Wi-Fi HaLow fürs Internet der Dinge: Morsezeichen aus der (WLAN-)Gruft

Nach 12 Jahren Standardentwicklung hat die Wi-Fi Alliance ganze sechs Geräte fürs IoT-WLAN unter 1 GHz zertifiziert.

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(Bild: Andrey Suslov / shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jennifer Li

Im Dezember 2009 tauchten zum ersten Mal Ideen auf, WLAN alias Wi-Fi auch im lizenzfreien Bereich unterhalb von 1 GHz zu betreiben. Gegenüber dem Betrieb im etablierten 2,4-GHz-Band versprach diese Idee gut 9 dB weniger Pfadverlust, was große Reichweiten und eine gute Abdeckung in Gebäuden ergeben sollte, um schlaue Kühlschränke, Saugroboter und Ähnliches ins Internet-of-Things (IoT) einzubinden.

Das Standardisierungsprojekt 802.11ah des internationalen Normungsgremiums Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) nahm die Arbeit am WLAN fürs IoT im Oktober 2010 auf. Innerhalb der großen WLAN-Normengruppe (IEEE 802.11) entwickelte sich 11ah zu einem fast 600 Seiten fetten Sammelsurium aus Ideen, Funktionen und Schutzrechten. Das Gezerre kulminierte 2015 in einem Streit über die neuen Lizenzregeln der IEEE und die Fragen, ob der Funkchip-Riese Qualcomm sich diesen verpflichten würde oder wie man Qualcomms Ideen aus der Norm werfen könnte.

Doch letztlich vergeudete die Arbeitsgruppe nur wertvolle Zeit. Denn Qualcomm fand ein juristisches Schlupfloch, um die für Patentinhaber günstigeren alten Lizenzregeln auf alle Ewigkeit anzuwenden. Veröffentlicht wurde die Norm erst im Dezember 2017. Nicht zuletzt wegen des nächsten großen Dings – IEEE 802.11ax alias Wi-Fi 6 – wurde es um IEEE 802.11ah recht still. Erschwerend wirkte die in der IEEE-Arbeitsgruppe 802.11 weitverbreitete Hybris, dass regulative Vorgaben der Weltregionen schon an die eigenen Normen angepasst werden, wenn Letztere erst mal fertig sind.

In Europa fiel man damit jedoch durch. Schon das regelmäßige Aussenden der Beacons (Anwesenheitssignal der Access-Points) dauert bei 802.11ah so lange, dass der im europäischen Sub-1-GHz-Band (863 bis 868 MHz) für diese Anwendungen maximal erlaubte Tastgrad (Duty Cycle) überschritten wird. Für Nutzdatenpakete bliebe gar keine Zeit mehr. Erst 2017 war die EU überzeugt, dass ein etwas höherer Tastgrad die existierenden Systeme (Garagentüröffner und Ähnliches) nicht über Gebühr stören würde.

Seit 2016 versuchte sich die Herstellervereinigung Wi-Fi Alliance (WFA) intern an einer Zertifizierung für IEEE 802.11ah. Mangels Mitgliederinteresses wurde das am 2. November 2021 endlich vorgestellte HaLow-Programm bislang nur durch immer neue Ausnahmen des WFA-Board-of-Directors vor der Einstellung bewahrt.

Nun zum Start im Dezember 2021 vermeldet die WFA geschlagene sechs HaLow-zertifizierte Produkte, von denen die meisten Entwicklerboards und Machbarkeitsstudien sind. Gerüchteweise hat Qualcomm ein 11ah-Design in der Schublade, setzt dieses aber nicht um, solange sich kein Markt entwickelt. Von den anderen großen WLAN-Chipherstellern (Broadcom, NXP, MediaTek, Infineon) ist nichts dergleichen bekannt.

Marktforschungsunternehmen sagen eine jährliche Verdoppelung der verkauften HaLow-Einheiten voraus. Demnach sollen bis 2026 bereits 1,6 Prozent der dann insgesamt 5000 Millionen jährlich verkauften WLAN-Geräte für HaLow zertifiziert sein. Ob sich diese Vorhersagen bewahrheiten, darf man bezweifeln: Genauso gut könnte Wi-Fi 6 HaLow überflüssig machen. Der jetzt aktuelle WLAN-Standard kann dank der Unterstützung für kleinere Kanalbreiten bis hinab zu 2 MHz höhere, für den IoT-Massenmarkt relevante Reichweiten erzielen. Dabei sollte der Vorteil ausgereifter und optimierter Chip-Designs nicht unterschätzt werden. Während alle gegenwärtig verfügbaren HaLow-Bausteine von Grund auf neugestaltet wurden, profitieren Wi-Fi-6-Chips von zwanzig Jahren Erfahrungen in Sachen Mainstream-WLAN.

Schließlich wird HaLow absehbar weiterhin daran kranken, kein global harmonisiertes Spektrum zu haben: Die für HaLow nutzbaren Bereiche sind regional zerfleddert und bieten stark unterschiedliche Bandbreiten. Die trüben Aussichten teilt sich HaLow mit dem in den USA inzwischen obsoleten Vehicle-to-Vehicle-WLAN IEEE 802.11p. Das versucht in der Arbeitsgruppe 11bd einen zweiten Anlauf, doch der ist bei 11ah bislang nicht in Sicht.

(ea)