Wie die NASA mit Solarantrieb den Weltraum erkunden will

Die NASA-Sonde "Psyche" erzeugt dreimal mehr Schub als bisherige treibstoffsparende Antriebe und könnte eine neue Raumforschungsära einläuten.​

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Fertig zusammengesetzt: Die Schubdüsen der Sonde Psyche im Juli 2021.

(Bild: NASA/JPL-Caltech)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Tatyana Woodall

Im August nächsten Jahres wird die NASA-Sonde Psyche zu einem riesigen Metall-Asteroiden namens Psyche 16 aufbrechen, der nach der griechischen Göttin der Seele benannt ist. Das Ziel der Wissenschaftler, durch die Forschungsmission mehr über die Entstehung von Planeten zu erfahren, ist nicht neu. Die Art und Weise, wie Psyche ihr Ziel erreichen soll, wird sich dagegen deutlich von bisherigen NASA-Missionen unterscheiden.

Basierend auf den Antriebstechniken von früheren Missionen wie Dawn und Deep Space 1, soll Psyche mit Solarenergie in die Tiefen des Weltraums befördert werden. Ist die Mission erfolgreich, könnte sie den Beginn einer neuen Ära einläuten, in der Weltraumforschung und kommerzielle Missionen zunehmend auf solche treibstoffsparenden Sonden setzen.

Herkömmliche Raumsonden werden durch chemische Reaktionen zwischen flüssigen Brennstoffen angetrieben. Psyche soll dagegen mithilfe zweier riesiger Solaranlagen Sonnenenergie in Strom umwandeln, der dann vier Ionentriebwerke antreibt. Genauer gesagt wird der erzeugte Strom in Tanks gelagertes Xenon-Gas ionisieren, das auch in Autoscheinwerfern verwendet wird. Vier Schubdüsen stoßen die Xenon-Ionen aus und treiben das Raumfahrzeug sanft in Richtung des Asteroiden, der sich mehr als 2,4 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt in einer Umlaufbahn zwischen Mars und Jupiter befindet.

Anders als frühere Raumsonden wie etwa Lucy wird Psyche als eine der ersten NASA-Tiefenraummissionen nicht nur ihre Instrumente mit Solarenergie antreiben, sondern diese auch für den Antrieb nutzen. Paulo Lozano zufolge könnte Psyche den Grundstein für weitere solarbetriebene Weltraumforschungen legen. Die Technik kann laut dem Direktor des "Space Propulsion Laboratory" am Massachusetts Institute of Technology (MIT) dazu beitragen, dass parallel mehrere Himmelsobjekte über längere Zeiträume hinweg erforscht und bemannte Missionen außerhalb der Erdumlaufbahn möglich und erschwinglich werden können. "Es eröffnet tatsächlich die Möglichkeit, den Weltraum auf eine Art und Weise zu erforschen und zu kommerzialisieren, wie wir es bisher noch nicht gesehen haben", sagt Lozano.

Da ein Raumfahrzeug mit solarelektrischem Antrieb weniger Treibstoff benötigt als ein chemisch angetriebenes, bietet es mehr Frachtraum und auch mehr Platz für wissenschaftliche Instrumente – und später auch für Astronauten. Darüber hinaus arbeitet das Unternehmen Accion Systems bereits an effizienteren Ionentriebwerken für Cubesat-Kleinsatelliten und auch für größere Satelliten und andere Raumfahrzeuge. Zwar ist Solarantriebstechnik bei Satelliten in der Erdumlaufbahn bereits verbreitet, allerdings war sie bisher keine ausreichend leistungsfähige Alternative zu chemischen Triebwerken. Fortschritte bei den solarelektrischen Antrieben dürften das ändern.

Die Solarenergie- und Ionentriebwerk-Technik, die bei Psyche zum Einsatz kommen soll, wurde zum ersten Mal im Erkundungsraumfahrzeug Dawn getestet. Ihm ging 2018 in der Umlaufbahn um den Zwergplaneten Ceres fatalerweise der Treibstoff aus, drei Jahre nach dem Ende seiner Mission. Eigentlich können solche Triebwerke jahrelang betrieben werden, ohne dass der Treibstoff ausgeht. Allerdings liefern sie im Vergleich zu konventionellen Antrieben relativ wenig Schubkraft.

Die Schubdüsen von Psyche werden dreimal so viel Schub erzeugen können wie ihre Vorgänger. Zudem wird sie etwa ein Jahr nach dem Start die Anziehungskraft des Mars nutzen, ihre Flugbahn zu ändern, bevor sie schließlich 2026 ihr Ziel erreicht. Danach soll Psyche den Asteroiden knapp zwei Jahre lang umkreisen und den Eisenkern des Asteroiden untersuchen. Die Sonde soll herausfinden, ob er dieselben Elemente enthält, die im Hochdruckkern der Erde entdeckt wurden.

Psyche besitzt ein Multispektral-Bildgebungsinstrument, das mit einem Filter und zwei Kameras hochauflösende geologische, kompositorische und topografische Daten des Asteroiden sammeln wird. Sollte sich herausstellen, dass der Kern des Asteroiden dem von kleinen, felsigen Planeten ähnelt, könnten die Wissenschaftler feststellen, ob beide einen ähnlichen Ursprung haben. Da sie annehmen, dass der Psyche-16-Asteroid der Kern eines Planeten ist, der sich nicht fertig gebildet hat, könnte ein Blick aus der Nähe Details über die Entstehung des inneren Sonnensystems liefern.

Psyche wurde 2017 als eine von zwei Missionen für das Discovery-Programm der NASA ausgewählt, das kostengünstige Missionen zu Zielen im Sonnensystem plant. Ein Entwicklungsbudget von etwa 450 Millionen Dollar soll sicherstellen, dass Psyche es weit genug in den Weltraum schafft.

Doch je weiter sich ein Raumfahrzeug von der Sonne entfernt, desto schwieriger wird es für seine Solaranlagen, das Sonnenlicht einzufangen und die Ionentriebwerke zu betreiben. Sobald Psyche den Mars hinter sich gelassen hat, wird es deshalb langsamer werden. Um noch weiter ins All vorzudringen, wird das Raumfahrzeug möglicherweise einen nuklearen Raketenantrieb brauchen, an dem die NASA ebenfalls schon arbeitet. Dabei wird der Treibstoff (zum Beispiel Wasserstoff) mithilfe eines kleinen Atomreaktors erhitzt, um dann als Gas auszuströmen und so die Rakete anzutreiben.

(vsz)