Wie Plastikmüll zu einem Kohlendioxid-Fänger wird

Ein aus Plastikmüll gebackenes Material entfernt Kohlendioxid deutlich preiswerter aus dem Abgas eines Kraftwerks als herkömmliche Verfahren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 33 Kommentare lesen

Plastikpulver in Verbindung mit Kaliumacetat wird erhitzt, um es in poröse Partikel zu verwandeln, die Kohlendioxid absorbieren.

(Bild: Jeff Fitlow/Rice University)

Lesezeit: 3 Min.

Soll CO₂ aus dem Abgas eines Gas- oder Kohlekraftwerks entfernt werden, kommt üblicherweise die sogenannte Aminwäsche zum Einsatz. Dabei wird das Kohlendioxid von einem Gemisch verschiedener Ethanol-Amine (Alkohole mit einer angehängten NH2-Gruppe) absorbiert. Dieser Prozess hat den Vorteil, dass er sich bei bestehenden Kraftwerken nachrüsten lässt. Er hat aber auch zentrale Schwächen: So bauen sich die Amine mit der Zeit ab und müssen ersetzt werden. Zudem braucht es Temperaturen von hundert Grad und mehr, um das CO₂ wieder aus den Aminen auszutreiben, damit sie weiter benutzt werden können. Letzteres kann die Effizienz von Wärmekraftwerken um bis zu 30 Prozent senken.

Der Chemiker James Tour von der Rice University hat mit seinem Team nun einen CO₂-Fänger entwickelt, der das Treibhausgas bei deutlich niedrigeren Temperaturen wieder abgibt. Ein weiterer Clou: Er kann aus Kunststoffabfällen gewonnen werden. Dazu werden die Abfälle zunächst zu Pulver zermahlen und unter Luftabschluss 45 Minuten lang auf 600 Grad erhitzt ("pyrolysiert"). Gibt man noch Partikel aus Kaliumacetat hinzu – dem Kalium-Salz der Essigsäure – entsteht ein Material mit 0,7 bis 1,4 Nanometer großen Poren. Es kann nach Angabe der Forschenden bei Raumtemperatur 16 bis 18 Prozent seines Eigengewichts an CO₂ aufnehmen.

Um das aufgenommene CO₂ wieder freizusetzen und den Adsorber zu regenerieren, muss er auf nur 70 bis 80 Grad erhitzt werden. Das spart gegenüber der Aminwäsche viel Energie, und die Anlage lässt sich aus preiswerten PVC- statt aus teuren Metallbehältern bauen. Zudem sei das Sorptionsmittel aus Plastikmüll langlebiger als die Amine, so die Forschenden.

Wie Plastikmüll zu einem Kohlendioxid-Fänger wird (5 Bilder)

Ein Plastikbehälter ist gewissermaßen das Futter für ein Material, das Kunststoffabfälle in CO2-Fänger umwandelt. Das Labor, das das Material entwickelt hat, zielt auf Rauchgase ab, die jetzt einen weitaus komplexeren Prozess zur Bindung von Kohlendioxid erfordern.
(Bild: Jeff Fitlow/Rice University)

Die Kosten für die Abscheidung von CO₂ aus einer konzentrierten Quelle wie dem Abgasstrom eines Kraftwerks beziffern sie auf knapp 21 Dollar pro Tonne. Das sei deutlich günstiger als die herkömmliche Aminwäsche mit 80 bis 160 Dollar. (Dieser Vergleichswert scheint allerdings ziemlich hoch gegriffen: Eine Studie von Prognos und der dena nennt niedrigere Kosten von 45 bis 90 Euro pro Tonne für die herkömmliche CO₂-Abscheidung. Aber auch das liegt immer noch weit über dem Verfahren der Rice University.)

Ein günstiges Verfahren zur CO₂-Abscheidung ließe sich auch abseits von fossilen Kraftwerken nutzen – etwa bei der Aufbereitung von Biogas, das etwa zur Hälfte aus Kohlendioxid besteht.

Die Forschung wurde unterstützt vom US-Department of Energy und Saudi Aramco.

(grh)