KPNQwest hat sein Netz abgeschaltet (Update)

Heute Nachmittag kurz nach 17 Uhr ist den Isolvenzverwaltern des niederländischen Carriers der Kragen geplatzt: Ohne Vorwarnzeit ließen sie offenbar den gesamten Glasfaserring des Unternehmens abschalten.

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Von
  • Holger Bleich

Heute Nachmittag kurz nach 17 Uhr ist den Insolvenzverwaltern des niederländischen Carriers der Kragen geplatzt: Ohne Vorwarnzeit ließen sie offenbar den gesamten Glasfaserring des Unternehmens abschalten. Damit dürfte dem europäischen Internet am heutigen Abend erneut eine Bewährungsprobe ins Haus stehen. Bis zu 50 Prozent des europäischen IP-Verkehrs liefen bis dato durch die KPNQwest-Glasfaser, schätzen Experten. Dieser Verkehr muss ab sofort über alternative Routen der verbleibenden Carrier geschleust werden.

"Jetzt ist der GAU passiert. Wir stehen nackig da", kommentierte Firmensprecher Thilo Huys in einer ersten eiligen Stellungnahme gegenüber heise online. Die Nachricht traf die deutsche KPNQwest offenbar völlig unvorbereitet. Die Firmenleitung verhandelte just am heutigen Nachmittag über den Verkauf des deutschen Glasfaserrings (Ring 3) mit der holländischen KPN. Nach der Insolvenz hatte KPNQwest Deutschland stets behauptet, den deutschen Ring auch auf Leitungsebene (SDH) unter Kontrolle zu haben. Nach ersten Erkenntnissen hätten die Techniker im niederländischen Netzwerkzentrum eine Hintertür genutzt, sagte Huys.

Am heutigen Abend dann gab es offenbar Gespräche zwischen der deutschen KPNQwest-Geschäftsführung und den niederländischen KPNQwest-Insolvenzverwaltern. Nach Informationen von heise online haben sich die Insolvenzverwalter daraufhin bereiterklärt, den Betrieb des Glasfaserrings wieder aufzunehmen. In der kommenden Nacht will das KPNQwest-Netzwerkchef Jos van der Klauw mit einem Rumpfteam von sechs bis sieben ehemaligen Mitarbeitern bewerkstelligen.

Betroffen sind jetzt insbesondere KPNQwest-Kunden, die sich noch nicht um eine alternative Anbindung gekümmert haben. Der Berliner Webhoster Strato war bis vor kurzem ausschließlich durch KPNQwest angebunden. Mittlerweile hat er in Eigenregie für zwei alternative Leitungen zum Karlsruher KPNQwest-Rechenzentrum gesorgt. Dort beherbergt Strato etwa 1,5 Millionen de-Domains von rund 500.000 Kunden. Nach ersten Beobachtungen funktionieren die Alternativ-Routen über die Carrier LambdaNet und Cable&Wireless zum Großteil. Nur von einzelnen Providern wie etwa Level3 in Frankfurt aus waren die Strato-Präsenzen kurzzeitig nicht zu erreichen.

Im Gespräch mit heise online bezeichnete Sigram Schindler, Chef der Strato-Mutter Teles, die Abschaltung als einen "Akt der Infamie". Während Strato die Leistungen für seine Kunden weiter erbringen könne, sei es allerdings möglich, dass einzelne Serviceprozesse wie etwa Bestellungen "vorübergehend beeinträchtigt sein" könnten. Das Problem: Der Primary-Nameserver für strato.de sowie ein Secondary DNS sind ausschließlich über KPNQwest angebunden. Wie Strato-Sprecher Andreas Maurer zwischenzeitlich mitteilte, befinden sich zwei weitere Secondary-DNS-Server bei Cronon in Berlin sowie Hamburg. Diese Server seien erreichbar.

Zur Entwicklung der Situation bei KPNQwest siehe auch: (hob)