Zahlen, bitte! 10.000 Mann für die Grenze

Seit nun 70 Jahren sorgt die Bundespolizei für die Sicherheit zum Beispiel an Außengrenzen, Flughäfen und Bahnhöfen. Eine Behörde mit wechselhafter Geschichte.

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Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Am 19. September 1951 übernahm der Bundesgrenzschutz den "Bundespasskontrolldienst" an den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland. Dabei stand die Grenze zur Deutschen Demokratischen Republik im Vordergrund. Zur Gründung bestand die paramilitärische Truppe aus 10.000 Mann, die gegen kommunistische Partisanen in einem Streifen von 30 Kilometern vorgehen sollte und als leichte Infanterie bewaffnet wurde.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Zum Geburtstag eröffnete Kulturstaatsministerin Monika Grütters nun eine Ausstellung, die die 70-jährige Geschichte der heutigen Bundespolizei vermitteln soll. Zum Jubiläum der Truppe erklärte sie an der Gedenkstätte des Point Alpha über die Konfrontation zwischen West und Ost: "An wenigen Orten wird diese Konfrontation so eindrucksvoll deutlich, wie hier am Point Alpha".

Im September 1950 bewilligten die Außenminister der westlichen Alliierten auf einer Konferenz in New York, dass die BRD zur Grenzsicherung maximal 30.000 Man aufstellen kann, die Kombattantenstatus unterliegen. Unter dem Eindruck des Koreakrieges wird das Wiederbewaffnungsverbot damit aufgehoben und der Aufbau einer Truppe von 10.000 Mann beginnt.

BGS-Beamter an der Deutsch-Deutschen Grenze im Jahr 1952 bei Hedra.

(Bild: CC-BY-SA 3.0 ,Bundesarchiv, B 145 Bild-F000250-0057)

Am 22. März 1951 tritt das Bundesgrenzschutzgesetz in Kraft. Mit dem Gesetz wird der Bundesgrenzschutz (BGS) geschaffen. Sein offizieller Auftrag: Sicherung der Grenzen vor gefährdenden Störungen der öffentlichen Ordnung bis zu einer Tiefe von 30 km. Der BGS wird dem Bundesinnenministerium unterstellt und nimmt am 19. September den Kontrolldienst an der Grenze auf.

Zwei Tage nach Beginn des Arbeiteraufstandes in der DDR beschloss der Bundestag, den BGS auf eine Truppenstärke von 20.000 Mann zu verdoppeln (Frauen waren bis 1987 nicht zum Dienst zugelassen, Männer durften erst nach sechs Jahren Dienst heiraten). Dieser Personalaufbau geschah auch vor dem Hintergrund, dass die BRD nach den Pariser Verträgen eine eigene Armee aufbauen darf, die zur NATO gehörende Bundeswehr. Mit dem zweiten BGS-Gesetz von 1956 wurde es der Truppe freigestellt, zu Bundeswehr zu wechseln.

Das Angebot nahmen 9.572 Beamte (57 %) an. Danach führte der Bundestag eine Debatte über Sinn und Zweck des BGS. Da die Bundeswehr nicht im Inland tätig werden durfte (das änderte sich erst mit den Notstandsgesetzen 1968), wurde der BGS als Instrument für den inneren Notstandsfall reorganisiert und bis 1959 auf eine Truppenstärke von 14.000 Mann für die militärische Aufstandsbekämpfung wieder aufgefüllt.

Der Wandel der paramilitärischen Truppe zur Polizei begann 1961 mit dem Gesetz über den unmittelbaren Zwang, das BGS-Beamte mit Polizeibefugnissen ausstattete. Entsprechend wurde der "Bundespasskontrolldienst" zum "Grenzschutzeinzeldienst" übernommen und auch von Polizisten durchgeführt. Jedoch wurde 1965 mit einem weiteren Gesetz den BGS-Beamten der völkerrechtliche Schutz des Kombattantenstatus verliehen, der bis 1987 Bestand hatte. Mit der Gesetzesänderung einher ging die Bestimmung, das Wehrpflichtige ihren Dienst bei der Bundeswehr oder beim BGS oder bei der Polizei ableisten können.

