KeepUkraineConnected: Initiative organisiert IT-Equipment für die Ukraine

Das deutsche Digitalministerium wartet noch auf Listen, um die Ukraine mit IT-Hardware zu unterstützen. Die Initiative KeepUkraineConnected ist da weiter.

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(Bild: KeepUkraineConnected)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Monika Ermert
Inhaltsverzeichnis

Seit dem 13. Mai sammelt die NOG Alliance unter dem Motto "KeepUkraineConnected" Tonnen von Hardware, um Kollegen in der Ukraine zu unterstützten, Internetkonnektivität in den umkämpften Gebieten aufrechtzuerhalten. Dringend gebraucht werden vor allem Geräte, um kaputte Glasfasern wieder zu verspleißen, aber auch tragbare Stromgeneratoren, Router und Switches. Ursprünglich hatte sich die Global NOG Alliance gegründet, um neuen Network Operator Groups (NOGs) bei der Organisation ihrer Treffen zu helfen. Die NOG Treffen erlauben lokalen Netzbetreibern einen technischen und auch politischen Informationsaustausch in den jeweiligen Ländern.

René Fichtmüller, Vorsitzender der Allianz, berichtete beim Treffen der Adressverwalter des RIPE am Montag in Berlin auch von der Notwendigkeit, solche Community-Hilfe für Katastrophengebiete weiterzudenken. Fichtmüller, der beruflich für die Darmstädter Flexoptix tätig ist, erlebte bei einem privat organisierten Transport humanitärer Hilfsgüter in der ersten Märzhälfte die Situation an der polnisch-ukrainischen Grenze. Das gab den Ausschlag. Der Glasfasernetz-Experte rief seine Kollegen von der NOG Alliance an und schnell war man einig, als Netzwerker gilt es, die Kolleginnen und Kollegen in der Ukraine zu unterstützen.

Den ersten Transport mit gespendetem IT-Equipment im Wert von rund 400.000 Euro machte Fichtmüller noch höchst persönlich. Er sammelte in Deutschland, Österreich, und Tschechien Switche, Router, Splicer und Stromgeneratoren ein. Jan Zorz, sein Vorstandskollege aus der NOG Alliance, rüstete in Slowenien viele der gespendeten Router mit Terabyte-Festplatten nach und Fichtmüller übergab die Hardware dann hinter der ukrainischen Grenze dem IT-Ausstatter DEPS.

DEPS lieferte mit eigener LKW-Flotte die Güter weiter in der Ukraine aus. Auch die polnische Community sei eingesprungen und stelle Fahrer, um gespendete Hardware monatlich oder sogar wöchentlich auszuliefern. Der persönliche Kontakt der Community-Initiative sei wichtig, sagt Fichtmüller und ergänzt, wie die gespendete Hardware im Einsatz ist. Mit einem der in die Ukraine versandten Stromgeneratoren (kleine tragbare Geräte mit 3 oder 5 kW) hält ein ukrainischer Fernsehsender etwa seinen Nachrichtenkanal und damit den Zugang zu ukrainischen Informationen aufrecht.

Schon der erste allgemeine Spendenaufruf von KeepUkraineConnected war so erfolgreich, dass die Macher die Menge der eintrudelnden Hardware kaum noch übersehen konnten. Nicht nur der eigene Garten, sondern auch noch jener der freundlichen Nachbarn füllte sich, berichtete Fichtmüller. Um nicht die Übersicht zu verlieren, entwickelte NOG-Allliance-Mitglied Sander Steffann daher ein erstes Datenbanksystem, in dem Spender einstellen können, was sie beisteuern können, und ukrainische Netzbetreiber, was sie am dringendsten brauchen.

Das mit Unterstützung von Nathalie Trenaman vom RIPE weiter entwickelte System interessierte beim Treffen in Berlin auch andere Spendenwillige. Es ist Open Source für jedermann nutzbar, versicherte Steffann.

Für Fichtmüller ist schon jetzt klar, dass die gemachten Erfahrungen mit der Community-Hilfe in Zukunft auch für Katastrophengebiete genutzt werden sollten: "Krieg ist eine Katastrophe, aber eben auch Erdbeben oder Überschwemmungen und das gibt es in vielen Ländern." KeepUkraineConnected, so hofft er, könnte eine Blaupause für Hardware-Hilfe für Regionen in Not sein.

Weiterhin werden Spenden für die Ukraine gebraucht. Der Krieg ist noch nicht zu Ende und auch danach steht noch viel Arbeit für den Wiederaufbau an.

Ausschnitt aus der Liste der benötigten Hardware

Am dringendsten benötigt werden aktuell laut Fichtmüller neben Notstromaggregaten und Stromgeneratoren Splicer. Weil Glasfasernetze durch die Kämpfe, teils aber auch gezielt zerstört worden sind, wird in der Ukraine permanent fieberhaft repariert. Für Splicer wird auch Geld gesammelt. Vier konnte man bislang beschaffen. Natürlich seien auch Starlink-Terminals eine gute Möglichkeit, um rasch wieder Konnektivität herzustellen. Auf der Liste stehen die Terminals ebenfalls.

Fichtmüller mahnt aber, langfristig würden die Nutzer dieser Terminals Kunden von Starlink – und das Unternehmen wolle letztlich auch Geld verdienen. Er wirbt für stabile, langfristig tragbare Lösungen.

Auch Anfragen von offiziellen Regierungsstellen aus der Ukraine sind bei KeepUkraineConnected längst angekommen und wurden in die Liste eingepflegt. Der Hauptfokus der Community bleibe aber die Community, also private Netzbetreiber, die sich vor Ort um die Netze kümmern. Was man von den Regierungen gerne hätte, wäre eine Erleichterung der Zollformalitäten. Die Ukraine tue alles. Polen könnte da noch etwas mehr helfen. Übrigens wäre es aktuell auch ein Problem, wenn etwa US-Spender große Hardware-Lieferungen beisteuerten, sagt Steffann. "Die Mehrwertsteuer würde uns in den Ruin treiben."

(mho)