Bund fördert Entwicklung von Open RAN mit 300 Millionen Euro

Die Bundesregierung sieht in Open RAN eine Chance für die deutsche Industrie und die Hoffnung auf Unabhängigkeit von China. Das ist ihr ein paar Millionen wert.

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(Bild: TPROduction/Shutterstock.com)

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Die Bundesregierung fördert verschiedene Projekte zur Weiterentwicklung und Erprobung des Mobilfunkstandards Open RAN mit insgesamt rund 31 Millionen Euro. Die Fördermittel kommen einem Forschungsprojekt sowie zwei Pilotprojekten für den Einsatz in aktiven Mobilfunknetzen zugute, teilte das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) am Dienstag mit. Das Ministerium habe für die kommenden Jahre insgesamt 300 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket für die Förderung von Open RAN vorgesehen.

Die Bundesregierung sieht in Open RAN eine Möglichkeit, dass Netzbetreiber weniger abhängig von chinesischen Hardwarelieferanten wie Huawei oder ZTE werden. Ziel sei auch, "den Aufbau einer eigenen, unabhängigen Herstellerindustrie zu unterstützen", heißt es vom BMVI. Diese Chance wittern allerdings auch die US-Hersteller. Die Netzbetreiber hoffen andererseits, sich von den klassischen Ausrüstern mit ihren geschlossenen Systemen emanzipieren zu können.

Bei Open RAN geht es darum, verschiedene Funktionen des Funknetzwerks als Software zu virtualisieren und diese auf Standardservern laufen zu lassen. Damit kann die proprietäre Hardware und Software von Ausrüstern wie Huawei, Ericsson oder Nokia ersetzt werden. Open RAN verspricht langfristig weniger Kosten und mehr Flexibilität. Davon können zunächst aber nur wenige Anbieter wirklich profitieren: Unternehmen wie Rakuten in Japan oder 1&1 in Deutschland, die als Neueinsteiger auf dem Mobilfunkmarkt ihr Netz ganz neu aufbauen.

Um Open RAN in bestehende Mobilfunknetze mit "alter" Technik zu integrieren, muss erheblicher Aufwand betrieben werden. Auch weil bisher kaum ein Open-RAN-Anbieter alle Mobilfunkstandards bedient und im Produktiveinsatz der Fokus bisher auf 4G und 5G liegt, empfiehlt sich die Technik noch nicht für den Einsatz in Bestandsnetzen – der Netzbetreiber müsste für 2G/3G und 4G/5G zwei parallele Infrastrukturen vorhalten. Mit der zunehmenden Verdrängung von 2G und 3G aus den Netzen und einem breiteren Technologieangebot wird Open RAN aber auch für Bestandsnetze ein Thema.

Für die etablierten deutschen Netzbetreiber ist Open RAN deshalb auch eher mittelfristig eine Option, sie testen die Technik aber bereits auch im Live-Betrieb an ausgewählten Standorten. Solche Testfelder und die Weiterentwicklung von Open RAN werden nun mit den Mitteln des BMVI gefördert. Das Ministerium fördert die Testprojekte der Deutschen Telekom in Neubrandenburg (10,5 Millionen Euro) und von Vodafone in Plauen (1,5 Millionen Euro). "Unter Realbedingungen wird getestet, was es braucht, um Open RAN-Mobilfunknetze zu planen, umzusetzen, zu betreiben und in die bestehende Infrastruktur zu integrieren", erklärte Bundesminister Andreas Scheuer (CSU) am Dienstag.

Den Löwenanteil der am Dienstag bewilligten Fördermittel erhält ein Forschungskonsortium unter Führung der Telekom, das ein Open-RAN-Labor in Berlin aufbaut. Das "i14y-Lab" soll dabei helfen, die neue Technik schneller auf den Markt zu bringen. Dabei liege der Fokus zunächst auf der Entwicklung von Open RAN, teilten die Partner mit, zu denen neben der Telekom auch Telefónica Deutschland, Vodafone, die TU Berlin und das Fraunhofer HHI gehören. Das Konsortium stockt das Budget des Labors auf "auf knapp 34 Millionen" für die nächsten drei Jahre auf.

"Das von uns geförderte Open RAN Lab ist eine offene Plattform, die Vernetzung von Marktakteuren ermöglicht und technische Entwicklung beschleunigt", erklärte Scheuer. "Alle interessierten Marktteilnehmer haben Zugang und können dort übergreifend zusammenarbeiten und voneinander lernen – egal ob Netzbetreiber, Netzwerklieferanten oder neue Akteure wie Startups oder KMUs."

Ein weiterer Förderscheck geht an den Telekommunikationsausrüster Nokia. Von der alten Garde der Netzausrüster zeigt sich der finnische Anbieter am engagiertesten bei Open RAN. Nokia plant am Firmenstandort Ulm ein Testcenter für Open RAN unter Realbedingungen. Hier soll die Interoperabilität der Produkte und Lösungen mehrerer Anbieter erforscht werden. Das Ministerium hat dafür einen Scheck über rund 2,5 Millionen Euro ausgestellt. "Die gesammelten Erkenntnisse können auch europaweit einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung von Open RAN leisten", hofft Scheuer.

(vbr)