Im Jahre 1972 wurde die Rolle des BGS mit dem Schwerpunktprogramm innere Sicherheit neu definiert. Er konnte zur Unterstützung der Länderpolizeien bei den Großfahndungen nach der Bader-Meinhof-Gruppe eingesetzt werden, weil die Raumtiefe von 30 Kilometern zur Grenze aufgelöst wurde. Die Truppenstärke wurde auf 22.000 Man festgelegt.

Der Bundesgrenzschutz wurde zu dieser Zeit in acht Grenzschutzgruppen aufgestellt (GSG 1 - GSG 8). Als Folge der missglückten Geiselbefreiung nach dem Attentat während der Olympischen Spiele 1972 wurde im BGS eine weitere Gruppe namens GSG 9 aufgebaut, die als spezialisierte Antiterror-Einheit zu besonderen Einsätzen ausgebildet wird.

Mitglieder der GSG 9 auf dem Flughafen Köln/Bonn beim Verlassen der Lufthansa-Maschine „Stuttgart“ am 18. Oktober 1977 nach der Geiselbefreiung der Boeing 737 "Landshut" in Mogadischu.

(Bild: CC BY-SA 3.0 de, Bundesarchiv, B 145 Bild-F051866-0010 / Wegmann, Ludwig)

Ihre Bewährungsprobe bestand die Spezialeinheit im Jahre 1977 bei der Befreiung der Geiseln der Passagiermaschine Landshut in Mogadischu. Aber auch die anderen GSG-Einheiten hatten gut zu tun. Dank einer Erweiterung des Polizeigesetzes wurden sie erstmals 1977 bei der Demonstration gegen den Bau von Atomkraftwerken in Brokdorf und Grohnde eingesetzt. Es folgten Einsätze bei der Startbahn-West und bei vielen anderen Großdemonstrationen. Ab 1980 ist der BGS ununterbrochen in Gorleben im Dauereinsatz.

Mit dem Schengener Abkommen und der Öffnung der EU-Grenzen im Juni 1990 sowie dem Wegfall der innerdeutschen Grenze mussten neue Aufgaben für den BGS gefunden werden. So wurde er als Bahnpolizei und zur Sicherung von Flughäfen eingesetzt. Mit der deutschen Wiedervereinigung wurde die Transportpolizei der DDR übernommen, die Feierlichkeiten in Berlin werden durch den BGS abgesichert.

Die Truppenstärke stieg auf 25.000 Mann, die Sollstärke wurde mit 30.000 festgelegt, denn neue Aufgaben kamen hinzu. Durch eine erneute Gesetzesänderung konnte der BGS ab 1994 zur Schleierfahndung in Grenzregionen eingesetzt werden, außerdem konnte er bundesweit verdachtsunabhängig Personen kontrollierten. Zudem gab es Auslandseinsätze im Rahmen von UN-Missionen, etwa in Namibia, Kambodscha und der West-Sahara.

Unter der rot-grünen Bundesregierung mit Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde im Jahre 2005 der Bundesgrenzschutz in Bundespolizei umbenannt. Der Versuch, das Bundeskriminalamt in diese Bundespolizei zu integrieren, scheiterte am Widerstand des BKA und der Landesinnenminister, allerdings arbeitet man bei der Telekommunikationsüberwachung eng zusammen. Im Jahre 2008 wurde die Bundespolizei grundlegend neuorganisiert und die Truppenstärke auf 40.000 festgelegt.

Heute ist die Bundespolizei mit 51.000 Bediensteten die größte Polizeibehörde Deutschlands. Innerhalb der europäischen Grenzwache Frontex ist sie mit 10 Prozent der größte Truppensteller.

(mawi)