konnten. Die für diese Woche angekündigte Wiederaufnahme des Betriebs lässt weiterhin auf sich warten.

Zunächst war der Deutsche Apothekerverband (DAV) noch zuversichtlich, dass das Portal zur Ausstellung digitaler Impfnachweise diese Woche wieder ans Netz gehen würde. Bisher hat sich jedoch nichts getan.

Am Nachmittag des 21. Juli 2021 hatte der DAV überraschend seinen Server zur Nachweiserstellung deaktiviert. Apotheken bekamen nur noch eine Fehlermeldung zu sehen. Unglücklicherweise war die Meldung so formuliert, dass viele Filialen zunächst davon ausgingen, nur sie allein seien ausgesperrt. Erst im Laufe des Donnerstags wurde das Ausmaß der Maßnahme deutlich.

Eigentlich war gedacht, dass Apotheken die Arztpraxen und Impfzentren entlasten sollen, indem sie auf Papier vorgelegte Impfbestätigungen zu EU-kompatiblen digitale Impfnachweisen konvertieren. Die Umsetzung hinkte jedoch von Anfang an. Mitte des Monats wurde auch noch bekannt, dass in zwielichtigen Messenger-Channels illegale Impfnachweise angeboten werden.

Nachdem der DAV zunächst abwiegelte, demonstrierten die Sicherheitsforscher Martin Tschirsich und Dr. André Zilch mit bewusst plumpen Fälschungen, mit wie wenig Aufwand sich ein Zugang zum Zertifikatsserver erschleichen ließ.

Mit diesem Ergebnis konfrontiert, zog der DAV die Reißleine und sperrte kurzerhand alle Zugänge zum Server. In einem Statement vom Donnerstag, 22. Juli, behauptete der Apothekerverband, die Sicherheitsforscher hätten sich einen Zugang mit "professionell gefälschten Dokumenten" erschlichen, "deren Erstellung in betrügerischer Absicht nur mit erheblichem Aufwand und krimineller Energie denkbar ist."

Tatsächlich hatte der DAV bei seiner "Überprüfung" des Fake-Antrags der Sicherheitsspezialisten auf der ganzen Linie versagt: Obwohl weder Name noch Anschrift noch Telematik-ID gestimmt hatten, konnten die Forscher problemlos ein gültiges Zertfikat erstellen. Das vernichtende Fazit der Experten: "Das hätte jeder Siebtklässler hinbekommen."

Schon einen Tag später kündigte der DAV in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) an, die Apotheken würden diese Woche wieder Zugriff auf das Portal erhalten.

Kernpunkt des Statements war eine etwas befremdlich formulierte Passage: "Alle Apotheken, die dies wünschen, erhalten in der nächsten Woche schrittweise wieder Zugriff auf das DAV-Portal, sodass sie auch wieder Impfzertifikate ausstellen können."

Zudem betreffe die "potenzielle" Sicherheitslücke nur Apotheken, die keine Mitglieder der Apotheker-Landesverbände seien. Somit ließ sich erwarten, dass Anfang dieser Woche zumindest die 17.430 DAV-Mitglieder wieder Zugriff auf das Portal erhalten würden, die 470 angemeldeten Nicht-Mitglieder dann schrittweise, womöglich auf Antrag.

Zur versprochenen Wiedereröffnung ist es bis heute nicht gekommen. Auf Beschwerden der hingehaltenen Apotheken hin veröffentlichte der DAV am Mittwoch eine neue, knapp gehaltene Stellungnahme: Wenn Apotheken wissen wollten, wann der Server wieder online gehe, sollten sie "nichts weiter tun" und einfach darauf warten, dass das DAV-Portal wieder anzeige, dass sich wieder Impfzertifikate ausstellen lassen.

Wer seine COVID-19-Impfung in einem Impfzentrum erhalten hat, sollte sich zuerst an dieses wenden. Einige Impfzentren bieten auf ihren Web-Portalen die Möglichkeit, einen digitalen Impfnachweis direkt herunterzuladen.

Wer in einer Arztpraxis geimpft wurde, kann sich dort nach einem digitalen Nachweis erkundigen – Arztpraxen sind ebenso wie die Impfzentren direkt an die RKI-Zertifikatsserver angebunden und deshalb von der DAV-Panne nicht betroffen.

Im sächsischen Falkenstein scheint sich eine Apotheke selbst geholfen zu haben: Die dortige Central-Apotheke stellt auch nach Abschaltung des DAV-Servers weiter digitale Zertifikate aus. Hier kommt ebenfalls ein alternatives Zugangsportal zum Einsatz.

Wer keine dieser Alternativen nutzen kann, hat derzeit nur noch eine Wahl: brav den gelben Impfpass mitzuführen.

(olb)