Der Staat als Vorreiter für Open Source

Bundesinnenminister Otto Schily und der Chef von IBM Deutschland, Erwin Staudt, haben heute einen Kooperationsvertrag über die Förderung von offenen Computerbetriebssystemen und Software unterzeichnet.

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Von
  • Richard Sietmann

Freundliche Worte füreinander fanden heute Bundesinnenminister Otto Schily und der Chef von IBM Deutschland, Erwin Staudt, bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages über die Förderung von offenen Computerbetriebssystemen und Software in der öffentlichen Verwaltung. Staudt erinnerte daran, dass sich Schily, kaum im Amt, schon 1999 auf dem CeBIT-Stand seines Unternehmens als Linux-Fan geoutet hätte. Und der Innenminister rühmte IBM, weil der Stuttgarter IT-Lieferant den Abschluss zum Anlass nahm, "die Konditionen gegenüber den bestehenden Rahmenvereinbarungen erneut zu verbessern".

Der Vertrag soll Bund, Ländern und Kommunen die Beschaffung von Software erleichtern, die auf dem Betriebssystem Linux basiert. IBM kann damit gegenüber dem ärgsten Software-Konkurrenten Microsoft punkten. Zudem pries Staudt das freie Betriebssytem als eine "Computer-Weltsprache": "Linux ist offen, innovativ, kostengünstig, stabil und es ist skalierbar, das heißt, es kann mit den Anforderungen mitwachsen."

"Linux ist das schnellstwachsende Betriebssystem in der Server-Welt", erklärte Staudt. Den Zuwachs in diesem Jahr bezifferte er auf 50 Prozent, "während andere Betriebssysteme stagnieren". Von den 18 Millionen Linux-Usern weltweit befänden sich allein 3 Millionen in Deutschland. "Wir spüren eine große Resonanz", unterstrich er die Bedeutung dieses Geschäftsfeldes. Deshalb wolle das Unternehmen in den nächsten vier Jahren allein in Europa 200 Millionen US-Dollar in die Linux-Initiative investieren. Dabei setzt IBM vor allem auf den Staat als Vorreiter. "In Europa sind die Regierungen von Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Belgien und der Niederlande in diesem Bereich aktiv", erläuterte Staudt. "Wir haben inzwischen schon 75 namhafte, große Kunden -- jetzt begrüßen wir das Unternehmen 'otto-schily.com'".

Innenminister Otto Schily will mit Linux und der Anlehnung an IBM künftig verhindern, "dass eine Monopolmacht uns die Preise und Bedingungen diktiert". Er hob besonders den Aspekt der IT-Sicherheit hervor: "Monokulturen sind extrem schadensanfällig, das kennen wir schon aus der Forstwirtschaft", erinnerte er an den "LoveLetter"-Virus. Dessen Verbreitung über die E-Mail-Software MS Outlook Express von Microsoft hatte vor zwei Jahren auch in seinem Haus "einige Schäden" angerichtet, "weil doch alle gern eine Botschaft annehmen, dass sie geliebt werden".

Bei dem Kooperationsvertrag handele es sich um eine Grundlagen- und Rahmenvereinbarung, keinen Leistungsvertrag über die Beschaffung einer bestimmten Menge von Produkten, erklärte der Minister. Gemeinsame Arbeitsgruppen sollen nun geeignete Projekte definieren, um die Anwendung von Open Source Software in der Praxis vorzubereiten. "Die Projekte im einzelnen", so Schily, "liegen noch nicht fest."

Das vorinstallierte Linux auf den von IBM bezogenen Servern soll jedenfalls die SuSE Linux AG liefern. Mit diesem Teil der Vereinbarung will Schily einen Beitrag zur Stärkung des IT-Standorts Deutschland leisten. Langfristig ist auch an die Migration der Arbeitsplatz-Software auf die Linux-Plattform gedacht. Zudem wird IBM ein Portal betreiben, auf dem sich die Einkäufer der Öffentlichen Hand über die Migration ihrer Systeme und die verfügbaren Linux-Produkte informieren können. Ob der Vertragstext veröffentlicht werden kann, werde noch geprüft. (Richard Sietmann) / (anw)