Bundestag verabschiedet umstrittenes Jugendschutzgesetz

In geradezu berauschenden Tempo nimmt die Gesetzänderung zum Jugendschutz im Zeitalter der digitalen Medien ihren Weg durch die parlamentarischen Instanzen.

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Von
  • Jürgen Kuri

In geradezu berauschenden Tempo nimmt die Gesetzänderung zum Jugendschutz im Zeitalter der digitalen Medien ihren Weg durch die parlamentarischen Instanzen: Kinder und Jugendliche sollen nach Ansicht der Bundestagsabgeordneten durch einen geänderten Jugendmedienschutz künftig besser vor Gewaltdarstellungen im Internet und bei Computerspielen geschützt werden. Der Bundestag verabschiedete daher am heutigen Freitag in Berlin einen Koalitionsentwurf für ein neues Jugendschutzgesetz, das die seit 1985 geltenden Bestimmungen ersetzen soll. Das Kabinett hatte Vorschläge für die entsprechenden Bestimmungen erst Anfang Mai beschlossen.

Alle neue Medien, beispielsweise Internetseiten, können künftig auf den Index gesetzt werden. "Das Jugendschutzgesetz entspricht den neuen gesellschaftlichen Herausforderungen", betonte Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD). "Es bietet vor allem einen besseren Schutz vor den schädlichen Gewaltdarstellungen in den Medien." Nach dem neuen Gesetz, das am kommenden Freitag, den 21. Juni, im Bundesrat beraten werden soll, müssen Computerspiele ähnlich wie Kino- und Videofilme künftig mit differenzierten Altersfreigaben gekennzeichnet werden. "Auch wenn solche Spiele im Internet verfügbar sind, bedeutet das zumindest eine Einschätzungshilfe für Eltern und Lehrer", sagte die Berichterstatterin der SPD, Kerstin Griese. Außerdem sollen die Verbots- und Indizierungskriterien für gewaltdarstellende Medien erweitert und verschärft werden. Künftig sind auch ohne Indizierung durch die Bundesprüfstelle "Trägermedien, die den Krieg verherrlichen, die Menschen in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen oder Jugendliche in geschlechtsbetonter Körperhaltung zeigen, mit weitreichenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverboten belegt", hieß es beim Familienministerium.

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, bislang als Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) bekannt, kann künftig auch ohne Antrag Medien aller Art auf eine Verbotsliste setzen. Rechtliche Auswirkungen hat dies aber nur für deutsche Anbieter. Für die Rechtsfolgen sind die Länder zuständig. Noch in dieser Legislaturperiode soll daher ein entsprechender Medienstaatsvertrag abgeschlossen werden. Die Verbotsliste soll nicht mehr veröffentlicht werden, um einen unerwünschten Werbeeffekt zu vermeiden, sondern nur den Behörden und Entwicklern von Filterprogrammen zugänglich gemacht werden. Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz können mit Strafen bis zu 50.000 Euro belegt werden, bislang waren bis zu 10.000 Euro fällig.

Die Veränderungen am Jugendschutz sind allerdings heftig umstritten. So protestierten heute erst Medienverbände gegen die Einführung einer Lizenzpflicht für die Selbstkontrolle bei Online-Medien. Auch Industrieverbände wie der Bitkom oder der BDI sprachen sich für eine Selbstregulierung der Internetwirtschaft statt "übereilter Gesetzesänderungen" aus. Einzelne Länder wie Bayern dagegen fordern noch Verschärfungen der neuen Bestimmungen -- diese könnten über die Beratungen der Länder und die Bundesrats-Debatte noch in das Gesetzesvorhaben einfließen.

Neben den Bestimmungen zum Jugendschutz in den Medien enthält das Gesetz auch das Abgabeverbot von Zigaretten an Jugendliche unter 16 Jahren -- ein Vorhaben, dass bereits zu Vorschlägen geführt hat, Zigaretten am Automaten nur noch mittels Chipkarte mit gespeicherten Altersangaben auszugeben. Die ursprünglich geplante Regel, 14-Jährigen bis 23.00 Uhr den Besuch einer Disco zu erlauben, steht dagegen nicht mehr im Entwurf.

Siehe dazu auch: (jk)