Bundeswehr: Neuauflage der Funktechnik der 80er-Jahre

Die Bundeswehr will Funkgeräte der Baureihe SEM 80/90 aus den 1980ern nachbauen lassen, weil es für diese kaum noch Ersatzteile gibt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 263 Kommentare lesen

Die alten Funkgeräte der Bundeswehr, darunter das SEM 90, in einer Präsentation 2016.

(Bild: Detlef Borchers)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Die 2017 unter dem Namen MoTaKo (Mobile taktische Kommunikation) angegangene Umrüstung der Bundeswehr auf IP-fähige "Funkgeräte" ist auf der Beschaffungsebene ins Stocken geraten. Das Projekt wurde mehrfach umbenannt, zunächst in D-LBO (Digitalisierung landbasierter Operationen), nunmehr in TEN (Tactical Edge Networking).

Nach den alten MoTaKo-Plänen sollten 90.000 IP-fähige Funkgeräte beschafft und ab 2020 eingeführt werden. Weil diese Beschaffung stottert, hat die Bundeswehr einen Auftrag mit der Kurzbeschreibung "Fähigkeitserhalt Funkgerätefamilie SEM 80/SEM 90 zur Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit der bestehenden Funkgeräte SEM 80/SEM 90 unter Beibehaltung aller bisherigen Fähigkeiten" ausgeschrieben. Unter dieser Bezeichnung wird ein Unternehmen gesucht, dass die von Standard Elektrik Lorenz (SEL) Mitte der 80er-Jahre gebauten Funkgeräte 1:1 nachbaut.

Der Auftrag dürfte an den französischen Rüstungskonzern Thales gehen, der Teile der SEL-Technik von Alcatel übernahm und zuletzt Ersatzteile für die altersschwachen Geräte lieferte. Ein "Neu-Nachbau" könnte nach Angaben des Spiegel bis zu 20.000 Euro kosten.

Seit 2016 wird am Abschied von den SEM-Funkgeräten gearbeitet. Doch die Ausstattung mit moderner Technik läuft nicht so wie geplant. Deshalb sorgt ein Auftrag der Bundeswehr für Aufregung, in dem neue Geräte mit all den Fähigkeiten der SEM 80/SEM 90 angefordert werden. Nur so können alte defekte Funkgeräte ersetzt werden, für die es praktisch keine Ersatzteile mehr gibt.

Ein Überblick der MoTaKo-Pläne.

(Bild: Detlef Borchers)

Im Projekt MoTaKo sollten insgesamt 90.000 Funkgeräte als Hand-/Rucksack-Funkgeräte sowie als Einbaugeräte in 350 Fahrzeugvarianten durch moderne Technik ersetzt werden. Das Ziel war ehrgeizig definiert: "Realisierung eines durchgängigen IP-basierten Kommunikationsverbundes für die taktische Ebene, der beim untersten abgesessenen Soldaten beginnt und auf dem letzten verlegefähigen Gefechtsstand mit Zugang zum Kernnetz und Weiterverbindungsnetzen endet."

Inzwischen arbeitet Deutschland bei der Entwicklung dieses Battle Managements System mit den Niederlanden im Projekt TEN zusammen. Im Unterprojekt Zellulare Netze Verlegefähig (ZNV) werden bereits TETRA-Mobilfunkgeräte von Motorola Solutions aus dem Kaufhaus des Bundes beschafft, doch können diese nicht in Verbänden zum Einsatz kommen, die noch nicht umgestellt sind und in denen einzelne SEM 80/SEM 90-Geräte ausfallen. Hier soll der Auftrag zur Aufrechterhaltung der Einsatzfähigkeit aushelfen.

Thales soll zunächst Prototypen entwickeln, die von den Maßen und Anschlüssen her mit den SEM-Funkgeräten identisch sind, also in alle entsprechenden Fahrzeugvarianten passen. Bis 2035 könnten bis zu 30.000 Nachbauten von der Bundeswehr bestellt und eingesetzt werden.

(olb)