ESA-Chef: Europa darf Elon Musk nicht helfen, die Regeln fürs All zu schreiben

Europas Staaten sollten aufhören, SpaceX und Elon Musk dabei zu helfen, im Weltraum Fakten zu schaffen, fordert der ESA-Chef Josef Aschbacher.

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Start von Starlink-Satelliten

(Bild: SpaceX)

Lesezeit: 3 Min.

Europas Regierungen sollen aufhören, Elon Musk und SpaceX dabei zu helfen, die Regeln für das Wirtschaften im Weltraum allein zu schreiben. Das fordert der Chef von Europas Weltraumagentur ESA in einem Interview mit der Financial Times.

Dass Europa derart bereit sei, beim schnellen Ausbau des Satelliteninternets Starlink zu helfen, könnte es der europäischen Wirtschaft unmöglich machen, selbst vom Potenzial der kommerziellen Raumfahrt zu profitieren, sagte Josef Aschbacher. Sollte sich SpaceX weiterhin mit seinen Plänen so durchsetzen, könnte der Weltraum in Bezug auf nutzbare Frequenzen und Orbitalpositionen viel restriktiver werden. Dabei sollten die Regierungen Europas ein Interesse haben, europäischen Anbietern die Möglichkeit zu geben, auf einem fairen Markt zu agieren.

Starlink ist laut Aschbacher bereits so groß, dass es nicht nur für die Konkurrenz, sondern auch für Aufsichtsbehörden schwierig sei, aufzuholen, sagte Aschbacher der Zeitung: "Du hast da eine Person, der die Hälfte aller Satelliten gehört. Das ist ziemlich erstaunlich. De facto macht er die Regeln und der Rest der Welt – inklusive Europa – reagiert nicht schnell genug." Dem schließt sich gegenüber der Zeitung der Wirtschaftsminister Luxemburgs, Franz Fayot, an: "Du hast da Menschen wie Elon Musk, die einfach Konstellationen, Satelliten und Teslas in Umlaufbahnen schießen. Wir brauchen gemeinsame Regeln. Eine Kolonisation oder das Agieren in einem regelfreien Raum ist besorgniserregend."

Mit den Äußerungen beziehen sich die beiden darauf, dass SpaceX mit dem Aufbau von Starlink seit gut zwei Jahren Fakten schafft. Das Unternehmen hat bereits fast 1900 Satelliten gestartet, die auf ihrer Umlaufbahn verteilt sind, um überall auf der Welt einen Internetzugang zu ermöglichen. Damit beansprucht Starlink aber nicht nur diese Orbits quasi für sich, hinzu kommen Sorgen darüber, dass die Kollisionsgefahr im All deutlich steigt und der Nachthimmel bald nicht mehr ungestört zu genießen oder zu erforschen sein wird. Ralph Dinsley, dessen Unternehmen NORSS Satelliten überwacht, meint gegenüber der Financial Times, dass Musk mit der Geschwindigkeit des Starlink-Aufbaus die genutzten Umlaufbahnen quasi okkupiere: "Er schafft eine Musk-Souveränität im All".

Während Starlink – und weitere geplante Mega-Konstellationen – in einem niedrigen Erdorbit aufgebaut wird, dominieren in Europas Raumfahrtwirtschaft Anbieter, die auf deutlich weniger, aber teure Satelliten in höheren Umlaufbahnen setzen. Weltweit gibt es keine Institution, die Satellitenstarts reguliert oder koordiniert, SpaceX kann also weitgehend ungehindert vorpreschen.

Das löst unter anderem auch Sorgen aus, dass der erdnahe Weltraum einfach zu voll wird, wie etwa der Chef des französischen Satellitenbetreibers SES der Financial Times sagt. Der warnt deshalb vor einer Situation, in der viel zu viele Satelliten um die Erde kreisen. Aschbacher ergänzt noch, dass auch US-Aufsichtsbehörden ein Interesse an einer US-amerikanischen Vorherrschaft über bestimmte Sektoren hätten. Das sei "sehr, sehr, sehr, sehr deutlich".

(mho)